Politik 2/2008

Verkehrssicherheitskampagne

Limit? Ohne Tiefensee.

„Runter vom Gas“ lautet das Motto einer neuen Sicherheitskampagne des Bundesverkehrsministeriums. Doch für ein schärferes Tempolimit tritt Minister Tiefensee nicht ein.

Tod in der Kurve: eines von etwa einem Dutzend Plakatmotiven aus Verkehrsminister Tiefensees Sicherheitskampagne.

Ein verliebt lächelndes Pärchen, eine glückliche Familie, drei ausgelassene Freunde – und jeweils daneben ihre Namen und ihre Todesursache. So sehen die neuen Plakate und Anzeigen für mehr Verkehrssicherheit aus dem Hause Tiefensee aus. Zusammen mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat DVR startete das Bundesverkehrsministerium Mitte März die Initiative „Runter vom Gas“.

Aus gutem Grund: Rasen ist Unfallursache Nummer eins auf deutschen Straßen. Fast ein Drittel aller schweren Unfälle geschieht wegen zu hohen Tempos. Beinahe 5000 Menschen starben 2007 im Straßenverkehr. „Wir wollen die Zahl der Toten von 2000 bis 2010 halbieren“, verkündete Bundesverkehrsminister Tiefensee bei der Präsentation. „Mit der Kampagne wollen wir zu diesem Ziel beitragen.“

Eine Aussage, die beim verkehrspolitischen Sprecher des VCD, Gerd Lottsiepen, Kopfschütteln hervorruft. „Die Kampagne ist zwar ein guter Anfang, aber sie ist unvollständig“, sagt Lottsiepen. „Es fehlt die Forderung nach einem Tempolimit auf Autobahnen. Mit dieser entscheidenden Sofortmaßnahme könnte Tiefensee die Zahl der Verkehrstoten senken, die Situation auf den Straßen entspannen und obendrein dem Klimaschutz einen Gefallen tun!“

Davon will der deutsche Verkehrsminister weiterhin nichts wissen. Dabei sterben auf den Hochgeschwindigkeitspisten der Republik jährlich etwa 300 Menschen, weil sie oder ihre Mitbürger zu schnell unterwegs waren. 200 von ihnen lassen ihr Leben auf Streckenabschnitten ohne Limit. Doch in der fehlenden Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen sieht Tiefensee nicht das Hauptproblem: Innerhalb von Ortschaften oder auf Landstraßen könnten Raser doch auch trotz Tempolimits zu schnell fahren, so der Verkehrsminister.

Was er bei dieser Argumentation außer Acht lässt: Wer auf Autobahnen rast, hält sich auch auf Landstraßen nicht an Geschwindkeitsbegrenzungen. Das zeige die Erfahrung, sagt Polizeidirektor Martin Mönnighoff von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Mönnighoff gehört wie der VCD und die Deutsche Umwelthilfe DUH der im November 2007 gegründeten „Allianz pro Tempolimit“ an, die sich für ein Ende des „deutschen Sonderwegs unbegrenzter Raserei“ einsetzt.

Mehr Verletzte

Unter anderem dieser Sonderweg hat 2007 zu insgesamt 2,3 Millionen Unfällen auf den Straßen geführt. Auch ging die Zahl der Verkehrstoten deutlich weniger stark zurück als in den Jahren zuvor: Ein Rückgang um 2,4 Prozent war es 2007, in den Vorjahren war die Zahl noch um jeweils 5,6 Prozent gesunken. Mit 431000 Opfern gab es 2007 außerdem 2,2 Prozent mehr Verletzte als im Jahr zuvor.

Die SPD hatte sich auf ihrem Hamburger Parteitag im vergangenen Oktober für Tempo 130 auf Autobahnen ausgesprochen. Diese Entscheidung der eigenen Partei wiegt für den Verkehrsminister allerdings weniger schwer als die Stimmung in der Koalition. „Der Grund, weshalb Herr Tiefensee sich nicht für ein Tempolimit auf Autobahnen einsetzt, ist ganz einfach“, erklärt eine Sprecherin aus dem Verkehrsministerium. „Mit der Koalition wäre es nicht zu machen.“ Warum solle der Minister also Energie in ein Projekt stecken, das von vornherein zum Scheitern verurteilt sei?

Gerd Lottsiepen vom VCD hält dieses Argument für vorgeschoben. Tiefensee selbst wolle das Tempolimit nicht. Er weigere sich sogar, die derzeit auf den Autobahnen tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten erfassen zu lassen. „Es ist so hart, wie es klingt: Der Verkehrsminister verweigert sich einer Maßnahme, die geeignet wäre, ab sofort jedes Jahr etwa 200 Menschen das Leben zu retten und tausende schwere Verletzungen zu verhindern.“

Kirsten Lange

www.runter-vom-gas.de

www.vcd.org/klimaschutz.html

   
 

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