Reise 3/2006

Radfahren im Geopark

Saurierspuren und Schlachtengetümmel

Im Osnabrücker Land liegt der Naturpark TERRA.vita – einer von insgesamt mehr als 90 Naturparken in Deutschland. Zehntausende Menschen reisen jährlich in die Großschutzgebiete, um sich in intakter Natur zu erholen, sich sportlich zu betätigen oder die regionale Kultur kennenzulernen. Im Naturpark TERRA.vita ist all dies möglich – und darüber hinaus bekommen Besucherinnen und Besucher einen Einblick in 300 Millionen Jahre Erdgeschichte. fairkehr-Autor Yörn Kreib hat sich auf eine viertägige Rad- und Wandertour gemacht.

Foto:Münch Fotodesign Georgsmarien
Wildromantische Ruinen, bunte Wiesen und der Teutoburger Wald: Im Osnabrücker Land finden Wanderer und Radfahrer zahlreiche Wege und Routen.

Steine, so weit das Auge reicht. Gekühlt von einer leichten Brise genießen wir den Blick von der Aussichtsplattform über den Steinbruch des Piesberges. Für den Laien eine grandiose Landschaftskulisse, für den Geologen ein Blick in die Erdgeschichte. Zwischen den Sandsteinschichten sind die schwarzen Bänder dünner Kohleflöze sichtbar. Bis 1898 wurde nördlich von Osnabrück Kohle abgebaut. Heute hat die Natur die alten Förderschachtanlagen fest im Griff. Baumriesen strecken sich durch die Dachskelette dem Himmel entgegen. Im Wechselspiel von Natur und Kultur steckt der Reiz des 1962 gegründeten Naturparks TERRA.vita, der sich vom großen Weserbogen an der Porta Westfalica über Osnabrück bis ins Artland und von Bielefeld bis Hörstel erstreckt.

Timo Kluttig ist einer von insgesamt 60 Naturpark-Rangern, die Besucher auf abwechslungsreichen Radtouren durch das Gebiet führen. Angesichts der landschaftlichen Vielfalt gerät Kluttig ins Schwärmen: „Ausgedehnte Moore, bizarre Felsformationen und märchenhafte Buchenwälder – das ist eine perfekte Umgebung zum Spurensuchen und Erholen.“ 300 Millionen Jahre Erdgeschichte sind hier sichtbar – Anlass genug, um den Naturpark konsequent auf den Themenkreis Erdgeschichte, Bergbau, Archäologie und Boden auszurichten. Diese Themen lassen sich auf insgesamt 17 ausgeschilderten Radstrecken, den sogenannten TERRA.trails, erfahren. Dabei ist manches Highlight mit einiger Kraftanstrengung verbunden – das Gelände ist teilweise sehr hügelig.

Foto:Münch Fotodesign Georgsmarien
Vor 150 Millionen Jahren lebten Saurier im heutigen Kurort Bad Essen. Sie haben ihre Fußabdrücke hinterlassen – in den Felsen von Barkhausen.

Timo Kluttig führt uns auf die Spuren der Römer. Mehr als 10000 Menschen fanden in Kalkriese am Nordrand des Wiehengebirges in der nach dem römischen Heerführer Varus benannten Varus-Schlacht im Jahr 9 n. Chr. den Tod. Die von Archäologen ans Tageslicht beförderten Ausgrabungsstücke sind im Museum zu besichtigen. Die Spuren weiterer Kämpfe begleiten uns auf der anschließenden Fahrt durch das Venner Moor. Die Wiedervernässung abgetorfter Flächen hat hier ein großflächiges Labyrinth aus Tümpeln, Wiesen und Gräben entstehen lassen. Gespenstisch schön.

Nach etwa 35 Kilometern im Sattel knurrt der Magen. Da kommt das von einem Graben eingefasste Schloss Hünnefeld gerade recht. Zwischen französischem Taubenturm und alten Rosenstöcken serviert die gebürtige Dänin Lene Freifrau von dem Bussche-Hünnefeld im Café „Alte Rentei“ persönlich Kaffee und Kuchen. Gestärkt steuern wir unser nächs-tes Ziel an: die Saurierspuren von Barkhausen. 150 Millionen Jahre ist es her, dass Dinosaurier die Gegend unweit des heutigen Kurortes Bad Essen unsicher machten. Majestätisch bewacht ein moderner Sauriernachbau die in den zwanziger Jahren entdeckten Fußabdrücke zwei verschiedener Saurierarten.

