Reise 6/2006

Norwegen

Skeikampen

Königliches Flair in Fjell-Norwegen – das
Hüttendorf lädt ein.

	Foto: Innovation Norway
	Drinnen gemütlich, draußen tiefer Schnee – die Hütte mit Pistenanschluss ist eine schöne Alternative zum Hotel im Tal.

Wie eine Haifischflosse im weißen Meer der schneebedeckten Landschaft mutet der Skeikampen an. 1124 Meter ragt der kleine Riese gen Himmel, ist Blickfang und Anziehungspunkt zugleich. So sehr der Berg die Hochebene im wunderschönen Fjell-Norwegen dominiert, so sehr haftet ihm auch etwas Aristokratisches an – ebenso wie dem kleinen Dörfchen Skei, bei dessen Namensgebung der Berg Pate stand. Für königliches Flair sorgt hier vor allem die dänische Regentin Margarethe II., die das Hüttendorf Skeikampen zu einer ihrer Lieblingsdestinationen erkoren hat und hier alljährlich zu Gast ist.

„Nein, wo die Königsfamilie ihre Hütte hat, verrate ich nicht", lacht Marie-Louise Lörken, eine der Ur-Einwohnerinnen von Skeikampen. Margarethe malte sogar eigenhändig das Altarbild der kleinen Fjellkirke – erfahren wir weiter. Eigentlich interessiert es uns mehr, wie „Königs“ wohnen. Bewirtschaften sie ihre Hütte allein? Hat ihre Hütte auch drei Schlafzimmer mit insgesamt sechs Betten? Wer holt den Holznachschub für den Kamin? Kochen „Königs“ abends in der eigenen Küche oder gehen sie essen? Sind sie mit einem Kofferraum voller Lebensmittel angereist oder kaufen sie hier direkt vor Ort in dem kleinen Supermarkt ein?

Zugegeben, Supermarkt ist der falsche Ausdruck für das Phänomen mit dem kleinen Verkaufsraum. Der winzige Laden könnte sich problemlos als eines der kleinsten Kaufhäuser der Welt um einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde bewerben. Es ist einfach grandios, was hier alles zu finden ist. Der Bogen reicht von Brennholz über feinste norwegische Strickwaren bis hin zu Moltebeeren in allen Varianten, Elch- und Rentier-Fleisch sowie Lutefisk. Hinter Letzterem verbirgt sich ein an Luft und Sonne getrockneter Stockfisch.

Wie sagt der Engländer: „When in Rome do as the Romans do.“ Ein Leitspruch, der uns ungeachtet der mitgebrachten Vorräte und der satten Preise verleitet, den Einkaufskorb mit norwegischen Spezialitäten vollzupacken. Nur der Lutefisk mit seinem säuerlichen Geschmack ist stark gewöhnungsbedürftig. Sein intensives Aroma, das den Duft jedes Harzer-Rollers wie feines Parfüm wirken lässt, verschlägt uns den Atem und lässt uns augenblicklich die Fenster aufreißen. Die eiskalte Luft vertreibt den Fischgeruch schnell aus dem Wohnzimmer.

Ein Genuss sind die zahllosen Aktivitäten im Freien. Der Norweger spricht hier von „friluftsliv“. Und das schneesichere Wintersportparadies Skei, in dem ganzjährig gerade einmal 23 Menschen wohnen, hat diesbezüglich jede Menge zu bieten. Eine ganz neue Erfahrung ist das Snowrafting. Im Schlauchboot geht es den schneebedeckten Hang hinunter. Und manch einer wünscht, ehe wir in einer Ebene zum Halt kommen, es wäre ein Anker im Gepäck. Nach dem Adrenalinschub schwören wir uns, es morgen ruhiger angehen zu lassen. Entweder wir buchen eine Pferdeschlittentour oder schnallen die Langlaufbretter unter. Schließlich warten über 200 Kilometer Loipen darauf, erkundet zu werden.

Jetzt gönnen wir uns erstmal einen Saunagang, auch wenn wir beim Snowrafting ja genug ins Schwitzen gekommen sind. Danach gibt es vor dem Kamin ein Gläschen Glögg, die norwegische Variante des Glühweins, und vielleicht etwas Römmegröt, einen Sauerrahmbrei. Das Knistern und die wohlige Wärme des Feuers lassen uns in das Reich der Träume eintauchen. Und wer weiß, vielleicht bleibt es nicht nur ein Traum, im aristokratischen Skeikampen einen Blick auf Königin Margarethe und ihre Hütte erhaschen zu können.

Karsten-Thilo Raab

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