Titel 4/2005

Ressourcenschonende Autos

Von Öko-Wölfen und Mischmotoren

Die Treibstoffpreise in Deutschland steigen stetig – trotzdem waren die Dreiliter-Autos von VW und Audi Ladenhüter. Hybridfahrzeuge und Erdgaswagen werden zwar zunehmend gekauft, sind aber weiterhin Nischenprodukte.

Fotos: Marcus Gloger
Leben im Auto: Unser Fotograf Marcus Gloger hat für die fairkehr-Titelstrecke Menschen in und mit ihren Fahrzeugen porträtiert.

Was haben die Schauspielerin Charlize Theron und der Popstar Sting gemeinsam? Sie fahren Toyota Prius, das erste Auto mit Hybridantrieb. Mittlerweile sind weltweit etwa 340000 Menschen mit der spritsparenden Technologie unterwegs. Neben einem normalen Verbrennungsmotor besitzt der Prius einen Elektromotor, der das Auto bei niedrigen Geschwindigkeiten allein antreibt und zudem beim Bremsen die Batterie wieder auflädt. Dadurch wird aus dem Wagen mit dem eigenwilligen Design ein echtes Fünfliter-Spar-Mobil. Er bläst so geringe Schadstoffmengen aus, dass er nach Einschätzung von Karsten Rehmann, Produktsprecher von Toyota Deutschland, neben der Euroird.

Also eigentlich das perfekte Vehikel für den umweltbewussten Autofahrer. Doch den gibt es in der Bundesrepublik offenbar nur in einer Nische. 1500 Stück des Mittelklassewagens Prius II, der seit 2004 für knapp 24000 Euro erhältlich ist, wurden hierzulande im vergangenen Jahr verkauft, im ersten Halbjahr 2005 waren es bislang immerhin 1330. „Die Tendenz ist deutlich positiv“, betont Rehmann. Noch ist die hiesige Autobranche allerdings geprägt durch Dieseltechnologie. Die Hybridtechnik steckt in Deutschland bislang in den Kinderschuhen. „Sie ist in Europa noch nicht sonderlich transportiert worden“, bestätigt Hans-Peter Wandt, Sprecher für Technologie und Umwelt bei Toyota. Dennoch sei durchaus Interesse an diesem speziellen kraftstoffsparenden Antrieb vorhanden. Angesprochen werden vor allem technikbegeisterte Kunden und solche mit starkem Umweltbewusstsein – die allerdings nicht auf Komfort, Platzangebot und Fahrspaß verzichten möchten.

PS-Prestige statt Dreiliter-Auto

Öko – meinetwegen, aber bitte ohne Abstriche bei Fahrgefühl und Motorleistung. So ließe sich beschreiben, was die Mehrheit der Deutschen beim Autokauf umtreibt. Der Umweltnutzen ist ein gern akzeptierter Zusatz – der allerdings nicht zu teuer sein darf. Beispiel: Dreiliter-Auto. 1999 schickte VW sein Öko-Wölfchen ins Rennen, den Lupo 3 L TDI, der Welt erstes Dreiliter-Modell in Serienproduktion. Der Wagen verkaufte sich seitdem nur etwa 30000-mal. Über Deutschlands Straßen fuhren Anfang des Jahres nach Auskunft des Kraftfahrtbundesamts etwa 15000 Spar-Lupos. Ende Juni rollte der letzte in dieser Serie produzierte Wagen vom Band. Schuld am mangelnden Interesse war nach Einschätzung von Unternehmenssprecher Thomas Mickeleit der für einen Kleinwagen stattliche Anschaffungspreis von rund 15000 Euro aufwärts – fast 5000 Euro mehr, als die kleinste Benziner-Variante kostete. Die Leichtbauweise sowie die spezielle Motor- und Getriebetechnik des genügsamen Autos hatten ihren Preis, den viele nicht bereit waren zu zahlen.

