Reise 6/2008

Skifahren

Piste mit Gleisanschluss

Im Interview bekennt sich der Wintersportort St. Anton am Arlberg­ zu seinem neuen Bahnhof.

 

Fotos: Stantonamarlberg.com
Innovative Architektur: Der hochmoderne und mehrfach ausgezeichnete Bahnhof verbindet­ das Tiroler Dorf am Arlberg mit Europa und der Welt.

fairkehr: Wie wichtig ist der Bahnhof für St. Anton?
Wilma Himmelfreundpointner: Sehr wichtig. Er war schon für die Entwicklung St. Antons als Fremdenverkehrsgemeinde wichtig. Erst durch den Bahnbau 1884 hat die Gemeinde ihre Bedeutung als Urlaubsort erlangt. Wir liegen auf halbem Weg zwischen Wien und Paris. Und diese leichte Erreichbarkeit – auch von Zürich oder von Deutschland aus – ist für uns enorm wichtig.

 

Wilma Himmelfreundpointner ist stellvertretende Direktorin des Tourismusverbandes St. Anton.

fairkehr: Wie viel Prozent Ihrer Gäste kommen mit dem Zug?
WH: Genaue Zahlen haben wir nicht. Wir schätzen zwischen 15 und 20 Prozent. Wir sind ein sehr internationaler Skiort. Gäste, die aus Übersee, zum Beispiel aus unserer Partnergemeinde in Japan anreisen, landen in Zürich und fahren von dort aus mit dem Zug hierher.

fairkehr: Bewerben Sie die Bahnanreise offensiv?
WH: Ja, das ist für uns ein Thema. Besonders für den österreichischen Markt. Hier gibt es das Angebot „Wedelweiß“. Das ist ein kombiniertes Ticket, das die Bahnanreise mit der ÖBB, den Transfer vom Bahnhof zur Unterkunft und einen Liftpass für sechs Tage beinhaltet. Mit der Deutschen Bahn haben wir das auch mal probiert, leider lief es aber nur ein Jahr.

fairkehr: Wie kommen die Bahnreisenden mit dem Gepäck zur Unterkunft?
WH: Sie fahren mit dem Taxi. Die größeren Hotels haben Shuttlebusse, und viele Privatvermieter holen ihre Gäste vom Bahnhof ab. Ein generelles Angebot gibt es nicht.

fairkehr: Ein Argument von Skifahrern gegen das Bahnfahren ist das viele Gepäck.
WH: Es braucht ja heutzutage niemand mehr seine eigenen Skier mitzubringen. Wir haben sehr viele Sportgeschäfte, die alle Marken und sehr hochwertige Skier verleihen. Der Vorteil: Man hat immer das neueste Material und muss sich mit Schleppen nicht belasten.

fairkehr: Wie kommen Skifahrer ohne Auto zum Lift?
WH: Es gibt ein sehr gutes kostenloses Skibussystem, das unsere Gäste aus der ganzen Ferienregion direkt zu den Liften bringt. In St. Anton selbst braucht man kein Auto. Im Grunde genommen ist ein Auto vor Ort nur eine Belastung.

fairkehr: Lassen die Gäste ihr Auto stehen oder fahren sie damit abends zum Restaurant?
WH: Das Ortszentrum ist absolut verkehrsberuhigt und in der Fußgängerzone ganz gesperrt. Nur samstags können die Hotelgäste mit dem Auto zur Unterkunft vorfahren. Hier kann man wirklich alles zu Fuß machen. Wir sind ein kompakter Ort der kurzen Wege. Und abends gibts in die Täler hinein einen Nachtbus.

fairkehr: Perspektive 2020: Ist Nachhaltigkeit ein Thema in St. Anton?
WH: Nachhaltigkeit ist ein ganz wichtiges Thema. Es ist und war uns immer klar, dass unsere Gäste wegen der Natur kommen und dass wir diese erhalten müssen. Sie ist unser Potenzial. St. Anton ist ja heute schon beim Strom Selbstversorger. Wir haben unser eigenes umweltfreundliches Wasserkraftwerk. Und unser Kunstschnee wird aus reinem, sauberem Trinkwasser ohne Zusätze gemacht. Das haben wir im Überfluss.

fairkehr: Skifahren auf Kunstschnee hört sich nicht gerade öko an.
WH: St. Anton ist ein Schneeloch. Hier schneit es viel und oft und über Schneemangel müssen wir nicht klagen. Trotzdem setzen wir zu Beginn der Saison den Kunstschnee als Basis ein. Das schützt die Grasnarbe bis ins Frühjahr. Und wenn der Schnee geschmolzen ist, dauert es keine zehn Tage und alles ist grün. Das wundert mich selbst immer wieder: In kürzester Zeit ist die Talabfahrt, über die im Winter täglich Tausende abfahren, die bunteste Blumenwiese.

Interview: Uta Linnert

   
 

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