Reise 3/2008

Ökosiegel im Tourismus

Nicht ganz konfliktfrei

Französische Ferienunterkünfte experimentieren mit einem neuen „Eco-Label“. Dabei kommen die gleichen­ Diskussionen auf wie in Deutschland.

 
  Foto: Istockphoto

Hochprovence, Mai 2008: In einem antiken Kellergewölbe sitzt eine Gruppe von Franzosen und Deutschen bei Wein und Käse zusammen. Pierre, der in einem schönen alten Landhaus Ferienzimmer vermietet, hat sich in Rage geredet: „Eco-Gîtes! Das ist doch nur was für Neubauten. Die Kriterien sind so hart, da komme ich mit meinem Altbau nie ran!“ Florian, Biobauer und Ferienhausvermieter, stimmt ihm zu: „Für mich sind die Gîtes-Panda die bessere Lösung. Wir liegen mitten im Naturpark. Das ist unsere Stärke und damit wollen wir uns bewerben.“ Eco-Gîtes, Gîtes-Panda? Die beiden Konzepte sind die ersten vorsichtigen Versuche in Frankreich, zuverlässige Labels für Ökotourismus einzuführen.

Die Diskussion, die sich zwischen den französischen Gastgebern und ihren deutschen Gästen entspinnt, ähnelt den Auseinandersetzungen in anderen europäischen Ländern: Die Kunden wollen Klarheit. Wo Bio draufsteht, soll auch Bio drin sein. Der Anbieter möchte sein ökologisches Engagement, das oft weit über das der Konkurrenz hinausreicht, honoriert sehen, auch wenn noch nicht alles perfekt ist. „Die Hoteliers können mehr, als sie glauben“, sagt Stephan Krug vom deutschen Ökolabel Viabono. „Man darf ihnen aber auch kein Telefonbuch mit Kriterien vorlegen und erwarten, dass sie sich durcharbeiten.“ In persönlichen Gesprächen mit den Gastgebern versucht Krug zu zeigen, dass alles, was dem Klima nützt, auch zu Einsparungen führt. „Eher weniger Kriterien, aber dafür anspruchsvolle und gut nach­vollziehbare“, fordert der Viabono-Geschäftsführer. Für ihn heißt das, die Bedürfnisse der Zielgruppen genau zu analysieren und mit den Angeboten auch den richtigen Lebensstil zu treffen. „Lage, Küche, überzeugte Mitarbeiter und die passende Einrichtung müssen zusammen ein stimmiges Angebot ergeben“, sagt er.

Diesen Kriterien werden die französischen Eco-Label-Unterkünfte bei weitem gerecht. Allerdings liegen die meisten von ihnen so idyllisch im Grünen, dass sie ohne Auto nicht zu erreichen sind. So wird ein Vielfaches von dem CO2, das Geothermie oder Solaranlagen einsparen, auf Anreise-, Einkaufs- und Ausflugswegen produziert.

Das einzige deutsche Ökolabel, das die Bedeutung der Mobilität besonders betont, ist die „Blaue Schwalbe“, die von der im fairkehr-Verlag erscheinenden Zeitschrift „Verträglich Reisen” vergeben wird. „Mit diesem Angebot versuchen wir, eine Lücke zu füllen, die die anderen Ökosiegel weitgehend unberücksichtigt lassen“, sagt fairkehr-Geschäftsführer Michael Adler. „Das ist uns wichtig, auch wenn es in manchen Fällen noch zu Kompromissen führt.“

Einige Unterkünfte in der Haute-Provence machen ihr Mobilitätsdefizit wett: Sie gehören zum Netzwerk „VéloLoisir en Luberon“. Der Zusammenschluss von Hoteliers, Ferienhausvermietern, Taxiunternehmern, Fahrradvermietern und -reparaturwerkstätten hat ein beeindruckendes Radwegenetz in der eher hügeligen Naturpark-Region etabliert. „Ein Pionierprojekt, das es so in ganz Frankreich nicht gibt“, schwärmt Biolandwirt Florian.

Regine Gwinner

Alle Blaue-Schwalbe-Unterkünfte und eine Auflistung der wichtigsten touristischen Ökolabels findet sich unter www.vertraeglich-reisen.de.
Mehr zu Viabono und dem Radnetzwerk im Luberon: www.viabono.de, www.veloloisirluberon.com

   
 

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