Reise 5/2008

Reiseland Österreich

Schöner wohnen am Berg

Keine Spur von Heimatfilmromantik. Auf Österreichs Gipfeln setzt sich immer mehr moderne­ Architektur durch.

Foto: www.olpererhuette.de
Zeitgemäße Architektur auf 2389 m Höhe: die Olperer Hütte in den Zillertaler Alpen

Neue Besen kehren gut, sagt der Volksmund. Für die Olperer Hütte im Zillertal scheint das perfekt zuzutreffen. In den ersten Wochen nach Eröffnung des Neubaus zählte die Hüttenwirtin bereits 2000 Übernachtungen. Und das, obwohl die Hütte nur mit einem dreieinhalbstündigen Aufstieg zu erreichen ist. Aber die grandiose Lage, der Blick von der Terrasse auf den Schlegeis, Speichersee und die Zillertaler Gletscher scheinen genug Belohnung für die Strapazen. Viele Bergwanderer zog allerdings die Neugierde, denn die Olperer Hütte wurde komplett neu aufgebaut und erst in diesem Sommer eröffnet. Für ihre klare, moderne Architektur und zeitgemäße Energiewirtschaft ernteten die Erbauer Lob von allen Seiten.

Bei der Olperer Hütte kreuzen sich der Fernwanderweg München–Venedig, der Berliner Höhenweg, die Zillertaler Runde und einige andere, nicht ganz so lange Routen. Wie so manche Hütte fortgeschrittenen Alters erfüllte sie aktuelle Bau- und Brandschutzvorlagen nicht mehr, und so entschloss sich der Besitzer, die Sektion Neumarkt in der Oberpfalz des Deutschen Alpenvereins, zu einem Neubau. Und der wurde mit Holz als Baustoff, mit einer Photovoltaikanlage, einem Rapsöl-Blockheizkraftwerk und einer biologischen Kläranlage mit modernen Standards realisiert.

Wie die Berghütten der Zukunft aussehen können, zeigt das Schiestlhaus im Hochschwab in der Obersteiermark. Die unkonventionelle Schutzhütte auf 2153 Metern entstand auf Initiative des Österreichischen Verkehrsministeriums. 2005 wurde der Neubau, der die alte Hütte von 1887 ablöste, eröffnet. Klare Linien, viel Glas und Holz, eine Veranda mit Freitreppe. So könnte auch ein trendiges Wohnhaus in einem Villenviertel aussehen. Trotzdem – an der einsamen hochalpinen Lage ändert das auch nichts und daran, dass man we­nigstens vier Stunden zum Schiestlhaus aufsteigt. Der Hüttenwirt freut sich über jeden, der etwas Obst und Gemüse im Rucksack mit hinauf bringt und belohnt die Mühe mit einem Schnaps.

Foto: www.schiestlhaus.at
Das Schiestlhaus (2155 Meter) in der Obersteiermark testet nachhaltige, ökologische Technologien und ein intelligentes Raumkonzept unter extremen Bedingungen.

Noch extremer ist die Lage der Stüdlhütte am Großglockner. Auf 2802 Metern Höhe begegnet man einer Hütte, die von vorn noch recht konventionell aussieht mit den Fenstern und Balkons und den Sonnenkollektoren am Dach. Die abgerundete Seite erinnert aber eher an eine Walze als an eine Berghütte. Drinnen gibt es einfache Lager mit über 100 Schlafstellen und sogar eine eigene Indoor-Kletterwand. Falls das Wetter draußen nicht mitspielt.
Dass Berghütten nicht zwangsweise aussehen müssen wie in alten Heimatschnulzen, hat sich zwar in den letzten Jahren durchgesetzt. Ganz neu ist die Idee freilich nicht. Ein Pionier moderner Bergarchitektur ist seit 1993 das Silvretta-Haus auf der Bielerhöhe im Montafon. Der extravagante Bau auf 2032 Metern Höhe ist mit seiner dezenten Rundung, der weißen Fassade mit den schlanken Fenstern ein echter Blickfang. Bergpension nennt sich das Haus und bietet mit seinen 14 Komfortzimmern und eigenem Sport- und Fitnessbereich ungewöhnliche Wohnqualität. Im Sommer ist das Silvretta-Haus mit dem Auto erreichbar. Im Winter kommt man auf die Bielerhöhe nur mit Seilbahn und Busfahrt durch einen alten Stollen. Ein Fall für echte Liebhaber.

Georg Weindl

   
 

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