Titel 3/2007

fairkehr-Jury unterwegs

Deutschland sucht die Superbahn

Seit Jahren streiten sich Bahnexperten, Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und natürlich die DB-Spitze darüber, ob, wann und in welcher Form die Deutsche Bahn an die Börse soll. Eigentlich könnte man meinen, das Thema sei irgendwann ausgereizt. Aber täglich schaffen es neue Forderungen und Vorschläge in die Schlagzeilen. Dabei ist aus Sicht der Fahrgäste längst alles klar. Privat oder staatlich, börsennotiert oder nicht, Netz und Betrieb in einer oder in vielen Händen: All das ist Millionen Bahnkundinnen und Bahnkunden egal, solange die Qualität stimmt. fairkehr hat eine kritische Jury eingesetzt und formuliert stellvertretend die grundlegenden Forderungen der Bahnkunden an „ihre“ Deutsche Bahn. Die folgenden Seiten zeigen, was herauskommen würde, wenn Bahnreisende auch einmal per TED abstimmen dürften.

 

   
 

Kundenwunsch Nr. 1

Faire Preise

 
  Fotos: Marcsus Gloger

Die Deutsche Bahn muss kein Billigheimer sein, um in der Konkurrenz mit Auto oder Flugzeug punkten zu können. Bahnkunden legen Wert auf Qualität und die darf ruhig etwas kosten. Ärgerlich allerdings, wenn die DB nur noch aufs teure Spitzenprodukt ICE setzt und die Interregio- und Intercity-Züge für die weniger anspruchsvollen Reisenden aus dem Programm
fallen. Ärgerlich auch, wenn es zum vollen Preis nur den Stehplatz im Gang oder den Sitzplatz im nicht-klimatisierten 50er-Jahre-Abteil gibt.
Viele Kundenforderungen hat die Deutsche Bahn AG bereits erfüllt, wie zum Beispiel die BahnCard mit 50 Prozent Rabatt für Vielfahrer sowie günstige Sparpreise und Sonderangebote für Gelegenheitskunden.

   
 

Kundenwunsch Nr. 2

Pünktliche Züge

 

Ein großer Vorteil der Bahn gegenüber dem Auto ist die Planbarkeit der Reise. Fünf Minuten vor Abfahrt am Bahnhof sein, Kaffee holen, einsteigen, abfahren. Davon träumen die Fahrgäste. Wer morgens regelmäßig eine halbe Stunde frierend auf dem Bahnsteig steht, weil der Zug Verspätung hat, oder immer einen Zug früher zum Geschäftstermin nehmen muss, weil er sonst nicht pünktlich ist, verliert schnell das Vertrauen in das System Bahn. Die Kunden wollen sich auf die Bahn verlassen können. Wofür gibt es Fahrpläne? Die dürften dafür ruhig mit etwas mehr Puffer geplant sein. Denn was hilft es, auf der Strecke Köln–Frankfurt Spitzenzeiten zu erzielen, wenn schon bei der kleinsten Störung der Anschlusszug weg ist?

   
 

Kundenwunsch Nr. 3

Reibungslose Anschlüsse

 

Bahnreisende interessieren sich nicht für die systemische Unterteilung in Nah- und Fernverkehr. Sie wollen auch nicht wissen, ob der zunehmende Wettbewerb oder die Landespolitik von Nordrhein-Westfalen oder Bayern Schuld ist, wenn ihr Anschlusszug weg ist. Sie wollen pünktlich am Umsteigebahnhof ankommen, möglichst am selben Gleis in ihren Anschlusszug steigen und die Reise fortsetzen. Und das sollte bitte nicht nur zwischen wenigen Großstädten funktionieren, sondern im ganzen Netz, auch wenn die Reise über Haupt- und Nebenstrecken zum Ziel führt.

   
 

Kundenwunsch Nr. 4

Schnelle Verbindungen

 

Zügig von Berlin nach München oder von Hannover nach Mannheim: Auch wenn nicht alles für mehr Hochgeschwindigkeit spricht, man hat sich daran gewöhnt. Die Schnellstrecken zwischen den Großstädten setzen Standards, die Bahnkunden schätzen. Damit ist die Bahn auch für solche Menschen attraktiv, denen es allein auf die Reisezeit ankommt, und von denen sonst viele ins Flugzeug steigen würden.

   
 

Kundenwunsch Nr. 5

Einfacher Ticketkauf

 

Der Kunde will Bahnfahren. Dafür braucht er eine Fahrkarte. Das akzeptiert er als notwendiges Übel und ist bereit, dafür zu bezahlen. Dafür soll es ihm die Deutsche Bahn aber bitte nicht zu schwer machen. Die Reisenden wünschen sich mehr geöffnete Schalter in den großen, und überhaupt wieder Verkaufspersonal an den kleineren Bahnhöfen. Natürlich darf es auch die Alternativen Internet, Telefon, Reisebüro oder auch Automaten geben. Viele nutzen diese Möglichkeiten und in vielen Fällen führen sie auch zum Ziel. Aber sie ersetzen nicht den Expressschalter, an dem Kunden noch kurz bevor der Zug fährt ein Ticket bekommen.

   
 

Kundenwunsch Nr. 6

Mehr Service

 

Egal, ob der Zug ausgefallen ist, der Opa verschwunden oder einfach nur der richtige Ausgang gesucht wird: Es ist schön, wenn der Reisende am Bahnhof kompetente Ansprechpartner für seine Sorgen und Nöte findet. Daher wünschen sich Bahnkundinnen und -kunden wieder mehr Personal in Zügen und an Bahnhöfen, das ihnen mit Rat und Hilfe zur Seite steht. Wer am Servicepoint Hilfe sucht und noch sieben Bedürftige vor sich in der Schlange hat, wurschtelt sich lieber alleine durch – nicht immer erfolgreich. Ganz traurig ist es im Nahverkehr, wo man oft tagelang unterwegs sein kann, ohne eine Schaffnerin oder einen Servicemitarbeiter zu Gesicht zu bekommen.

   
 

Kundenwunsch Nr. 7

Moderner Nahverkehr

 

Schon manchen Bahnnutzer hat der Kulturschock beim Umsteigen vom schicken ICE in einen ollen Nahverkehrszug auf immer verprellt. Die Ansprüche der Bahnreisenden an Fahrkomfort, Design und angenehmes Ambiente sind in den vergangenen 15 Jahren deutlich gestiegen – nicht zuletzt dank vieler guter Beispiele und Erlebnisse im Nah- und Fernverkehr.
Pobleme bei der Finanzierung? Das interessiert die Kunden nicht. Sie wünschen sich auch im Nahverkehr moderne, saubere Züge, nettes Personal und regelmäßig fahrende Bahnen, gerne auch am Wochenende.

   
 

Kundenwunsch Nr. 8

Fahrradmitnahme

 

Räder sind ein Störfaktor für den Bahnbetrieb. Von diesem Vorurteil kann und will sich die Deutsche Bahn nicht lösen. Sehr zum Bedauern ihrer Kundinnen und Kunden, denn für die ist das Rad längst zur optimalen Ergänzung zur Bahnmobilität geworden. Das gilt nicht nur für Pendler. Die Deutschen machen so viele Radtouren wie nie zuvor und reisen am liebsten mit der Bahn an – wenn es denn geht. Sie wünschen sich Fahrradabteile in allen Fernzügen, auch in ICEs, und mehr Kapazitäten während der Sommermonate.

   
 

zurück zum Inhalt