Editorial 4/05
 

Es muss sich alles ändern...

 
Michael Adler
Foto: www.marcusgloger.de    

… damit alles so bleibt, wie es war. Die Lage ist unübersichtlich im Sommer 2005. Alle warten auf die Zeit nach der Wahl. Alle erwarten eine Kanzlerin Angela Merkel und erwarten doch nicht allzu viel von ihr. Das Öl wird knapp und deshalb teurer. Die Chinesen können jetzt auch schon Autos bauen und immer mehr fahren. Lafontaine kehrt wie ein Springteufel auf die politische Bühne zurück und rechnet mit seinem ehemaligen Parteifeind Schröder ab. VW steckt in der Huren-Schmieren-Komödie. Woran soll man jetzt noch glauben?
Und vor allem, was soll man da noch wählen? Es steht mir nicht an, Wahlempfehlungen auszusprechen. Aber erlauben Sie mir einige Gedanken dazu. Ob Agenda 2010 oder zwei Prozent Mehrwertsteuererhöhung, beides ist zu kurzfristig angelegt. Wir brauchen eine Agenda 2050 oder gar 2100.
Die Natur, in der wir leben, reagiert nicht auf Quartalsergebnisse. Hier sind lange bis sehr lange Zeiträume zu planen. Nehmen wir die CO2-Reduktionsziele des Kyoto-Protokolls. Dieses Jahr im Februar haben sich über 140 Staaten zu den darin formulierten Zielen verpflichtet. Und doch ist schon heute klar, dass diese Ziele nicht ausreichen werden. Fragen Sie also Ihren Bundestagskandidaten, was er oder sie gegen die Klimaerwärmung zu tun gedenkt.
Oder nehmen wir die Feinstaubdiskussion. Nach dem Sturm im Frühjahr hat sich der Staub über den politischen

Entscheidungsprozess gelegt. Bund und Länder konnten sich nicht über das Förderszenario für Partikelfilter einigen. Auch wenn die Weltgesundheitsorganisation deutlich macht, dass ein paar Filter nicht ausreichen, war unsere Politik noch nicht einmal zu diesem ersten Schritt in der Lage. Fragen Sie nach bei Ihren Kandidaten, was er oder sie gegen Feinstaub und Stickoxide zu tun gedenkt.

Oder nehmen wir die Energieerzeugung in Deutschland. Es ist doch eine faszinierende Idee Sonne und Wind anzuzapfen. Nie versiegende saubere Energie müsste doch die menschliche Fantasie beflügeln. Trotz erster Erfolge durch die Förderung erneuerbarer Energien, machen wir nach wie vor Strom überwiegend aus fossilen Stoffen. Die Atomkraft ist knapp 20 Jahre nach Tschernobyl immer noch keine vor künftigen Generationen vertretbare Option. Fragen Sie Ihre Wahlkreispolitiker, wie sie künftig Strom und Wärme erzeugen wollen.
Arbeit ist wichtig. Aber es ist auch wichtig, was wir mit unserer Arbeit produzieren. Wachstum ist kein Selbstzweck. Die qualitative Dimension von Arbeit und Wachstum ist gerade in der globalisierten Welt zunehmend von Belang. An nationale Lösungen der globalen Menschheitsaufgaben glaube ich nicht. Treibhauseffekt, Luftverschmutzung und Ressourcenverknappung machen nicht an nationalen Grenzen halt.
Um diese Aufgaben lösen zu können, brauchen wir Menschen, die über das Bestehende hinausdenken.
Was soll man da noch wählen? Denken Sie daran, damit alles bleibt wie es war, muss sich alles ändern. Einen nicht zu heißen Sommer wünscht Ihnen Ihr

Michael Adler

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