Titel 4/2008

VCD Für Tempolimit

120 auf Autobahnen

Mehr Klimaschutz, mehr Sicherheit, weniger Staus – ein generelles Tempolimit auf Autobahnen hätte viele Vorteile. Spätestens 2010 soll Tempo 120 eingeführt sein, fordert der VCD.

 
Foto: Marcus Gloger  

Deutschland ist ein Ausnahmestaat: Als einziges industrialisiertes Land weltweit hat es noch kein Tempolimit auf seinen Autobahnen eingeführt. Ein Land, in dem angeblich jeder siebte Arbeitsplatz von der Autoindustrie abhängt und in dem Autoclubs „Freie Fahrt für freie Bürger“ fordern, kann es sich anscheinend nicht erlauben, jene zu verprellen, die die Pferde-stärken ihrer teuren deutschen Oberklassewagen auch ordentlich ausnutzen wollen.

Dabei hätte ein generelles Tempolimit auf den Hochgeschwindigkeitspisten der Republik viele positive Effekte. „Es würden weniger Menschen bei Unfällen sterben, die Situation auf den Straßen würde sich entspannen und dem Klimaschutz wäre auch geholfen“, sagt der VCD-Bundesvorsitzende Michael Gehrmann. Jährlich kommen mehr als 600 Menschen auf den Autobahnen ums Leben, die meisten sterben auf Streckenabschnitten ohne Tempolimit, Tausende werden jedes Jahr schwer verletzt. „Eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung würde die Unfallgefahr verringern und die Folgen von Unfällen abmildern“, erklärt Gehrmann. „Ein Tempolimit von 120 könnte die Zahl der Verkehrstoten um bis zu 30 Prozent reduzieren.“

Und auch die Klimabelastung würde sinken. Jenseits von 120 km/h steigen Luftwiderstand und damit Spritverbrauch und CO2-Ausstoß überproportional an. 3,4 Millionen Tonnen CO2 ließen sich mit einem Tempolimit einsparen. Damit käme die Bundesregierung ihrem im August 2007 formulierten Ziel, bis zum Jahr 2020
40 Prozent Treibhausgase einzusparen, ein Stück näher – kostengünstig und schnell.

Das Argument, wer zwischendurch auch mal mit 180 über den Asphalt brettern dürfe, komme schneller ans Ziel, stimmt bezogen auf das Gesamtsystem Straße nicht: Hohe Geschwindigkeitsunterschiede führen auf der Autobahn zu Staus. Ein Tempolimit würde bewirken, dass der Verkehr gleichmäßiger fließt und alles in allem mehr Menschen pünktlich und entspannt ankommen.

Ende des Sonderwegs

Gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe und der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster hat der VCD im November 2007 die Allianz „Pro Tempolimit – für Klimaschutz und Verkehrssicherheit“ gegründet. Das Bündnis setzt sich für ein „Ende des deutschen Sonderwegs unbegrenzter Raserei“ bis spätestens 2010 ein.

Auf Unterstützung der jetzigen Bundesregierung kann die Allianz nicht hoffen. Zwar hat Umweltminister Sigmar Gabriel im Januar erstmals seinen Widerstand gegen eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung aufgegeben und sie als „unverzichtbar für den Klimaschutz“ bezeichnet. SPD-Parteifreund Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee hält ein allgemeines Tempolimit jedoch weiterhin für überflüssig. Effektiver sei es, mehr intelligente Verkehrsleitsysteme einzusetzen. Damit argumentiert der Verkehrsminister gegen seine eigene Partei: Die SPD hatte sich auf ihrem Hamburger Parteitag im Oktober 2007 für Tempo 130 auf Autobahnen ausgesprochen. „Eine solche Gängelei wird es mit der CDU nicht geben“, – mit diesen Worten reagierte damals Generalsekretär Ronald Pofalla. Solange die Union mitregiert, stehen die Chancen für weniger Raserei auf den deutschen Autobahnen also schlecht.

„Das Tempolimit wird Thema im Wahlkampf 2009“, sagt VCD-Bundesvorsitzender Michael Gehrmann. „Und auch weltweit gerät Deutschland unter Druck. Die selbsternannte Klimakanzlerin Angela Merkel verliert auf internationalen Konferenzen zunehmend ihre Glaubwürdigkeit.“ Ein Ende des deutschen Ausnahmezustands scheint also in Sicht.

Kirsten Lange

   
 

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