Service 6/2005

PflanzenÖl tanken

Frisch gepresst

Statt mit (Bio-)Diesel lässt sich auch mit reinem Pflanzenöl Auto fahren.

Foto: Petra Steuer/Joker
Tanken bei Aldi ist möglich, aber ökologisch völlig unsinnig, weil auch noch Berge von leeren Ölflaschen anfallen.

PflanzenÖl ist etwas für Puristen: Frisch gepresst kommt das Öl in den Tank. Nach Schätzungen von Experten gibt es derzeit deutschlandweit rund 20000 Fahrzeuge, die mit unraffiniertem Pflanzenöl betrieben werden. Allerdings ist Pflanzenöl grundsätzlich nur bei Dieselmotoren einsetzbar. Und auch nur dann, wenn versierte Automechaniker technische Veränderungen vornehmen. „Ein Umrüster sollte dem Fahrzeughalter eine Garantie geben, sonst raten wir davon ab“, sagt Patric Bies vom Bundesverband Pflanzenöle e.V.
Aktuell gibt es etwa fünfzehn professionelle Umrüstbetriebe in Deutschland, doch sind die Qualitätsstandards bisher noch nicht genau definiert. Die Preise liegen bei durchschnittlich 2000 Euro. Außerdem können Komplikationen entstehen, auch wenn der Wagen fachgerecht umgerüstet wurde. Zum Beispiel beim Kaltstart. So zündet das Naturprodukt Pflanzenöl erst bei einer Zündtemperatur von ungefähr 300 Grad. Außerdem hat nicht raffiniertes Öl einen höheren Wassergehalt als raffiniertes. Wasser kann Korrosionen verursachen und lässt beizeiten Kraftstofffilter aufquellen.

Darüber hinaus ist jede Ölcharge – bisher zumindest – noch unterschiedlich gut gefiltert. Verbleibende Schleimstoffe können Düsen und Kraftstofffilter verstopfen. „Daher ist eine konstant hohe Pflanzenölqualität für den weiteren Erfolg dieses Kraftstoffes sehr wichtig“, betont Jürgen Breunig. Der Fachreferent vom Bundesverband Biogene Kraftstoffe erkennt aber trotz bestehender Schwierigkeiten ein „hohes Wachstumspotenzial“. „Vor allem im Speditionsgewerbe gibt es viele Unternehmen, die von Biodiesel auf Pflanzenöl umsteigen wollen.“

Der Hauptgrund hierfür liegt sicherlich im Preis. Im Moment kostet ein Liter Pflanzenöl, das in etwa den gleichen Energiegehalt wie Biodiesel hat, etwa 60 bis 70 Cent, der Preis für Biodiesel liegt bei etwas über einem Euro. Netter Nebeneffekt bei der Umstellung von Biodiesel auf Pflanzenöl ist die Tatsache, dass noch weniger CO2 das Klima belastet. Beim Biodiesel werden die natürlich vorliegenden Fettsäuren im Pflanzenöl quasi umfunktioniert: Die sogenannte Umesterung der Fettsäuren ersetzt Glycerinmoleküle durch Methanol, so dass am Ende Fettsäure-Methylester entsteht, daher auch der Begriff RME (Raps-Methylester).

Obwohl verschiedene Ölpflanzen, ob nun Distel, Sonnenblumen oder Ölleinen, den Rohstoff für den Biokraftstoff liefern könnten, handelt es sich beim Pflanzenöl in den Tanks deutscher Kraftfahrzeughalter zu fast hundert Prozent um Rapsöl. Rund 1,4 Millionen Hektar Raps werden hierzulande angebaut – was ökologisch nicht unbedenklich ist: Wie bei allen Monokulturen setzen die Bauern große Mengen Pestizide und Dünger ein. Dabei entsteht das klimaschädliche Stickoxid. Während ein großer Teil des Raps in die Herstellung von zwei Millionen Tonnen Biodiesel geht, ist die Pflanzenölproduktion noch eine Randerscheinung. Zwar stellen schon rund 200 Ölmühlen das Pflanzenöl her, doch da die Nachfrage nach dem puren Kraftstoff eher bescheiden ist, existiert bisher gar kein engmaschiges Tankstellennetz. Da es aber keinerlei Gefahr für das Grundwasser ist und aufgrund des hohen Flammpunktes von über 220 Grad nicht als Gefahrengut gilt, kann es in unbegrenzten Mengen transportiert und gelagert werden. Also auch in der heimischen Garage.

Dierk Jensen

 

 

VCD Empfehlung

Pflanzenöl ist ökologisch sehr gut geeignet als Kraftstoff für Fahrzeuge, die auf unversiegelten Böden fahren, wie Traktoren oder Forstfahrzeuge. Deshalb fordert der VCD, dass die Politik die Umrüstung landwirtschaftlicher Fahrzeuge und Maschinen fördert. Zu finanzieren ist dies durch den Abbau der ökologisch unsinnigen Subvention von herkömmlichem Diesel, der unter der Mogelpackung „Agrardiesel“ in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Der VCD empfiehlt Autofahrern zurzeit nicht, ihren Pkw auf den Betrieb mit reinem Pflanzenöl umrüsten zu lassen. Die Entwicklung der Mineralölsteuerbefreiung ist unklar und die Verfügbarkeit von Pflanzenöl an Tankstellen nicht gegeben. Hochwertige Partikelfilter funktionieren bei heutiger Technik nicht bei Pflanzenölen. Der VCD unterstützt eine Beimischungspflicht von Biokraftstoffen zu herkömmlichem Benzin oder Diesel, wie sie auch die neue Bundesregierung anstrebt. Diese Verpflichtung muss ambitionierte Mengenziele enthalten und sicherstellen, dass beim Anbau von Energiepflanzen ökologische und soziale Mindestkriterien eingehalten werden und regionale Wirtschaftskreisläufe gestützt werden.

 

 

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