Service 2/2008

Gepäcktransport mit System

„Pack mer's“

Gute Fahrradtaschen sind nicht billig, aber ihr Geld wert. Denn sie steigern nicht nur das Urlaubsvergnügen, sie erleichtern auch das Radfahren im Alltag. Gute Taschen halten auch bei alltäglicher Nutzung ohne Probleme mindestens ein oder zwei Fahrradleben lang. Schließlich sind sie auf Weltumradelungen erfolgreich getestet.

Foto: Basil
Modisch, bunt, unkonventionell und obendrein preiswert: Die flotte Blossom Doppelpacktasche aus wasserabweisendem Material mit Blumendruck fällt auf und ist praktisch beim Einkaufen und in den Ferien.

Warum eigentlich heute nicht mit dem Fahrrad fahren?“ Doch dann steht man da mit all seinen Sachen. „Wie soll man die nur unterbringen? Und dazu das unbeständige Wetter!“ Was folgt, ist der Griff zu Sporttasche und Spanngummi – wenn nicht zum Autoschlüssel. Halb neben dem Fahrrad hängende, regendurchnässte Sporttaschen auf dem Gepäckträger müssen aber nicht sein. Das kann man mit modernen Packtaschen, Koffern, Körben, Umhängetaschen oder Rucksäcken deutlich einfacher, bequemer und trockener haben. Das Angebot ist vielfältig. Nicht alles ist frei kombinierbar, manches nur mit eigenem System. Der folgende Überblick soll helfen, das individuell passende Behältnis leichter zu finden.

Typen von Packtaschen

Grundsätzlich zu unterscheiden sind die großen Hinterradpacktaschen (ca. zwei mal 20 Liter) und die kleineren Vorderradtaschen (ca. zwei mal zehn bis 15 Liter), oft als Lowrider-Taschen bezeichnet, nach dem Namen der tiefer gehängten Vorderradgepäckträger an Reiserädern. Lowrider-Taschen sind immer Einzeltaschen, anders ließen sie sich gar nicht anhängen. Hinterradpacktaschen gibt es als Einzeltaschen (paarweise), als Doppeltasche fest miteinander verbundener Einzeltaschen und als Dreifachtasche, bei der eine dritte Tasche quer über den beiden hängenden Seitentaschen mit diesen fest verbunden ist. Zu empfehlen sind immer Einzeltaschen, weil diese schneller an- und abgehängt und bei Bedarf auch einzeln genutzt werden können.

Ausnahme: die große Holland-Doppeltasche aus Canvas (dichtes Baumwollgewebe) oder Kunststoff, die immer am Rad bleibt. Da kann man im Alltag Bürotasche, Rucksack oder Einkaufsbeutel einfach und schnell verstauen und auf Tour bieten sie außerordentlich viel Platz. Bestens verarbeitet sind hier die Modelle von Fastrider oder Basil. Eine weitere Möglichkeit für die Reise sind Dreifachsystemtaschen aus zwei Einzeltaschen und darauf abgestimmten, quer darüberliegendem Koffer.

Deckel oder Rollverschluss?

Packtaschen werden auch nach dem Verschluss unterschieden: Die klassische Form mit Deckel und darunterliegendem Staublatz ist auf Reisen beliebter, da sie ein klar konturiertes Volumen und schnellen Zugriff bietet. Ortlieb hat vor 25 Jahren die modernere Form des Roll- oder Wickelverschlusses für Fahrradtaschen eingeführt. Richtig verschlossen ist diese sogar wasserdichter, vielseitiger und vor allem im Alltag praktischer. Denn sie bietet mehr Reservevolumen und kann beispielsweise zum Transport eines Baguettes halb offen bleiben.

Aufhängung

Auch hier setzt Ortlieb bis heute mit seinem Quicklock-System den Maßstab. Mit den selbstverriegelnden Haken können die Taschen auch auf Holperstrecken nicht mehr vom Gepäckträger abspringen. Einfach anhängen, fertig. Und zum Abnehmen die Tasche nur am Handgriff greifen und anheben. Dabei öffnet die Verriegelung an den beiden Haken automatisch. Beim neueren Quicklock-2-System können die Haken ohne Werkzeug angepasst werden. Einfacher und komfortabler geht es nicht. Inzwischen bieten auch die Aufhänge-Systeme von Klickfix und Vaude ein ähnlich hohes Maß an Sicherheit und Bedienkomfort. Klickfix-Haken findet man an den Modellen verschiedener Hersteller.

Material: Wasserdicht oder Regenüberzug?

