Reise 6/2006

Italien

Rifugio Lagazuoi

Beste Aussicht und einsame Skiabfahrten durch Felsen und Schluchten.

 
Foto: Uta Linnert  
Sonnenaufgang in den Dolomiten: Dieser Anblick ist nur Hüttengästen vorbehalten – unten im Tal ist es noch dunkel.  

Das Geländer der Terrasse spannt sich in weitem Halbrund wie die Reling am Bug eines Ozeandampfers über die Tiefe. Die Deckchairs stehen in Reih und Glied auf den Planken. Selbst die Holzbänke machen es den Gästen mit weit nach hinten geschwungenen Rückenlehnen bequem. Zwei junge Frauen, in Wolldecken gehüllt, halten ihre Nasen in die kalte Februarsonne und genießen die weite Sicht. Fest verankert steht die Lagazuoi auf den Felsen, fast 3000 Meter über dem Meeresspiegel.

Im ersten Weltkrieg war der Monte Lagazuoi ein stark umkämpftes Gebiet. Gelegen über dem Falzaregopass, war der Berg eine strategisch wichtige Position, um die das italienische und das österreichisch-ungarische Heer während der gesamten Dauer des Krieges erbittert kämpften. Wer sich in dusteren Schächten nicht fürchtet, kann direkt von der Hütte aus die ehemaligen Krankenlager, Materiallager, Kanonenstützpunkte oder Belüftungsschächte kilometerlang erwandern.

 
Foto: Rifugio Lagazuoi  

Nach einer Nacht in rot-weiß-karierter Bettwäsche haben die Hüttengäste die einzigartige Gelegenheit, vor dem Skifahrerheer, das nach 9 Uhr mit der Gondel vom Pass aus hinaufkommt, die spektakuläre Abfahrt nach Armentarola ganz alleine zu genießen. An der Grenze des Naturparks von Fanes und Sennes verläuft eine der landschaftlich schönsten Pisten der Dolomiten. Mehr als acht Kilometer führt sie an senkrechten Felstürmen und riesigen Eiswänden entlang in eine enge Schlucht – zum Schnellfahren zu schade.

Am Nachmittag, wenn sich die letzten Skifahrer den Abgrund hinuntergeschwungen haben, ist es still auf der Terrasse der Lagazuoi. Unten im Tal wird es schon dunkel. Auf Höhe der Baumgrenze bügelt eine einsame Pistenraupe die Buckel aus der Piste. „Hier könnte ich ewig sitzen bleiben“, rufen sich die beiden jungen Frauen zu. Die in goldenes Licht getauchten Berge haben ihnen den Kopf verdreht – oder waren es die schwarzgelockten Skilehrer vom Vormittag?

Uta Linnert

   
  Rifugio Lagazuoi, 2840 m, Monte Lagazuoi, Tel./Fax: 0039 (0)436 867303, E-Mail: riiugio.lagazuoi@dolomiti.org
1965 vom Alpinführer Ugo Pompanin erbaut, wird die Hütte noch immer von der Familie Pompanin in der Sommer- und Wintersaison geführt. Die Hütte verfügt über Bar und Restaurant mit typischer regionaler Küche und Übernachtungsmöglichkeiten in Zwei- bis Fünfbett-Zimmern oder in Mehrbettzimmern mit Etagenbetten. Preise ab 21 bis 30 Euro pro Schlafplatz.
Anreise bis Bahnhof Toblach. Von dort gute Busverbindungen nach Cortina und zum Falzaregopass. (www.trenitalia.com). Im Winter mit der Gondel hinauf oder mit Tourenskiern.
Auf der Internetseite www.dolomiti.org/ger/Cortina/laga5torri/estate/
index.html finden sich noch weitere Hütten, auf denen man übernachten kann, und die mit Wanderwegen oder Skipisten verbunden sind. So kann man auch auf Skiern und mit kleinem Gepäck im Rucksack einen mehrtägigen Rundkurs unternehmen.
   
 

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