Politik 6/2007

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Auf Expansionskurs

CarSharing sieht selbstbewusst seiner Zukunft entgegen.

 

Foto: SUBVE Bremen
In Bremen realisiert: Die CarSharing-Firma bekommt am mobil.punkt Parkplätze im öffentlichen Straßenraum zugewiesen. Sie liegen möglichst nah zur Wohnung der Kunden und zentral an Kreuzungspunkten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Laut Michael Glotz-Richter, Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa, haben die zehn Gemeinschaftsautos an den beiden mobil.punkten 95 private Pkws ersetzt.

Die Idee des Autoteilens galt vor wenigen Jahren noch als Domäne der Ökofreaks und Weltverbesserer. Doch aus der grünen Nische haben sich die CarSharing-Anbieter herausgearbeitet. Heute treiben steigende Benzinpreise und hohe Autohaltungskosten den Firmen neue Kunden zu. „Wer nur selten ein Auto braucht, kann mit CarSharing viel Geld sparen. Es lohnt sich für all jene, die weniger als 10000 Kilometer im Jahr fahren“, sagt Bettina Dannheim, Pressesprecherin von Cambio, einem der Großen im Geschäft des Autoteilens. Als zweiten Vorteil nennt sie die Bequemlichkeit. Niemand müsse sich mehr selbst um das Auto kümmern, es pflegen, waschen oder zur Werkstatt bringen. All das erledige der Anbieter. Den Umweltnutzen stellen die CarSharing-Firmen nicht besonders heraus, „das wird bei uns mittransportiert, steht aber nicht im Vordergrund“, sagt die Cambio-Sprecherin.

Etwa 100000 CarSharing-Kunden gibt es mittlerweile in Deutschland. Allein im letzten Jahr meldete die Branche Steigerungsraten von 15 Prozent. Bundesweit bieten um die 100 Unternehmen in 260 deutschen Städten CarSharing an. Die Szene beherrschen die Marktführer Greenwheels, Cambio und Stadtmobil, die jeweils in verschiedenen Regionen oder Städten stark vertreten sind oder sich eine Monopolstellung erkämpft haben. Sie arbeiten in professionellen Netzen und agieren für ihre jeweilige Kundschaft in mehr oder weniger kooperierenden Verbreitungsgebieten. Das heißt beispielsweise, dass Cambio-Kunden aus Aachen in Berlin bei Stadtmobil und weiteren über 50 Städten Autos zu gleichen Bedingungen leihen können. Aber eben auch nur dort. Darüberhinaus baut die Bahn mit DB CarSharing ein eigenes Netz mit inzwischen etwa 90 Städten auf. Und dann gibt es noch die vielen kleinen, lokal arbeitenden Firmen und Vereine, die mit ihrem jeweiligen Kundenkreis eigene Verträge und Konditionen vereinbaren.

Für Willi Loose vom Bundesverband CarSharing (bcs), der die CarSharer auf politischer Ebene vertritt, ist das kein Problem. „Für den einzelnen Kunden ist doch erst mal interessant, wie Autoteilen in der eigenen Stadt funktioniert“, sagt der bcs-Geschäftsführer. Quernutzungen in andere Städte kämen nur selten vor, dadurch würden so gut wie keine Umsätze gemacht. Stellt sich die Frage: Ist das Angebot zu begrenzt oder interessiert es die Kunden nicht? „Die CarSharing-Anbieter arbeiten in fruchtbarer Konkurrenz und ihre Vereinigung zu einer Firma wie in der Schweiz ist von außen nicht zu erzwingen“, formuliert es bcs-Mann Loose. Er will sich nicht in die Geschäfte seiner Mitglieder einmischen.

Die größte Hürde gegenüber dem CarSharing sieht Loose in der Bindung potenzieller Kunden ans eigene Auto. „Die ist hier größer als in der Schweiz und besonders stark ausgeprägt bei Menschen, für die sich CarSharing finanziell besonders lohnte“ sagt der Verbandschef. Nicht selten seien es aber gerade die jungen Besserverdienenden, die auf CarSharing umstiegen – der Umwelt zuliebe oder weil sie die Parkplatzsuche satt hätten.

Weil die CarSharing-Kunden besonders in innenstadtnahen Wohngebieten leben, haben auch die Anbieter ein Parkplatzproblem, gegen das ihr Bundesverband seit Langem ankämpft: Kommunen sollen künftig Stellplätze für gemeinschaftlich genutzte Fahrzeuge im öffentlichen Straßenraum ausweisen können, damit die Autos näher zu den Kunden kommen. Weil rein rechnerisch ein Gemeinschaftsfahrzeug vier bis acht Privatautos ersetzt und ihre Nutzer überproportional viel Fahrrad, Bus und Bahn nutzen, gilt das CarSharing als besonders umweltfreundlich, verkehrsentlastend und deshalb förderwürdig. Schon 1996 hat das Land Bremen den Blauen Engel für CarSharing-Unternehmen durchgesetzt. „Wir in den Stadtstaaten spüren die entlastende Wirkung besonders“, sagt Michael Glotz-Richter, CarSharing-Experte und Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa. Mittlerweile sei die Förderung dieser Mobilitätsform in der Hansestadt politischer Konsens.

Auf Initiative des Landes Bremen und des bcs liegt jetzt der Bundesregierung ein Gesetzesentwurf zur Ausweisung von reservierten CarSharing-Stationen im öffentlichen Straßenraum vor. Noch in diesem Jahr könnte das Gesetz verabschiedet werden. Dem CarSharing könnte es zum Durchbruch verhelfen.

Uta Linnert

   
  Mitmachen: Auf den Webseiten des Bundesverbands CarSharing e.V. (bcs) gibt es alle Informationen über CarSharing und Anbieter in Ihrer Nähe, www.carsharing.de. Auto am Bahnhof: www.dbcarsharing.de
   
 

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