Das ist eine Frage der Philosophie und der technischen Möglichkeiten. Ortlieb fand als erster ein Verfahren zum Verschweißen von Polyesterplanen, wie sie für Lkw-Aufbauten genutzt werden. Denn was nützt wasserdichtes Material, wenn man es beim Nähen „durchlöchert“. Die Naht ist wie beim Zelt die kritische Stelle. Verschweißt sind Taschen aus Polyesterplanen nicht nur wasserdicht, sondern auch äußerst reiß- und scheuerfest, langlebig und gegebenenfalls einfach zu reparieren. Ihre Nachteile: Die Beschichtung der klassischen Polyesterplanen enthält PVC. Diesen Nachteil kann man umgehen, indem man mehr Geld investiert und wasserdichte Taschen aus Cordura wählt, die mit Polyurethan beschichtet sind. Diese sind nicht ganz so reißfest, dafür aber scheuerfester und leichter. Oder man nimmt Canvastaschen von Carradice aus hochfester, dicht gewebter und gewachster Baumwolle, die ebenfalls wasserdicht sind, aber dafür auch noch atmungsaktiv. Der zweite Nachteil: Die praktischen Außentaschen sind schwieriger anzubringen. Vaude schweißt auch flache Außentaschen an. Ortlieb setzt auf flache Innentaschen und anklippbare Außentaschen.

Nicht wasserdichte Packtaschen kann man mit wasserdichten Überzügen aus Nylongewebe schützen, die oft schon in einem kleinen Fach an der Tasche integriert sind.

Koffer

Das „kleine Schwarze“ für den Abend oder empfindliche Gegenstände kann man besser in einem Koffer transportieren. Diese gibt es in verschiedenen Varianten, aus textilen Materialien, aus bruchsicherem Polycarbonat und aus Aluminium. Koffer sind einfacher zu bepacken und fallen beim Abstellen nicht um, sind aber auch schwerer. Zwei Produkte sind besonders vielseitig: Ortliebs Shuttle Bike ist ein erstklassiger Trolley, der mit einem Adapter auf dem Gepäckträger befestigt werden kann. Der Velocase aus Aluminium basiert auf einem Rimowa-Koffer und ist das universellste Transportbehältnis am Markt: als Einkaufs-„Tasche“ für 12 Flaschen Wasser genauso gut geeignet wie als geräumige Reisebox, auf der man unterwegs auch sitzen kann, oder als Aktenkoffer auf dem Weg ins Büro.

Bürotasche und Shopper

Foto: Ortlieb
Schick und praktisch: Ortliebs Office Bag aus bruchfestem Polycarbonat mit integriertem Adapter: auflegen, aufklicken, fertig.

Spezielle Bürotaschen sollen Dokumente in der Größe A4 ungeknickt bis zur Dicke eines Ordners aufnehmen und schick aussehen. Oft haben sie Organizer-Fächer und ein Laptopfach (siehe Kasten S. 28). Die Aufhängehaken sind am besten so angebracht, dass die Tasche leicht schräg hängt, damit die Fersen nicht anstoßen.

Shopper sollen vor allem „city-fein“ aussehen und per Schultergurt gut zu tragen sein. Sie werden wie eine Packtasche an den Gepäckträger gehängt, genauso wie Einkaufstaschen, die weniger Schick, aber mehr Volumen bieten und einfacher als Packtaschen zu beladen sind.

Korb

Beliebt und praktisch ist der Fahrradkorb, in den man Einkaufstaschen einfach reinstellen kann. Vorn wird er in der Regel an einem Lenkeradapter eingeklickt (Klickfix). Besser, aber leider selten, ist eine Befestigung vorn am Rahmen. Dann lässt sich das Fahrrad einfacher lenken, weil der Korb nicht mitbewegt wird. Hinten ist eine Systemlösung zum schnellen Aufsetzen und Abnehmen praktisch, auf Systemgepäckträgern (Pletscher, Hebie/SL, Racktime) oder an einem montierbaren Adapter (Klickfix, Basil, Ortlieb). So kann wahlweise ein Korb, Kindersitz oder Koffer aufgesetzt werden.

Rucksack und Umhängetasche

Auf sportlichen Rädern oder wenn man eine einfache Lösung bevorzugt, sind Rucksäcke und Umhängetaschen erste Wahl. Spezielle Fahrradrucksäcke haben nicht nur eine gute Belüftung am Rücken, sondern bieten auch ausreichend Bewegungsfreiheit und verrutschen nicht bei geneigter Sitzhaltung. Manche kann man auch an einen Adapter anklicken (Klickfix) oder an den Gepäckträger hängen. Bei den aktuell beliebten Umhängetaschen sorgt ein integrierter Hüftgurt dafür, dass die Tasche unterwegs auf dem Rücken bleibt und nicht dauernd zur Seite wegrutscht. Besonders schick sind die Taschen von Zwei, die auch wie Lenkertaschen an Lenkeradapter angeklickt werden können.

Peter Barzel

   
 

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