Politik 1/2006

REGIONALFLUGHÄFEN

Prestigeobjekte
für Provinzfürsten

Nur fünf von 39 Regionalflughäfen in Deutschland kommen überhaupt in die Nähe kostendeckender Passagierzahlen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Deutschen Bank.

Quelle: ADV
Dank geringer Flughafengebühren und Nähe zum Rhein-Main-Gebiet bewegt Hahn die meisten Passagiere.

Betriebswirtschaftlich unrentabel und volkswirtschaftlich sinnlos, so lautet das Urteil der Wissenschaftler der Deutschen Bank über die meisten Regionalflughäfen in Deutschland. Die kritische Größe zum kostendeckenden Flughafenbetrieb liegt je nach Ausstattung bei einer halben bis zwei Millionen Passagieren pro Jahr. Keiner der 39 deutschen Regionalflughäfen erreicht die Zwei-Millionen-Grenze, fünf haben mehr als 500000 Fluggäste, 19 kommen auf weniger als 10000.

Warum also werden gegen alle wirtschaftliche Vernunft immer weiter Regionalflughäfen ausgebaut? Allzu oft führt ein ungutes Gemisch aus Prestigesucht regionaler Politiker, Interessen einzelner Unternehmen oder politischem Konkurrenzgehabe mit dem Nachbarbundesland zu Millioneninvestitionen ohne Sinn und Verstand. Die planungsrechtliche Hoheit für Flughafenprojekte liegt bei den Bundesländern, so dass es zu bizarren Parallelplanungen in unmittelbarer Nähe kommt. Die eh kaum überlebensfähigen Kleinst-Airports kannibalisieren dann noch den Nachbarn.

Die Forscher von „Deutsche Bank Research“ stellen fest, dass es in Deutschland längst genug Flughafenkapazitäten gibt. 95 Prozent der Bevölkerung erreichen innerhalb von maximal 90 Minuten einen Verkehrsflughafen. Bar jeder ökonomischen Vernunft sind daher Vorhaben wie der geplante Ausbau des Flughafens Kassel-Calden. Nur 75 Kilometer trennen ihn von dem relativ erfolgreichen Flughafen Paderborn-Lippstadt. Immerhin 1,3 Millionen Passagiere sind dort im Jahr 2004 abgeflogen und gelandet. Damit bewegt er sich gerade so an der Grenze zur Rentabilität. Der Ausbau von Kassel-Calden würde die zur Wirtschaftlichkeit notwendigen Passagiere abziehen. In Kassel würden großspurig Arbeitsplätze versprochen, die in gleichem Umfang in den Nachbarflughäfen verloren gingen. In jedem Fall blieben beide Airports dauerhaft Subventionsempfänger.

Die Grünen im Landtag von NRW haben die öffentlichen Gelder quantifiziert, mit denen die Rollbahnen der Regionalflughäfen gepflastert werden. Die Flughafen Dortmund GmbH hat demnach von 2000 bis 2004 einen Verlust von 77 Millionen Euro ausgewiesen. Ausgeglichen wird das Defizit von den Dortmunder Stadtwerken. Das heißt, jeder Dortmunder Bürger bezahlt mit seiner Strom-, Gas- oder Wasserrechnung einen spürbaren Flughafenaufschlag.

Ein besonders plakatives Beispiel unverantwortlicher Flughafenplanung ist der Niederrhein-Flughafen in Weeze. Auf insgesamt 24 Millionen Euro beziffern die NRW-Grünen die Schulden der Flughafen GmbH beim Landkreis Kleve. Die Aussicht auf Rückzahlung besteht seit dem 3. Januar faktisch nicht mehr. Das Oberverwaltungsgericht Münster kassierte nämlich die Betriebsgenehmigung für den Niederrhein-Airport, weil die Lärmschutzinteressen der Bevölkerung nicht in angemessener Form berücksichtigt worden waren.

Das wirtschaftliche Betreiben von Regionalflughäfen ist in vielen Fällen aufgrund der extrem niedrigen Landegebühren für Billigairlines kaum möglich. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft deutscher Luftfahrtunternehmen erhält Ryanair am Lübecker Flughafen seit dem Jahr 2000 in jedem Jahr rund zwei Millionen unerlaubter staatlicher Beihilfen. Oft machen sich Regionalflughäfen auf Gedeih und Verderb von einer einzigen Billigfluglinie abhängig. Da die Prognosen für viele dieser Low-Cost-Carrier nicht gerade rosig aussehen, ist dies ein Vabanque-Spiel im Umgang mit kommunalen Finanzen.

Die grüne Landtagsfraktion in Düsseldorf leitet aus dieser Geldverschwendung unter anderem folgende Forderungen ab: Eine bundesweite Flughafenplanung müsse her. Außerdem solle sich die Landesregierung für eine bundesweit einheitliche Regelung von Start- und Landegebühren einsetzen und unzulässige Subventionen abstellen.

Die Forscher der Deutschen Bank ziehen folgendes Fazit: „Der Ausbau von unwirtschaftlichen, von der öffentlichen Hand finanzierten Regionalflughäfen führt zu Kapitalvernichtung, zum Teil zu Subventionen an ausländische Low-Cost-Carrier durch den Steuerzahler und Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten von traditionellen Airlines“.

Die Analyse ist eindeutig. Jetzt wäre der Bundesverkehrsminister am Zug.

Michael Adler

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