Editorial 5/05
 

Klima, Politik und heiße Luft

 
Michael Adler

Foto: VCD

Hochwasser in den Alpen und in Osteuropa, Hitzewellen und Dürreperioden im Süden, Hurrikane an der amerikanischen Küste: Der durch Menschen erzeugte Klimawandel mit seinen katastrophalen Auswirkungen ist keine düstere Utopie, er ist Realität. Die Antwort der Politik darauf in diesem Wahlkampf lautete: Kirchhof-Visionen, die das Ende des Öffentlichen Verkehrs bedeuten würden, noch mehr Autobahnen und Flughäfen, Stopp der Förderung Alternativer Energien. Die Strategie „Vorfahrt für Arbeit – Steuern runter – Umweltschutz bremst“ ging für das bürgerliche Lager nicht auf. Aber auch die kurzfristige Wandlung des Autokanzlers zum vermeintlichen Ökokanzler hat das Wahlvolk nicht überzeugt. Mit Politikansätzen von gestern plus heißer Luft sind die Herausforderungen von heute nicht mehr zu bewältigen.

Dies gilt insbesondere für den Verkehr. In den Kompetenzteams der meisten Parteien suchte man vergeblich nach PolitikerInnen für Verkehrs- und Umweltfragen. Entweder sind die Parteien der Auffassung, dass im Bereich Mobilität keine besonderen Qualifikationen erforderlich seien oder sie halten sämtliche Abgeordneten für Verkehrsexperten.

Gleichwohl hat die große Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor ein Interesse an umweltverträglicher Mobilität. Beispielsweise wollen nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) knapp zwei Drittel aller Bundesbürger einen

weiteren Ausbau von Bus und Bahn. Auch bei CDU/CSU- und FDP-Anhängern gibt es eine deutliche Mehrheit für mehr staatliche Finanzhilfen für den klimaverträglichen ÖPNV. Angesichts weiter steigender Benzinpreise wird das Interesse an preisgünstigen Alternativen sogar weiter wachsen.

Verkehrsverlagerung mit dem Ziel Klimaschutz steht jedoch bei den meisten Partein bisher nicht auf der Agenda. Auch das Nationale Klimaschutzprogramm der rot-grünen Bundesregierung zeigt wenig neue Ideen, wie die verkehrsbedingten Klimagase verringert werden können.

Ein Grund dafür liegt im starken Einfluss der Automobilindustrie. Erfolgreich verhinderte sie die steuerliche Förderung des Partikelfilters für Dieselfahrzeuge. Auch die Umstellung der Kfz-Steuer von Hubraum auf CO2, eine einfache Verbrauchskennzeichnung wie bei Kühlschränken oder auch CO2-Grenzwerte für Autos hatten keine Chance. Die Politik wird mit freiwilligen Selbstverpflichtungen ruhig gestellt, um Gesetzesinitiativen zu verhindern. Doch ist schon jetzt festzustellen, dass die von der Automobilindustrie selbst gesteckten Ziele nicht ansatzweise erreicht werden.

Klimaschutz? Heiße Luft! Lieber feiern die deutschen Konzerne auf der IAA ihre Spritsaurierparade. Die Politik feiert mit.

Gleichzeitig bauen diese Unternehmen Arbeitsplätze ab, weil sie in Sachen Umwelttechnik international den Anschluss und damit auch Absatzmärkte verloren haben – Vorfahrt für Arbeit?

Wie das zukünftige Regierungsprogramm auch aussieht: Der VCD wird auch in den kommenden vier Jahren für eine klimaverträgliche und menschenfreundliche Verkehrspolitik kämpfen.

Michael Gehrmann

  zurück zum Inhalt