Titel 1/2008Interview„Da sind wir dran!“Die Schifffahrt stinkt zum Himmel. Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Astrid Klug, verspricht im fairkehr-Interview Linderung durch strengere Grenzwerte.
fairkehr: Seeschiffe fahren mit Schweröl, das an Land als Sondermüll entsorgt werden müsste. Was tut die Bundesregierung, um dieses Schadstoffproblem zu reduzieren? Astrid Klug: Der mit der Seeschifffahrt derzeit noch verbundene Schadstoffausstoß, insbesondere von Schwefel- und Stickoxiden sowie Partikeln, ist ein zentrales Umweltproblem dieses eigentlich umweltfreundlichen Verkehrsträgers. Wir fordern daher auf internationaler Ebene eine deutliche Senkung des Schwefelanteils im Schiffskraftstoff. Damit können sowohl die Belastungen auf hoher See, vor allem aber auch in den Seehäfen deutlich reduziert werden. Nach unseren Vorstellungen sollen in einer ersten Stufe ab 2015 nur noch Schiffstreibstoffe mit einem maximalen Schwefelanteil von 0,5 Prozent verwendet werden. In einem zweiten Schritt wird sich die Bundesregierung um eine weitere Absenkung auf 0,1 Prozent bemühen. Ich bin optimistisch, dass die Verhandlungen im Rahmen der International Maritime Organization (IMO) noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können. Für Nord- und Ostsee gilt bereits ein anspruchsvollerer Grenzwert von 1,5 Prozent Schwefelanteil. Ab 2010 sind dort nur noch 0,1 Prozent erlaubt. Damit werden schrittweise die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass moderne Abgasreinigungstechnik auch in der Seeschifffahrt Einzug halten kann. fairkehr: Müssten nach geltendem Recht nicht die deutschen Seehäfen zu Umweltzonen erklärt werden und Schiffe mit einer Plakette ihr umweltzonentaugliches Emissionsniveau nachweisen? Klug: Es ist zunächst Sache der zuständigen Landesbehörden, in Gebieten, in denen die Luftqualitätsgrenzwerte überschritten werden, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Unbestritten ist, dass die Seehäfen vom Schadstoffausstoß des internationalen Schiffsverkehrs besonders betroffen sind. Angesichts des erheblichen Nachholbedarfs der Seeschifffahrt in punkto Treibstoffqualität und Luftreinhaltung halte ich gegenwärtig eine Umweltzone – vergleichbar denen in Innenstädten für den Straßenverkehr – weder für verhältnismäßig noch für zweckmäßig. Ein kurzfristiger Umstieg auf sauberere Schiffe bzw. eine Nachrüstung mit moderner Abgasreinigungstechnik wie beim Auto ist bei Seeschiffen nicht möglich. Hier müssen dickere Bretter gebohrt werden, wie die internationale Verständigung auf deutlich sauberere Treibstoffe. Und da sind wir dran. fairkehr: Auch Binnenschiffe verursachen erhebliche Feinstaub-, Schwefel- und Stickoxidemissionen. Ist es aus Ihrer Sicht vorstellbar, dass solchen Dreckschleudern die Durchfahrt durch Umweltzonen, beispielsweise in Köln, verwehrt wird? Klug: Die aus der Binnenschifffahrt resultierenden Luftbelastungen sind zwar nicht vergleichbar mit der Seeschifffahrt, aber keineswegs unerheblich. Binnenschiffe produzieren in Deutschland jährlich rund 1000 Tonnen Feinstaub und ca. 40000 Tonnen Stickoxide. Das ist, verglichen mit anderen Quellen, zwar relativ wenig, aber sie tragen nach Untersuchungen des Umweltbundesamtes dennoch zur großräumigen Belastung bei. Insofern besteht hier auf jeden Fall Handlungsbedarf. Das Bundesumweltministerium will auch für Binnenschiffe schneller anspruchsvollere Abgasgrenzwerte. Damit würde der Weg frei gemacht für Treibstoffqualitäten, vergleichbar dem schwefelfreien Straßendiesel, und entsprechende Abgasnachbehandlungstechnik. Mit zwei Pilotprojekten unseres Hauses, dem Futura Carrier und dem Futura Tanker, werden wir unter Beweis stellen, dass die entsprechende Technik für den täglichen Einsatz zur Verfügung steht. fairkehr: Was ist neu an diesen Futura-Schiffen? Klug: In punkto Luftreinhaltung sind beide Schiffe vorbildlich. Sie sind mit moderner Abgasreinigungstechnik ausgestattet, also mit Partikelfilter und Stickoxidminderungstechnik. Das heißt, sie stoßen praktisch keinen Feinstaub aus und rund 70 Prozent weniger an Stickoxiden. Der Tanker fährt mit schwefelfreiem Schiffsdiesel, wie es ihn im Straßenverkehr ja schon länger gibt. Darüber hinaus sind beide Schiffe dank des Vier-Motoren-Konzepts erstaunlich wendig. Das ist nicht nur die beste Einparkhilfe im Hafen, sondern verbessert die Manövrierfähigkeit auch auf den Flüssen. Das schont Ufer und Flussgrund und macht Begradigungen überflüssig. Die gesamte Schiffskonstruktion ist darauf ausgerichtet, durch geringere Wellenbildung im Vergleich zu herkömmlichen Schiffen, die Uferzonen weniger zu beeinträchtigen. Um die Modernisierung der deutschen Binnenschiffsflotte voranzubringen, haben wir seit vorigem Jahr einen Förderschwerpunkt für emissionsarme und flussverträgliche Binnenschiffe im Rahmen des ERP-Umwelt- und Energiesparprogramms eingerichtet. Damit wollen wir den Bau umweltfreundlicher Binnenschiffe fördern. Interview: Michael Adler |
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