fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Politik 4/2017

Zehn Kreuze für die Verkehrswende

Zehn Forderungen an die kommende Bundesregierung hat der VCD zur Wahl im Herbst aufgestellt. Die Themen diskutiert der Verkehrsclub auf Veranstaltungen mit Politikern und Experten.

Foto: Katja Täubert/VCDDer VCD demonstriert gegen gesundheitsgefährdende Diesel­abgase.

Für saubere Luft

Die Abgase von Millionen Autos, Motorrädern und Lastwagen dürfen die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger nicht länger gefährden. Dass der Staat Schadstoffgrenzwerte für die Fahrzeuge festlegt, reicht nicht aus. Er muss auch ihre Einhaltung durchsetzen. Die nächste Regierung muss den Abgasskandal aufklären und Autobauer bestrafen, die Emissions- und Verbrauchswerte manipulieren. Die Einführung der blauen Plakette soll dafür sorgen, dass künftig nur noch saubere Autos in belasteten Innenstädten fahren dürfen. Diese Plakette bekommen nur Fahrzeuge, die aktuelle Abgasgrenzwerte für Feinstaub und Stickoxide auf der Straße – nicht nur in Labortests – einhalten. Ohne Plakette dürfen Autos dann nicht mehr in belasteten Innenstädten fahren.

Für Klimaschutz im Straßenverkehr

Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass die EU die bestehenden CO2-Grenzwerte für Pkw und Transporter in den Jahren 2025 und 2030 verschärft. Für Lkw gibt es bislang gar keine CO2-Grenz­werte. Auch das soll sich ändern. Damit ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, müssen heute die Weichen gestellt werden. Da es ohne sauberen Strom auch mit Elektroautos keinen CO2-neutralen Verkehr gibt, muss die Regierung die Energiewende vorantreiben.

Für Klimaschutz in der Luft

Fliegen ist die klimaschädlichste Art zu reisen. Einen wirksamen internationalen Mechanismus, um die Erderwärmung durch das Fliegen zu begrenzen, – etwa eine Steuer auf Kerosin – gibt es nicht. Die neue Bundesregierung soll daher auf nationaler Ebene tätig werden: Sie soll Steuerprivilegien für die Fluggesellschaften abschaffen, die Ticketsteuer weiterentwickeln, die Subventionen für Regionalflughäfen zurückfahren und so Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagern.

Für sicheres, pünktliches und komfortables Bahnfahren

Der Deutschland-Takt – ein eingängiger Fahrplan, der Bahnreisenden gute Reise- und Umsteigemöglichkeiten bis hin zum Bus garantiert – muss kommen. Züge fahren jede Stunde immer zur selben Minute, abgestimmt auf alle Anschlüsse. Damit die Züge pünktlicher sind, muss der Bund dringend mehr Geld in das Schienennetz investieren und Engstellen beseitigen.

Für mehr Verkehr auf der Schiene

Die Lkw-Maut sinkt. Die Trassenpreise für die Bahn – eine Schienenmaut – sind in den letzten Jahren dagegen gestiegen. Der VCD setzt sich für eine umgekehrte Entwicklung ein, um eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene voranzutreiben. Die Güterbahnen steigern so ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Lkw. Auch die Fahrgäste von Personenzügen profitieren. Wenn die Schienenmaut sinkt, sparen die Bahnunternehmen Geld und können ihre Ticketpreise reduzieren und ihr Angebot ausweiten und verbessern.

Für guten öffentlichen Verkehr – jede Stunde, jede Richtung, deutschlandweit

Das Grundgesetz definiert den öffentlichen Personenverkehr als Daseinsvorsorge. Damit der ÖV diesem Anspruch gerecht wird, müssen Busse und Bahnen oft genug fahren und die Tickets bezahlbar sein. Die Unterschiede bei Qualität und Quantität des Angebots sind – je nachdem in welcher Region man lebt – enorm. Der Bund soll nach Schweizer Vorbild festlegen, ab welcher Einwohnerzahl eine Ortschaft mit einer Mindestanzahl an täglichen Fahrten oder im Stundentakt erschlossen wird.

Für das Fahrrad

Radfahren reduziert Staus, schont das Klima, hält gesund und fit. Damit mehr Deutsche in die Pedale treten, braucht das Land bessere Infrastruktur für Radler. Der Bund muss mehr Geld in den Ausbau von Radschnellwegen investieren und den Nationalen Radverkehrsplan – seine Strategie zur Förderung des Radverkehrs – umsetzen. In Städten können bei entsprechender Förderung bis zu 51 Prozent der Warentransporte auf Lastenräder verlagert werden. Der VCD setzt sich daher für eine Kaufprämie für Elektro-Lastenräder ein.

Für sichere Mobilität

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) von heute ist darauf ausgerichtet, dass Autofahrer möglichst schnell von A nach B kommen. Um einen sicheren Straßenverkehr zu gewährleisten, muss sich die StVO aber an den Bedürfnissen von schwächeren Verkehrsteilnehmern, also von Kindern, Senioren, Fußgängern und Radfahrern orientieren. Der VCD setzt sich dafür ein, dass der Bund das Ziel „Null Verkehrstote“ gesetzlich zu verankert. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Tempo 30 als Basisgeschwindigkeit innerorts und ein Tempolimit auf Autobahnen wichtig. Höhere Bußgelder für verkehrsgefährdendes Verhalten und Falschparken können ein Anreiz für eine Verhaltensänderung der Verkehrsteilnehmer sein.

Für nachhaltige Mobilitätsbildung

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene brauchen die Möglichkeit, sich mit dem Thema Mobilität vom Kindergarten bis hin zur Berufs-, Hochschul- und Fahrausbildung wiederholt auseinanderzusetzen. Gute Projekte zur nachhaltigen Mobilitätsbildung müssen von der Bundesregierung im Rahmen des ­UN­ESCO-Weltaktionsprogramms „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ verbreitet werden.

Für alle

Wer regelmäßig zu Fuß geht und Fahrrad fährt, bleibt fit, gesund und schont die Umwelt. Die Abgase von Autos mit Verbrennungsmotoren verursachen hingegen Atemwegserkrankungen und Umweltschäden. Das kostet die Krankenkassen und den Staat viel Geld. Wer mit Bus, Bahn oder einem sparsamen Kleinwagen unterwegs ist, belastet die Umwelt weniger als ein SUV-Fahrer. Das Steuersystem darf nicht länger einseitig Autofahrer bevorzugen. Schluss mit Dienstwagenprivilegien und Dieselsubventionen. Belastungen für Mensch und Umwelt müssen sich auch in den Steuern für die jeweiligen Verkehrsmittel widerspiegeln. Die zusätzlichen Steuereinnahmen kann der Bund einsetzen, um die Verkehrsmittel des Umweltverbundes zu fördern. So kommt die Verkehrswende in Fahrt.

Benjamin Kühne

fairkehr 5/2023