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Foto: www.marcusgloger.de
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Michael Adler,
Chefredakteur
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Wir sind nicht gut zu Fuss. Schon unser Verkehrszeichen
für Fußwege ist verräterrisch. Unter der
Rubrik „Sonderwege“ findet man das StVO-Zeichen
239. Eine Frau mit Rock führt ein Kind an der Hand.
Damit ist qua Gesetz festgelegt, dass es sich beim
Zu-Fuß-Gehen um eine Sonderform menschlicher
Mobilität handelt. Außerdem ist die Randgruppe,
die diese begrenzte Form des Fortkommens praktiziert, klar
definiert: Frauen und Kinder.
Interessanterweise folgt die Wirklichkeit dem Zeichen.
Frauen gehen in Deutschland rund 700 Meter pro Tag zu
Fuß, Männer nur etwa 200 Meter. Beides ist viel
zu wenig für das Lauftier Mensch, diagnostiziert der
Sportwissenschaftler Ingo Froböse im
fairkehr-Interview. Der aufrechte Gang erfordere vom
Menschen eine starke Muskulatur, um den Körper im Raum
zu stabilisieren. Je weniger wir diese Muskeln trainierten,
desto beschwerlicher werde jeder Schritt –
Rückenprobleme, Arthrose und Stoffwechselkrankheiten
inklusive.
Obwohl die gesundheitlichen und sozialen Segnungen des
Zu-Fuß-Gehens auf der Hand liegen, tun Verkehrsplaner
und Autolobby fast alles, um Fußgänger
buchstäblich an die Wand zu drücken.
Geplant wird eine Straße vom Mittelstreifen her.
Viel Platz ist für das Fahren mit breiten Autos
reserviert. Am Fahrbahnrand müssen die
Riesengefährte Parkraum finden, danach folgt
gelegentlich ein Fahrradweg und was dann noch übrig
bleibt, muss für die Fußgänger reichen. Seit
1972 gelten offiziell 1,5 Meter Breite als ausreichend
für das, was der Volksmund immer noch großspurig
„Bürgersteig“ nennt.
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1964 wurde der Vorrang des Fußgängers auf
Zebrastreifen gesetzlich verankert. Mit fataler Folge:
Diese sinnvollen Schutzgebiete verschwanden zusehends. Das
Aufstellen von Ampeln schritt voran und mit ihr die
Kanalisierung des unberechenbaren Streuners
Fußgänger. Mit Poller, Ketten und Gittern wird
seitdem versucht, dem Geher den geraden Weg und den rechten
Winkel zu verordnen. Um den Preis, dass die Geschwindigkeit
des Autoverkehrs immer höher wurde und die des
Fußgängers durch Umwege, Unterführungen und
Unterbrechungen immer niedriger.
Trotz aller Behinderungen gehen die Deutschen noch rund
ein Viertel aller Wege in Städten zu Fuß. Tendenz
fallend. Kaum eine Stadt, die überhaupt einen
Gedanken, geschweige denn eine Planstelle, für den
klimaschonenden, preisgünstigen und
gesundheitsförderlichen Fußgänger
„verschwendet“.
Höchste Zeit für mehr Beweglichkeit im Kopf.
Gute Beispiele gibt es wie so oft in der Schweiz. Hier
haben in sogenannten Begegnungszonen die
Fußgänger Vorrang. In der holländischen
Stadt Houten haben Fußgänger und Radfahrer freie
Bahn, während Autos Umwege fahren müssen.
Ein Spaziergang erhöht die Durchblutung im Gehirn
um 30 bis 40 Prozent. „Geht doch mehr zu
Fuß!“, möchte man Stadtplanern,
Kommunalpolitikern, eigentlich allen Menschen zurufen
– und das nicht nur zum Weihnachtseinkauf.
Bewegliche Feiertage wünscht Ihnen Ihr
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