Service 3/2006

Schlichtungsstelle MobilitÄt

Hilfe bei Reisefrust

Mit der Bahn in den Urlaub – eigentlich eine entspannte Art zu reisen. Doch aus Entspannung wird schnell Ärger, wenn die Bahn Verspätung hat, der gebuchte Nachtzug nicht erreicht wird, der Urlaub erst Tage später beginnt und die DB keine Entschädigung zahlen will. Bei solchen Streitfällen im Fernverkehr hilft die Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD.

Foto: DB AG/Jazbec
Nun aber hurtig, sonst ist der Anschlusszug weg! Wenn die Bahn Verspätung hat, kann eine Urlaubsreise auch mal zum Hindernislauf werden.

Die Anreise stand unter einem denkbar schlechten Stern: Das Ehepaar hatte einen Linienflug von Hamburg nach Edinburgh gebucht, von Neustrelitz bis Hamburg sollte es mit dem Zug gehen, zwei Fahrräder inklusive. Fahrplanmäßige Ankunft am Hamburger Flughafen: 15.38 Uhr, Abflug: 18.35 Uhr. Ein ausreichender Zeitpuffer – dachten die Eheleute jedenfalls. Ihre Bahn brachte es auf der Strecke nach Güstrow jedoch auf insgesamt 40 Minuten Verspätung, den geplanten Anschlusszug Richtung Hamburg erwischten die Reisenden nicht mehr. Mit der alternativen Verbindung hatten sie auch kein Glück: Bis Schwerin fuhr der von einer Servicemitarbeiterin empfohlene Ausweichzug 60 Minuten Verspätung ein. In der Bahn kontaktierten die Eheleute ihre Fluggesellschaft und bekamen mitgeteilt, dass das Umbuchen auf einen späteren Flieger nicht empfehlenswert sei – der nächste ging nämlich erst wieder in drei Tagen. Letzte Chance: ein Großraumtaxi von Schwerin zum Hamburger Flughafen. Die Bahn übernehme die Kosten allerdings nicht, teilte der Zugbegleiter mit. Grund: Das Ehepaar war nicht mit einer normalen Fahrkarte unterwegs, sondern mit einem Mecklenburg-Vorpommern-Ticket. Die beiden hatten keine Lust, ihre Urlaubspläne zu begraben, nahmen das Taxi und erreichten gerade noch ihren Flieger. Taxikosten: 120 Euro. Als die Bahn sich weiterhin weigerte, Entschädigung zu zahlen, wandte sich das Ehepaar an die Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD. Deren Vorschlag zur Güte: Die Bahn stiftet den zwei Verspätungsopfern einen Reisegutschein in Höhe von 56 Euro. Beide Seiten akzeptierten das Schlichtungsangebot.

Dieser Abenteuertrip wider Willen ist einer von mittlerweile mehr als 3000 Streitfällen zwischen Reisenden und Fernverkehrsunternehmen, mit denen sich die im Dezember 2004 eingesetzte Schlichtungsstelle Mobilität bislang befasst hat. Alle Reisenden, denen auf Bahn-, Flug-, Schiffs- oder Busreisen unverschuldet Probleme entstehen, können sich an die Schlichtungsstelle wenden. Die Voraussetzungen: Es handelt sich weder um eine Fahrt mit dem Nahverkehr noch um eine Pauschalreise und die Kunden haben sich zuvor beim betreffenden Verkehrsunternehmen beschwert und waren mit der Antwort unzufrieden.

foto: DB AG/Schmid
Alle Reisenden wünschen sich, entspannt am Ziel anzukommen. Wenn’s doch mal Ärger gibt, vermittelt die Schlichtungsstelle Mobilität zwischen den Streitparteien.

