Reise 4/2007

Bozen

Ideale Bedingungen

In Südtirols Hauptstadt Bozen macht Radfahren Spaß:
Die Stadt am Fuß der Alpen durchzieht ein dichtes Netz
sehr gut ausgebauter Fahrradwege.

 

 
Foto: Marcus Gloger  
Elektronische Zählstation der Gemeinde: Wer hier entlang fährt, erhöht die Zahl der angezeigten Durchfahrten – und trägt zum Erfolg des Radverkehrskonzeptes Bozen bei.  

In Bozen beginnt der Süden. Wer mit dem Zug von Norden über den Brenner und durch das enge Eisacktal gekommen ist, findet eine heitere Stadt im mediterranen Licht. Wanderer und Skifahrer aus den Dolomiten wundern sich, dass es hier mindestens zehn Grad wärmer ist als oben in den Bergen. Hier wachsen Granatäpfel und Ölbäume, auf den sonnigen Hängen ringsum die Stadt gedeiht ein guter Wein. Bozen ist die Landeshauptstadt der autonomen Provinz Südtirol und gleichzeitig ein Stück Italien. In den verwinkelten Gassen der Altstadt hört man Deutsch, aber das Italienische überwiegt. Man trifft sich auf ein Glas Wein in den Enotecas oder sitzt beim Cappuccino auf dem Waltherplatz, der dem Minnesänger Walther von der Vogelweide ein Denkmal setzt. Außerdem auffällig für eine Stadt dieser Breiten: die vielen Fahrradfahrer. Jung und Alt, Frauen wie Männer, Geschäftsleute und Studenten sind mit dem Rad unterwegs.

„Wir haben hier ideale Bedingungen zum Radfahren, das Klima ist mild, das Stadtgebiet überschaubar und flach“, sagt Ivan Moroder, Leiter des Amtes für Mobilität in der 100000-Einwohner-Stadt, „aber Erfolg haben wir erst, seit wir begonnen haben, die Radwege zu einem funktionierenden Netz auszubauen“. Besondere Markenzeichen sind zweispurige Fahrradstraßen mit Mittelstreifen und Gegenverkehr, die baulich vom Autoverkehr getrennt sind. „Dafür musste auch mal eine Fahrspur für Autos oder ein Parkstreifen weichen“, sagt Moroder. Nach anfänglichen Protesten ziehe die Bevölkerung mit, der Fahrradanteil liege mittlerweile bei 23 Prozent.

Fahrradfahren in Bozen ist einfach. Acht gut beschilderte Hauptachsen führen durch die Stadt. Ein kleiner Faltplan für die Hosentasche zeigt das Netz. Besonders schön ist die Fahrt über die Radwege R4 und R8 am Ufer des Talferflusses, durch weite grüne Wiesen und üppig blühende Parks. Diese auf der alten Eisenbahntrasse angelegten Wege führen abseits des Autoverkehrs quer durch die Stadt. Über den Fluss hinaus aus dem alten Stadtkern gelangen Radfahrer und Fußgänger über eigens für sie gebaute Brücken in die neueren, von Mussolini errichteten italienisch geprägten Stadtteile.

Auch ins Industriegebiet kommen Radfahrerinnen und Radfahrer über eigene Wege. „Unser Ziel ist, dass möglichst viele Pendler das Rad für den Weg zur Arbeit nehmen und wir den Fahrradanteil weiter erhöhen“, erläutert Moroder den Plan der Stadt. Er und sein Kollege Marco Giuriola sind ständig mit dem Rad unterwegs, um Schwachstellen aufzuspüren. „Radwege, die zu schmal oder durch abbiegende Autos gefährdet sind, werden wir nach und nach umbauen“, versprechen die Verkehrsexperten. Eine weitere Radbrücke über den Fluss sei gerade im Bau.

Den Bozenern scheint es gut zu gehen. Am Fahrradverkehr wird jedenfalls nicht gespart. Eine Million Euro fließen jedes Jahr in Ausbau und Instandhaltung des Radwegenetzes. „Wir tun damit etwas für die Umwelt und für die Gesundheit der Bozener Bürger“, sagt Klaus Ladinser, Stadtrat für Verkehr und Umwelt. „In einer Kleinstadt, in der man in zwanzig Minuten von einem Ende zum anderen kommt, ist Fahrradfahren Programm und wird kontinuierlich gefördert“, formuliert der Repräsentant der Südtiroler Volkspartei, der Partei der deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler, seine Positionen.

Ladinser selbst kommt zu Fuß ins Amt, weil er nur ein paar Schritte entfernt wohnt. Und wenn er doch ein Rad braucht, hält sein Büro Leihräder im Hof bereit. Auch für Touristen ist das Fahrradfahren kinderleicht: Einfach für einen Euro an einer der kommunalen Fahrradverleihstationen ein Rad in Empfang nehmen und losfahren.

Uta Linnert

   
 

Anreise

Mit der Bahn über München oder mit dem Autoreisezug nach Bozen, www.bahn.de, www.autoreisezug.de

Touristische Informationen:
www.bolzano-bozen.it

Fahrradverleih der Gemeinde Bozen in der Bahnhofsallee: 1 Euro für die ersten 6 Stunden, 2 Euro für mehr als 6 Std.

   
 

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