Politik 3/2008

VCD Bahntest 2008

VCD fordert mehr Kundenorientierung

Beim telefonischen Reiseservice der Deutschen Bahn bekommen viele Kunden keine optimale Beratung.

 

Foto: DB AG/Winter
Wer nach den günstigsten Bahnverbindungen sucht, bekommt am DB-Telefon nicht immer die optimale Empfehlung.

Wer bei der Bahn anruft, um eine Fahrkarte zu kaufen, geht davon aus, dass er die beste Reiseempfehlung bekommt. Schließlich rufen die Kundinnen und Kunden beim Anbieter direkt an, und der muss es schließlich wissen. In 70 Prozent der Fälle werden Bahnreisende in spe beim telefonischen Reiseservice der Deutschen Bahn tatsächlich optimal beraten. In rund 30 Prozent der Fälle allerdings erhalten die Anruferinnen und Anrufer eine ungünstige Reiseempfehlung. Meist ist die angebotene Verbindung zu teuer. Das ist eins der zentralen Ergebnisse des VCD Bahntests 2008, den der VCD Anfang Juni auf einer Pressekonferenz in Berlin vorstellte.

Dieses Ergebnis kann aus Sicht der Kunden nicht zufriedenstellend sein. „Statt individueller Beratung steht bei der telefonischen Reiseauskunft der Bahn offensichtlich ein möglichst schneller Verkaufsabschluss im Vordergrund. Hier muss die DB die Prioritäten im Interesse ihrer Kundschaft schleunigst umkehren“, sagte VCD-Bundesvorsitzender Michael Gehrmann. Nach den Ergebnissen des VCD Bahntests fehle es dem Callcenter-Personal an Fachwissen, was Preissystem, Tarife und Rabattmöglichkeiten betreffe. Besonders deutlich werde dies an der eklatanten Missachtung der Bahncard. So hätte bei zwei Dritteln der Testanrufe (67,1 Prozent) die Bahncard 25 angeboten werden müssen, der Kauf hätte sich schon alleine für diese eine Fahrt gelohnt. Sie wurde aber insgesamt nur in elf von 198 Fällen empfohlen. Das entspricht einer Quote von unter sechs Prozent.

„Die Bahncard kann auch ein Instrument für die Deutsche Bahn sein, ihre Kundinnen und Kunden dauerhaft für sich zu gewinnen. Insofern ist es völlig unverständlich, warum dieses gute Produkt in der Beratung derart vernachlässigt wird“, kommentierte Gehrmann. Wer telefonische Beratung suche, sei häufig Neukunde. „Die Empfehlung, eine Bahncard zu kaufen, könnte dazu beitragen, dass aus neuen Kunden Stammkunden werden“, erklärte der VCD-Vorsitzende.

Auch die telefonische Beratung mobilitätseingeschränkter Menschen lässt zu wünschen übrig. Die Testanrufer bekamen in nur etwa 60 Prozent der Fälle eine optimale Empfehlung – das ist ein noch schlechteres Ergebnis als bei den übrigen Beratungen. Außerdem wiesen die Call-Center-Mitarbeiter oftmals nicht aktiv auf ausreichende Umsteigezeit und barrierefreie Zugänge hin. Letztere wurden den Testeranrufern nur in 16 Prozent der Fälle genannt. Die Praxis zeige, dass dieser Bereich noch zu wenig in der aktiven Beratungsarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verankert sei, kritisierte Heidi Tischmann, Verkehrsreferentin des VCD.

Kritik übte der VCD auch an Kostenstruktur und Transparenz der telefonischen Beratungsleistungen der Bahn. Zwar informiere die Hotline vor dem Gespräch über die Kosten pro Minute, doch zwinge das Unternehmen Kunden ganz bewusst, zuerst die überteuerte Auskunftsnummer 11861 zu wählen, die mit 1,80 Euro pro Minute zu Buche schlage.

Die Deutsche Bahn AG nennt sich selbst den europaweit größten Mobilitätsdienstleister. Diese Bezeichnung sei im Lichte der aktuellen Testergebnisse nicht gerechtfertigt, sagte VCD-Bundesvorsitzender Gehrmann. „Wirklich dienstleistungsorientiert und kundenfreundlich wäre eine zentrale und kostenlose Auskunftsnummer, von der aus dann zu den entsprechenden Diensten weitervermittelt wird.“

Uta Linnert

Der VCD Bahntest 2008 im Internet: www.vcd.org

   
 

zurück zum Inhalt