Daran scheiterte auch der im Sommer 2000 eingeführte Audi A 2 TDI 3 L, dessen Produktion Ende Juli auslief. Knapp 19000 Euro wollten die Hersteller für die einfachste Variante des Kleinwagens, den das Unternehmen nach Aussage von Sprecher Jürgen De Graeve mit dem Slogan „außen klein, innen groß“ zu vermarkten versuchte – allerdings ohne großen Erfolg. „Die Kunden wollen ein »PS-Prestige«. Und das haben sie dem A 2 nicht zugetraut.“ De Graeve beklagt zudem: „Die wenigsten Käufer machen eine Kalkulation über die gesamte Betriebszeit des Autos, sie sehen nur die Anschaffungskosten.“ Dabei komme beim A 2 TDI 3L ein großer Teil des Preises über seinen geringen Verbrauch und Steuervergünstigungen wieder herein. Die Anschaffung von Dreiliter-Mobilen hat der Staat von Beginn an belohnt: Als Super-Sparmodelle und weil sie die Euro 4-Norm erfüllen, werden sie noch bis Ende des Jahres steuerlich gefördert, falls sie vor 2005 erstmals zugelassen wurden. Für Vielfahrer dürfte die Rechnung aufgehen. Trotzdem waren Anfang des Jahres insgesamt nur 4200 Dreiliter-Audis zugelassen.

Ist der gemeine Autokäufer noch nicht reif gewesen für ein Fahrzeug, das nur etwa die Hälfte dessen verbraucht, was ein Durchschnittsdiesel an Treibstoff schluckt? De Graeve erklärt: „Autos werden generell eher mit dem Bauch als mit dem Kopf gekauft. Die wenigsten Menschen gehen dabei rein rational vor.“ Und die Mehrheit der Bäuche scheint für möglichst viele Pferdestärken zu plädieren. Der verkehrspolitische Sprecher des VCD, Gerd Lottsiepen, sieht die Verantwortung bei den Herstellern: „Sie haben in ihren Image-Kampagnen zu sehr auf Komfort und Geschwindigkeit abgehoben.“ Audi vermarktete den A 2 TDI 3 L in der Anfangsphase zwar noch mit rationalen Argumenten, hob vor allem den geringen Verbrauch des Wagens hervor. Als sich der erwartete Erfolg nicht einstellte, wurde stärker emotional geworben. Mit der Betonung der Agilität und des Platzangebots sowie einer extravaganten Innenausstattung habe man zusätzliche Käuferschichten ansprechen wollen, beschreibt De Graeve die Strategie. Öko allein verkauft sich eben nicht. Sowohl die Ingolstädter als auch die Wolfsburger setzten deshalb auf Fahrspaß und Lifestyle – genützt hat es kaum.

Damit ist der 1999 eingeführte Smart cdi fortwo nun das einzige Dreiliter-Auto in Serienproduktion – ein Etikett, das sich der kleine Diesel aufgrund seines geringen CO2-Ausstoßes (bis zu 90 Gramm pro Kilometer) nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz anheften kann. Der Verbrauch liegt bei etwa 3,4 Litern pro 100 Kilometer. Auch die Daimler-Tochter betonte bei der Vermarktung seines Sparmodells Lifestyle-Elemente. „Smart-Fahrer wollen ein spezielles Lebensgefühl zum Ausdruck bringen“, sagt Produktsprecher Hubert Kogel. Seiner Ansicht nach bewegt die Kunden eine Mischung aus rationalen und emotionalen Argumenten zum Kauf des eiförmigen Stadtminis. Wirtschaftlichkeit, Funktionalität und Fahrspaß – aus diesen Elementen setzt sich das Smart-Image zusammen. Mit der Vermarktungsstrategie hat das Unternehmen bislang insgesamt 120000 Dreiliter-Modelle verkauft. Der Smart cdi fortwo kommt anders als seine sparsamen Kollegen Lupo und A 2 TDI 3 L ohne energieintensive und teure Aluminium- und Magnesium-Leichtbauweise aus, was sich im Preis niederschlägt: Der Zweisitzer ist ab 10600 Euro zu haben.

Alles einsteigen: Wenn so viele Kinder mit dem Auto ins Schwimmbad wollen, ist ein Smart natürlich zu klein.

Günstiger ist also möglich – Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die VW und Audi beim Bau der Dreiliter-Modelle Kalkül unterstellten: Durch die aufwändige Konstruktionsweise und den daraus resultierenden hohen Anschaffungspreis hätten es die Unternehmen darauf angelegt, die Sparfahrzeuge zu Ladenhütern zu machen und damit zu demonstrieren, dass es keinen Bedarf danach gebe. VCD-Autoexperte Lottsiepen unterstreicht: „In einem Markt, wo seit Ewigkeiten andere Werte gesetzt sind, kommt man mit einzelnen anders gearteten Produkten nicht durch. Da braucht es eine Marketingstratgie mit Ausdauer.“

Erdgas- und Hybridmodelle – Autos der Zukunft?