Die Hälfte der Anliegen, die an die sechs Schlichterinnen und Schlichter bisher herangetragen wurden, bezog sich auf Flugreisen, etwa 43 Prozent betrafen den Bahnverkehr. „Bei Bahnreisen beschweren sich die Kunden vor allem über Verspätungen und Preisnacherhebungen, im Flugverkehr über Verspätungen und Annullierungen“, sagt Projektleiterin Anke Lobmeyer. Rund 2500 Fälle konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schlichtungsstelle bereits abschließen. „Darunter fallen erstens die geschlichteten Streitfälle – mittlerweile etwa 600 –, zweitens Anliegen, in denen Verbraucher nach einer allgemeinen Auskunft zum Thema Fahrgastrechte oder nach den richtigen Ansprechpartnern bei den Verkehrsunternehmen suchen“, erläutert Lobmeyer. Ihre Aufgabe sei es aber auch, darauf hinzuweisen, wenn Beschwerden zu weit gingen. Mittlerweile arbeitet die Schlichtungsstelle mit vielen Verkehrsunternehmen gut zusammen, sowohl mit der Deutschen Bahn als auch mit zahlreichen Fluggesellschaften wie KLM, Air France, dba, American Airlines, Condor und HLX.

Alle profitieren

Die Einrichtung der Schlichtungsstelle Mobilität geht auf eine Initiative des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) im Sommer 2004 zurück. Um die Rechte der Kundinnen und Kunden im öffentlichen Personenfernverkehr zu stärken bzw. besser durchzusetzen, engagierte sich das BMELV in Absprache mit dem Bundesverkehrsministerium für das Pilotprojekt zur neutralen außergerichtlichen Lösung von Streitfällen. Es entschied sich für den VCD als Träger der Schlichtungsstelle, da der Verband das Thema Mobilität auf alle Verkehrsmittel bezogen behandelt.

Die Arbeit der Schlichtungsstelle kommt Fahrgästen und Verkehrsunternehmen gleichermaßen zugute. „Verbraucher haben eine unabhängige Anlaufstelle, die ihnen einfach, ohne bürokratische Hürden und kostenlos zu ihrem Recht verhilft“, sagt die juristische Projektleiterin Birgit Zandke-Schaffhäuser. „Wir nehmen den Reisenden häufig den ge-samten Ärger ab und finden eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung. Wer sich an uns wendet, vermeidet in der Regel einen Gang vors Gericht, den damit verbundenen Stress und mögliche Prozesskosten.“ Die Verkehrsunternehmen profitieren von den außergerichtlichen Lösungen, weil sich eine erfolgreiche Einigung positiv auf die Kundenbindung auswirkt. Da-mit ist die Arbeit der Schlichtungsstelle Mobilität für die einen Trost bei entstandenem Reisefrust, für die anderen zusätzliche Imagewerbung.

Kirsten Lange

Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD,
Postfach 610249, 10923 Berlin,
Tel: (030) 469970-0 (Montag bis Freitag, 9 bis 14 Uhr),
E-Mail: schlichtungsstelle@vcd.org,
www.schlichtungsstelle-mobilitaet.org

 

 

Tipps für die Bahnreise

1. Wenn Sie sich für ein Ticket mit Zugbindung entschieden haben, achten Sie darauf, dass nur dieser gebuchte Zug benutzt werden kann. Wenn eine Verspätung des Vorgängerzuges dazu führt, dass Sie den gebuchten Zug verpassen, lassen Sie sich die Verspätung vom Zugbegleiter oder am Service-Point dokumentieren. Dann können Sie im Anschluss auch eine andere Verbindung nutzen.

2. Wenn Sie ein Ticket online gebucht oder bestellt haben, denken Sie daran, im Zug die richtige ID bei sich zu tragen, das heißt Ihre BahnCard, EC-Karte oder Kreditkarte.

3. Wenn Sie ein Angebot wie den Sparpreis nutzen wollen, kaufen Sie Ihr Ticket so früh wie möglich, denn alle Angebote sind grundsätzlich kontingentiert.

4. Kontrollieren Sie beim Kauf eines Fahrscheins immer genau, ob er wirklich die gewünschten Daten wie Abfahrtsdatum, Abfahrts- und Ankunftsort und Zuggruppe wie RE oder ICE enthält.

5. Führen Sie Ihre BahnCard immer bei sich. Denken Sie daran, dass Sie die BahnCard nur im Abo kaufen können.

6. Planen Sie bei Anschlüssen, vor allem an Flüge, immer ausreichend Zeitpuffer ein.

7. Beachten Sie an Ihrem Urlaubsort die jeweiligen Tarife der unterschiedlichen Verkehrsverbünde. Tipps gibt das Begleitbuch der VCD-Fahrplankarte Deutschland, zu bestellen unter www.vcd.org > Shop > Produkte.

 

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