Wellness und Multikulti

Südlich von Osnabrück locken die ausgedehnten Wälder des Teutoburger Waldes. Wir tauschen den Drahtesel gegen Wanderschuhe. „Der Freeden blüht“ – diese Nachricht verbreitet sich Jahr für Jahr wie ein Lauffeuer unter Natur- und Wanderfreunden. Für kurze Zeit überziehen Lerchensporn, Buschwindröschen, Bingelkraut und Bärlauch den Waldboden des Berges mit einem Blüten- und Blätterteppich. Vor der nächsten Etappe entledigen wir uns der Wanderstiefel und kühlen unsere Füße bei einem erfrischenden Gang durch das Wassertretbecken.

Am Fuße des Iburger Schlosses, einst Residenz der Osnabrücker Bischöfe, starten wir zum Aufstieg auf den über 200 Meter hohen Kamm des Teutoburger Waldes. Beschwingt schreiten wir aus, genießen den sich immer wieder bietenden Talblick. Wälder aus knorrigen Buchen wechseln sich ab mit dunklen Fichtenforsten, der Weg verläuft in sanften Windungen und Steigungen. Nach knapp zwei Stunden erwartet uns eine überraschende Form von Multikulti: die Waldschenke „Malepartus“ – ein Stück Bayern in Norddeutschland. Bei einem gut gekühlten Dunkelbier, einer Brezel, frischem Apfelkuchen und einem Haferl Milchkaffee genießen wir die urige Biergartenatmosphäre.

Foto:Münch Fotodesign Georgsmarien
Frische Meeresbrise: In den Gradierwerken von Bad Rothenfeld rieselt Sole von der Decke – früher zur Salzgewinnung, heute für die Gesundheit.

Eine weitere Radetappe bringt uns am letzten Tag unserer Tour durch den Naturpark zu den Bad Rothenfelder Gradierwerken. Über einer zehn Meter hohen und über 400 Meter langen, mit Reisig ausgefüllten Fachwerkkonstruktion wird hier solehaltiges Grundwasser verrieselt. Was einst allein der Salzgewinnung diente, hat dem Ort seinen heutigen Status als Kurort beschert. Die frische Meeresbrise im Inneren des Bauwerks tut gut, bevor es mit dem Rad durch die Noller Schlucht wieder hinauf in den „Teuto“ geht, wie die Einheimischen ihren Wald liebevoll nennen.

„Der Naturpark ist das größte Outdoor-Fitness-Studio weit und breit“, sagt Ranger Timo Kluttig. „TERRA.vita bietet abwechslungsreiche Freizeitmöglichkeiten für alle Altersgruppen.“ Tatsächlich reichen vier Tage nicht aus, um die Vielfalt des seit 2001 auch als Geopark anerkannten Naturparks zu entdecken.

Yörn Kreib

Naturpark TERRA.vita, Am Schölerberg 1, 49082 Osnabrück, Tel.: (0541)
501-4217, Fax: (0541) 501-4424,
E-Mail: info@naturpark-terravita.de,
www.naturpark-terravita.de

 

 

Natours Reisen

Die Varus-Schlacht bei Kalkriese und die Gradierwerke in Bad Rothenfelde – Schlachtengetümmel im Norden und heilendes Salz im Süden, das und mehr ist der Naturpark TERRA.vita im Osnabrücker Land. Besucher bekommen einen Einblick in 300 Millionen Jahre Erdgeschichte. Der Veranstalter Natours Reisen bietet im Jahr der Naturparke Radtouren in die als Geopark ausgezeichnete Region an. Die Urlauber erwartet nicht nur spannende Historie, sie erleben auch Natur hautnah, beispielsweise die imposanten Hügelketten des Wiehengebirges und des Teutoburger Waldes.

Termine für die geführte Gruppenreise: 24.5.–28.5.2006, 21.7.–25.7.2006, 8.9.–12.9.2006
Preis: ab 299 Euro inkl. 4 x ÜF im DZ, 3 geführte Radtouren, Stadtführung Osnabrück mit dem Nachtwächter u.a.
Das Programm kann ganzjährig auch als individuelle Reise gebucht werden. Reisebeginn ist dann täglich möglich.

Natours Reisen GmbH,
Tel.: (05473) 9229-0,
E-Mail: info@natours.de, www.natours.de

 

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