Titel 2/2007

Biogene Kraftstoffe

Wer Raps sät – wird Autos ernten

Kohlendioxid! Schon fast ein Schimpfwort dieser Tage. Der Straßenverkehr ist für etwa ein Fünftel aller Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Daher ist es nur vernünftig, auch nachwachsende Rohstoffe für unsere Mobilität zu nutzen, oder? Aber: Was ist eigentlich „Bio“ am Biosprit?

 
  Foto: Joerg Boethling

In Shanghai wurde jüngst das Fahrradfahren im Innenstadtbereich verboten. Begründung: Die Radler behinderten die freie Fahrt für Autos.

Zwar sind in China zur Zeit lediglich drei Prozent aller weltweiten Fahrzeuge unterwegs, obwohl dort ein Fünftel der globalen Bevölkerung lebt. Die Tendenz ist allerdings steigend – mit negativen Folgen fürs Klima. An Deutschland reicht China allerdings lange noch nicht heran: Hier wohnt zwar nur knapp ein Prozent der Weltbevölkerung, aber die besitzen sechs Prozent aller Autos – jedes davon eine Emissionsquelle für das Treibhausgas CO2.

Um die CO2-Bilanz des Verkehrs zu verbessern, hat die EU unter deutscher Ratspräsidentschaft beschlossen, bis 2020 Benzin und Diesel zehn Prozent Biokraftstoff beizumischen. Auch die Fahrzeugindustrie setzt auf biogene Kraftstoffe. Sie verleihen jedem Wagen, der davon angetrieben wird, ein grünes, zukunftsfähiges Image – egal wie ineffizient das Auto ansonsten ist. Beim genauen Blick auf die sogenannten Biokraftstoffe tauchen essentielle Probleme auf, beispielsweise die begrenzte Anbaufläche, der Verlust von Artenvielfalt oder die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.

Energie statt Essen

Für Bauern lohnt es sich wieder, Brachland zu bewirtschaften, vorausgesetzt die Pflanzen werden zur Energieproduktion gezogen. Die Förderung der Brache, die sogenannte Stilllegungsprämie, bleibt bestehen. Hinzu kommt die Stromeinspeisevergütung über das Erneuerbare-Energien-Gesetz oder die Förderung nachwachsender Rohstoffe durch die Energiepflanzenprämie. In Deutschland lohnt sich bislang vor allem der Rapsanbau zur Biodieselproduktion. Der Bedarf des Marktes ist so groß, dass bereits 20 bis 40 Prozent des Pflanzenöls für biogene Kraftstoffe importiert werden. Die Kraftstoffe machen Deutschland zwar unabhängiger vom Erdöl, aber nicht vom Import, der zunehmend aus anderen Kontinenten gedeckt wird. Der industrielle Anbau von Raps oder Mais führt außerdem zu Monokulturen, die den Boden verarmen lassen und die Artenvielfalt reduzieren.

Nachwachsende Rohstoffe sind eine immer wichtigere Einkommensquelle für Landwirte. Sie können nicht nur zur Energieproduktion, sondern auch in der chemischen Industrie oder zur Papier- oder Faserproduktion verwendet werden. Die Konkurrenz wird täglich größer. Besonders problematisch ist es, wenn die Energie-pflanzen die Nahrungsmittel vom Feld verdrängen. Denn Energiepflanzen können schnell eine bessere Einnahmequelle als Nahrungsmittel sein (siehe Kasten S. 24). Derzeit schmieden Automobilindustrie und Saatgutproduzenten erste Allianzen zwischen, genveränderte Organismen zur Produktion nachwachsender Rohstoffe einzusetzen – ein riesiger Markt.

Schaden für die Umwelt

Es wird gern vergessen, dass Biosprit nicht aus kontrolliert biologischem Anbau stammt, auch wenn es die Abkürzung suggeriert. Im Gegenteil: Große Felder werden industriell bewirtschaftet. Dabei gelangen viele Treibhausgase in die Atmosphäre: Maschinen verbrauchen Diesel und die Herstellung von mineralischem Dünger ist energieaufwändig. Wird dieser auf die Felder gebracht, entsteht zusätzlich Distickstoffoxid (N2O), auch Lachgas genannt. N2O ist ein 310-mal wirksameres Treibhausgas als CO2, allerdings noch nicht in so großer Konzentration in der Atmosphäre vorhanden.

Biodiesel wird in Deutschland aus Raps gewonnen. Dabei wird lediglich das aus den Samen gepresste Öl genutzt. Das im Rest der Rapspflanze gebundene CO2 entweicht schnell wieder in die Atmosphäre. Die Produktion von Biodiesel ist sehr energieaufwändig. Außerdem entstehen beim Verbrennen von Biodiesel mehr Stickoxide als bei herkömmlichen Diesel. Ein weiterer Nachteil: Autos mit geschlossenem Partikelfilter sind von den Herstellern nicht für Biodiesel freigegeben. Auch die CO2-Bilanz überzeugt nicht: Biodiesel mindert die Emissionen um lediglich 30 bis maximal 50 Prozent gegenüber herkömmlichen Diesel. Bioethanol, der Ersatz für Benzin, schafft kaum mehr. Bei der Produktion aus Getreide entstehen die gleichen Probleme wie bei der Herstellung von Biodiesel. Aus Sicht der Nachhaltigkeit schaden diese Biokraftstoffe der ersten Generation unserer Umwelt.

BtL, der Kraftstoff der zweiten Generation, schneidet zwar besser ab, weil die ganze Pflanze verwendet werden kann, ist aber noch nicht am Markt. Bleibt als Alternative nur Biogas. Es kann auch aus Gülle und Abfall gewonnen werden, ist billig in der Produktion und kann sowohl als Kraftstoff genutzt und als auch ins Erdgasnetz eingespeist werden. Die CO2-Vermeidung beträgt beinahe 100 Prozent.

Der Atmosphäre ist es egal, an welcher Stelle Treibhausgase eingespart werden. Das kann primär, auch im Bereich Mobilität, nur über mehr Effizienz passieren – und über Verkehrsvermeidung. Der prozentuale Anteil regenerativer Energien und biogener Treibstoffe stiege sofort sprunghaft an, wenn insgesamt weniger verbraucht würde. Bislang ist der Anteil nachwachsender Rohstoffe an der Energieerzeugung sehr gering. Damit sie ihren Klimaschutzeffekt voll ausspielen, sollten sie dort eingesetzt werden, wo sie die wenigsten Treibhausgase verursachen – und das ist nicht im Verkehrsbereich. Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe im Blockheizkraftwerk ist der Verwendung im Autotank überlegen, da im Kraftwerk gleichzeitig Strom und Wärme gewonnen werden.

Benjamin Bongardt

   
 

zurück zum Inhalt