Titel 5/2007

Carsharing Schweiz

Einfach erfolgreich

Das Schweizer CarSharing-Unternehmen Mobility arbeitet professionell und ist flächendeckend im ganzen Land vertreten. Warum klappt in der Schweiz, was hierzulande nicht gelingen will?

 

Fotos:Mobility

Ihren Firmensitz hat das Unternehmen Mobility CarSharing Schweiz in einem schmucklosen Betonbau am Ende des Autobahnzubringers in Luzern. Dass ringsum mehrspurig der Autoverkehr brandet, stört die Mobility-Angestellten wenig. Schließlich verdient ihre Firma Geld mit dem Vermieten von Autos. „Mobility CarSharing Schweiz stellen ihren 74200 Kunden 1950 Fahrzeuge an 1050 Standorten in 410 Ortschaften der Schweiz rund um die Uhr zur Verfügung“, sagt Janine Margiotta, Leiterin Produktemarketing und Kommunikation. Damit ist die Firma eines der größten CarSharing-Unternehmen der Welt. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung hat das Schweizer CarSharing knapp zehnmal so viele Kundinnen und Kunden wie die deutschen CarSharing-Anbieter.

In der Schweiz gelang, was die deutschen Autoteiler nie geschafft haben und was nach Einschätzung von Branchenkennern hierzulande auch in weiter Ferne liegt: ein nationaler Zusammenschluss aller CarSharing-Unternehmen und -Gruppen unter einem Dach. Die Fusion zu einer Genossenschaft erreichten die eidgenössischen Autoteiler 1997, „weil eine neue Führungscrew erkannte, dass die Fusion der beste Weg für eine weiterhin erfolgreiche Entwicklung von CarSharing in der Schweiz ist. Damit überzeugten sie die Mitglieder der beiden Vorläufer-Genossenschaften, die AutoTeilet-Genossenschaft (ATG) und ShareCom“, erklärt Peter Muheim, ehemaliges ATG-Vorstandsmitglied.

Heute funktioniert CarSharing in der Schweiz überall gleich: Einmal als Kunde bei Mobility angemeldet, reserviert man ein Fahrzeug der Flotte per Internet oder Telefon, findet das knallrot lackierte Mobility-Fahrzeug am gebuchten Standort, öffnet den Wagen mit der elektronischen Kundenkarte und kann losfahren. „Bis heute haben alle Kommunen ab 10000 Einwohner mindestens einen Mobility-Standort“, sagt Sprecherin Margiotta, „aber auch in einigen kleineren Orten mit nur 5000 Einwohnern sind wir vertreten. Wir richten uns nach dem Bedarf.“ Ziel sei, dass kein Kunde länger als zehn Minuten zum nächsten Standort laufen müsse.

Kooperationen helfen

Wer die deutsche CarSharing-Szene kennt, kommt ins Staunen. Hierzulande bemüht sich der Bundesverband CarSharing, die vielen kleinen Anbieter zu vertreten und sie potenziellen Kunden zuzuführen. Es machen aber einfach nicht alle mit. Die zweite große Organisation, die Firma Cambio, agiert in acht westdeutschen Großstädten. Und dann gibt es noch die DB CarSharing, die Bahntochter, die ihre Fahrzeuge deutschlandweit an zahlreichen Bahnhöfen in den Innenstädten anbietet. Dieses Unternehmen hat sich Mobility in Deutschland als Kooperationspartner ausgesucht. Praktisch: DB CarSharing-Kunden öffnen mit ihren elektronischen Mitgliedskarten auch die roten Autos der Mobility in der Schweiz. Umgekehrt klappt das noch nicht.

Dagegen liest sich die Festschrift zum zehnjährigen Jubiläum von Mobility wie eine glänzende Erfolgsgeschichte: dynamischer Mitgliederzuwachs, steigende Flottengröße und erfolgsversprechende Kooperationen mit großen Schweizer Firmen. Dazu gehören beispielsweise Migros, IKEA und die Post. Auch die gute Zusammenarbeit mit den Schweizer Bundesbahnen (SBB) brachte neue Kunden. Vor zwei Jahren gab die SBB ihre eigene Autovermietung auf und überführte das Geschäftsfeld in die CarSharing-Genossenschaft. Seitdem können erstmals auch Bahnkunden die Mobility-Autos nutzen, ohne Mobility-Kunden sein zu müssen.

Alle Mobility-Fahrzeuge sind einheitlich lackiert und dadurch leicht zu erkennen.

Klima kein Thema

Ganz besonders hat Mobility die fortschreitende elektronische Entwicklung genutzt, um den Kunden den Zugang zu den Autos so einfach wie möglich zu machen. Heute buchen die meisten ihr Auto übers Internet. Überhaupt ist „einfach“ fester Bestandteil der Mobility-Slogans: Einfach mehr Möglichkeiten. Einfach fahren. Einfach rechnen. „Zurzeit läuft diese nationale Werbekampagne, bei der wir die Sachvorteile ins Zentrum stellen: das vielfältige Angebot, die guten Autos, die niedrigen Kosten, den einfachen Reservationsprozess“, erklärt Janine Margiotta. Das Thema Ökologie werde dagegen nicht aktiv kommuniziert, „weil CarSharing per se bereits nachhaltig ist“. Auch der Klimaschutz ist kein Mobility-Thema.

Während man in Deutschland CarSharer häufig noch als Öko-Spinner belächelt, hat Mobility es fertiggebracht, das CarSharing aus der Öko-Nische rauszuholen. „CO2-Einsparungen ergeben sich bei uns in der Schweiz automatisch durch weniger Autofahrten, denn die weiten Strecken legen unsere Kunden mit der Bahn zurück“, sagt Produktmanagerin Margiotta. „Außerdem schaffen wir vernünftige Autos an. Wir kaufen keine überdimensionierten Geländewagen und unsere Flotte verbraucht im Durchschnitt weniger Sprit als Autos im Bundesmittel.“ Diese Werte hat eine Untersuchung des Schweizer Bundesamtes für Energie bestätigt. Ein strenges Einkaufsmanagement nach ökologischen Kriterien verfolgt die Firma nicht. Lieber stellt sie die umfangreiche Fahrzeugflotte in den Vordergrund und baut auf das positive Image des Autofahrens. „Autofahren soll unseren Kunden Spaß machen. Wir haben attraktive Autos für alle, vom flippigen Zweisitzer über das sportliche Cabrio, den praktischen Kombi bis hin zum trendigen 1-er BMW oder großen Transporter“, sagt Margiotta.

Vielleicht ist diese markwirtschaftliche Einstellung Teil des Erfolgs. Auf jeden Fall soll sie neue Kunden bringen und Mobility auch in den jüngeren Bevölkerungsschichten bekannter machen. Schließlich will man nicht die Welt retten, sondern Autos vermieten. Denn das vom Schweizer Bundesamt für Energie geschätzte Marktpotenzial von 500000 Kunden liegt auch in der Schweiz noch in weiter Ferne.

Uta Linnert

www.mobility.ch
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Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht –
Wie CarSharing in Deutschland funktioniert.

   
 

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