Was die Dreiliter-Modelle von VW und Audi nicht schafften, erreichen möglicherweise Autos mit Erdgasantrieb: den Weg vom Nischenprodukt zum Fortbewegungsmittel mit breiter Akzeptanz. Zur Zeit sind in Deutschland über 21000 solcher Pkw zugelassen, darunter ca. 13000 mit bivalentem und 8000 mit monovalentem Antrieb. Während bivalente Wagen wahlweise mit komprimierten Erdgas (Compressed Natural Gas, CNG) oder Benzin gefahren werden können, haben monovalente Fahrzeuge höchstens noch einen Benzinnottank an Bord. In Leistung und Fahrdynamik unterscheiden sich Erdgas-Pkw kaum von Modellen mit herkömmlichem Antrieb, wohl aber in der Schadstoffbilanz (siehe Seite 26). Vor dem Hintergrund steigender Benzin- und Dieselpreise und der aktuellen Luftreinhalterichtlinie bescheinigt Klaus Hablik, Marketingleiter bei Opel Special Vehicles, den Fahrzeugen ein hohes Zukunftspotenzial. Opel ist mit einem Marktanteil von 60 Prozent bundesweit der führende Hersteller von Erdgasautos. Er setzt als einziger Anbieter Deutschlands auf monovalente Pkw mit Benzinnottank. Die Produktion des bislang mit großem Erfolg verkauften Zafira CNG lief wegen eines Modellwechsels allerdings Ende Mai aus, die neue Version des Familienautos ist erst ab Anfang 2006 erhältlich – ein Umstand, den Lottsiepen kritisiert. „Es ist schon ärgerlich, dass der Wagen, den viele Experten für das beste Erdgasfahrzeug halten, für einige Monate nicht auf dem Markt ist.“ Hablik geht nichts desto trotz davon aus, dass die Vielfalt an CNG-Modellen weiter wächst.

Ökonomie geht vor Ökologie

Das wiederum zieht voraussichtlich eine steigende Bereitschaft nach sich, solch ein Alternativmobil zu kaufen. Toyota-Produktsprecher Rehmann jedenfalls prognostiziert für den Absatz von Hybridfahrzeugen: „Die Akzeptanz dieses Antriebs wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen, und zwar mit Ausweitung des Angebots.“

Vermutlich auch mit den steigenden Treibstoffpreisen, die allem Anschein nach noch nicht hoch genug sind, um Sparmodelle aus ihrer Nischenposition zu befreien. Und das, obwohl Wirtschaftlichkeit laut Isfried Hennen, Umweltsprecher bei Ford, ein elementarer Faktor beim Autokauf ist: „Viele Kunden kalkulieren mit spitzem Stift und interessieren sich vor allem dafür, wie sie die Betriebskosten senken können. Abgesehen vom Kraftstoffverbrauch spielen grüne Aspekte beim Autokauf eine eher untergeordnete Rolle. Ökonomie kommt oftmals vor Ökologie.“

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen schlägt in ihrem im Februar veröffentlichten Green Car Paper, zum Thema Ökologisierung des Autos und seiner Nutzung, eine europaweite Kampagne vor. Die Autokonzerne sollen herstellerübergreifend für verbrauchs- und schadstoffarme Wagen, alternative Kraftstoffe und spritsparendes Fahren werben. Nach Aussage von Felix Beutler, Referent der grünen Bundestagsfraktion für Ökologische Infrastrukturpolitik und Mitverfasser des Green Car Paper, ist diese Idee jedoch noch nicht aufgegriffen worden. Und vermutlich ist es bis dahin ein weiter Weg.

Dass öffentliche Umweltschutz-Diskussionen durchaus Einfluss auf das Verhalten beim Autokauf haben können, zeigt die Feinstaubdebatte: Peugeot, Vorreiter bei der Produktion von Dieselfahrzeugen mit Rußpartikelfilter, hat im ersten Quartal 2005 über 40 Prozent mehr dieser Wagen an die deutschen Autofahrer geliefert als in den Vorjahren.

Kirsten Lange

 

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