Reise 5/2008

Reiseland Österreich

Jung und frech

Es muss nicht immer die Bauernstube mit dem jodelnden Wirt und das Heubad in der Almsauna sein.

Fotos: www.villaverdin.at (li.), www.dasparkhotel.net (re.)
Schlafen in Kanalröhren im öffentlichen Park (re.): Mehr Minimalismus ist kaum denkbar. Die Villa Verdin (li.) gibt sich traditioneller.

Was soll man sich bitte unter einem Gastfreundschaftsgerät vorstellen? Der österreichische Künstler Andreas Strauss hatte jedenfalls ziemlich konkrete Vorstellungen, als er in Ottensheim bei Linz nur wenige Meter vom Donauufer entfernt seine, wie er das nennt, Gastfreundschaftsgeräte installierte. Mit ein wenig Fantasie könnte man die als Überreste einer Baustelle bezeichnen. Das Parkhotel, so der offizielle Titel, besteht aus drei ganz gewöhnlichen Betonröhren. Äußerlich zumindest. Eine Mischung aus Minimalunterkunft und Kunstprojekt. Geschlafen wird – von Mai bis Oktober – auf Matratzen in der Röhre. Es gibt eine Fensterluke, Stromanschluss und eine Lampe. Und damit genug. Zum Duschen gehen die Gäste ins nahe Schwimmbad, zum Frühstücken an die Tankstelle oder ins Café. Gebucht wird per Internet, bezahlt nach dem Prinzip „Pay as you wish“. Jeder zahlt, was er für richtig hält.

Mit gängigen gastronomischen Prinzipien nichts im Sinn hat auch Josef Gasser vom Kleinsasserhof in Kärnten. Der einsame Bergbauernhof samt Gasthaus oberhalb von Spittal mag von außen noch halbwegs rustikal wirken, das Interieur überrascht jeden Besucher mit einem überbordenden Sammelsurium von Kitsch, alten Kunstobjekten, sakralen Sammlerstücken und verrückten Installationen. Dazu klingt aus den Lautsprechern Chill-Out-Musik, lümmeln sich die Gäste in alte Polstermöbel oder sitzen an der Bar unter dem riesigen Elchkopf an der Wand. Die Zimmer im Obergeschoss sind dafür recht moderat und konventionell gestaltet, und auch die Küche, in der die Tante Trude den Kochlöffel schwingt, belässt es bei Kärntner Hausmannskost und mediterranen Spezialitäten, was auch von den GaultMillau-Testern gelobt wird. Der Kleinsasserhof ist seit Jahren vor allem in der Wiener Kreativszene eine Kultadresse und Rückzugsort der etwas anderen Art.

Einen ähnlichen Ruf genießt auch die Villa Verdin am nahen Millstätter See. Die stattliche Villa mit ihren schlanken Türmchen steht am Ostrand von Millstatt direkt am Seeufer und birgt hinter ihren historischen Fassaden ein eigenwilliges Arrangement aus klassischer großbürgerlicher Atmosphäre, witzigen Details und teils auch orientalischen Objekten und Bildern. Dazu kommen aus den Lautsprechern alte Schlager und Loungemusik. Mit dieser eigenwilligen Mischung haben sich die beiden Inhaber Gianni und Thomas schnell einen Namen gemacht. Die Küche ist zwar nicht ganz so abwechslungsreich wie das Interieur, dabei vermischt sich klassisch Kärntnerisches mit Italienischem, unterstützt von internationalen Anregungen. Das hat Charme, auch wenn es nicht perfekt ist. Aber das erwartet von den unkonventionellen Gastgebern ohnehin kaum jemand.

Georg Weindl

   
 

Adressen

  • Parkhotel, Ottensheim bei Linz, www.dasparkhotel.net, Übernachtung ohne Frühstück nach Belieben
  • Kleinsasser Hof, A-8900 Spittal, Tel.: +49 (0)47622292, www.kleinsasserhof.at, Übernachtung/Frühstück ab 59 Euro
  • Villa Verdin, A-9872 Millstatt am See, Tel.: +49 (0)69912181093, www.villaverdin.at, Übernachtung/ Frühstück ab 42 Euro
   
 

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