Titel 4/2008

Optimale Anschlüsse

Deutschlandtakt

Eine vom VCD mitgegründete Initiative setzt sich für bessere Bahnverbindungen in alle Regionen Deutschlands ein.

 
Foto: Marcus Gloger  

In der Schweiz ist alles besser!“, heißt es stets, wenn das Thema Bahnfahren diskutiert wird. Was genau die Eidgenossinnen und Eidgenossen geschickter machen als die Deutschen, wissen allerdings die wenigsten: Die Schweizer haben einen landesweiten integralen Taktfahrplan (ITF) eingeführt. Die Fahrtzeiten aller Bahnen und Busse sind aufeinander abgestimmt, die Reisenden haben dadurch optimale Anschlüsse ohne lange Wartezeiten. So schnell wie nötig, nicht so schnell wie möglich, lautet der Leitgedanke.

Die „Initiative Deutschlandtakt“ will das auch in der Bundesrepublik umsetzen. „Ein Taktfahrplan schafft schnelle Verbindungen in die vielen Regionen Deutschlands, die nicht mit direkten Zügen erreichbar sind. So kann der öffentliche Verkehr eine echte Konkurrenz zum Individualverkehr mit dem Auto werden“, sagt VCD-Bahnreferentin Heidi Tischmann. Sie hat die Initiative im April 2008 gemeinsam mit fünf weiteren Vertretern von Bahn-Interessenverbänden, Bahnunternehmen und
Bahn-Aufgabenträgern ins Leben gerufen.

Nun lässt sich die Schweiz nicht mit Deutschland vergleichen, eher mit einem Bundesland wie Baden-Württemberg. In vielen Bundesländern gibt es bereits Taktfahrpläne für den Schienenpersonennahverkehr, die oft mit den Busfahrplänen abgestimmt sind. Einen ITF nach Schweizer Vorbild stellen sie allerdings nicht dar. Die Fahrgäste können sich nicht darauf verlassen, an allen Wochentagen zur immer gleichen Minute stets eine durchgehende Reisekette mit gleicher Reisezeit zu haben. Zwar ist auch das Kernnetz des Fernverkehrs weitgehend nach den Grundsätzen eines Taktfahrplans entworfen mit Abfahrten einmal die Stunde oder alle zwei Stunden zu denselben Minuten. Das Problem sind jedoch häufig die Übergänge vom Fern- zum Nahverkehr. Wenn die Regionalbahn just in dem Moment abfährt, in dem der Schnellzug am Hauptbahnhof ankommt, nutzt den Fahrgästen das Reisen mit 250 km/h nichts. Um wirklich schnell ans Ziel zu kommen, sind abgestimmte Anschlüsse wichtiger. Heidi Tischmann kritisiert zudem, dass es im Fernverkehr immer häufiger Taktlücken gebe und immer mehr Züge in Tagesrandlagen, also morgens und abends, entfielen. Auch dadurch gingen Reiseketten verloren.

 
Foto: Marcus Gloger  

Von einem integralen Taktfahrplan profitieren Reisende nicht nur direkt. Er hilft auch, Investitionen ins Schienennetz zu verbessern – was letztendlich allen Steuerzahlern zugutekommt. „Anders als bei einer Autobahn ist es im Schienennetz nicht egal, von wo nach wo die Züge fahren, wie lange und wie schnell sie unterwegs sind“, sagt Heidi Tischmann. „Die Mittel für den Schienenausbau lassen sich nur dann optimal einsetzen, wenn vorher ein Fahrplan festgelegt ist. Ins Schienennetz zu investieren, ohne langfristig zu wissen, wohin die Reise geht, heißt, das Geld planlos auszugeben.“

Die „Initiative Deutschlandtakt“ fordert die Koordination bundesweiter und regionaler Planungen und einen langfristigen Masterplan, der sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr einbezieht. Ein solcher Masterplan müsse mittel- und langfristige Planungsziele festlegen, beispielsweise für die Jahre 2015, 2020 und 2030, und diese regelmäßig fortschreiben. Die Investitionen des Bundesverkehrswegeplans wären an diesen Meilensteinen auszurichten, so die Forderung.

Vertaktete Güterzugtrassen

Die Schweiz dient der „Initiative Deutschlandtakt“ dabei nicht nur im Bereich Personenverkehr als Vorbild. VCD-Bahnreferentin Tischmann lobt die quasi vertakteten Güterzugtrassen in der Alpenrepublik. „Die Trassen werden von vornherein in den Taktfahrplan eingebaut und sind binnen kürzester Frist zu bekommen. Der Nord-Süd-Verkehr durch die Alpen kann dadurch zunehmend von der Straße auf die Schiene verlagert werden.“

Neben der Schweiz haben bereits etliche weitere Nachbarländer Deutschlands Konzepte für einen integralen Taktfahrplan verwirklicht, unter anderem Holland, Belgien, Dänemark und Tschechien. Die französischen Bahnen RFF und SNCF planen, in den kommenden Jahren landesweit Taktfahrpläne einzuführen. „Die ersten Schritte sind Ende 2007 erfolgt mit dem TGV Paris–Lyon–Südfrankreich und dem Nahverkehr in der Region Rhône-Alpes. Die nächsten Regionen folgen im Jahresrhythmus“, sagt Heidi Tischmann. „Das Beispiel Frankreich zeigt: Auch in flächenmäßig größeren Ländern als der Schweiz ist es möglich, Bahnen und Busse optimal aufeinander abzustimmen.“ 

Kirsten Lange

www.deutschland-takt.de

   
 

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