Politik 3/2005

Gesundheit

Macht Kinder mobil

Kinder bewegen sich im Alltag immer weniger. Das hat schwerwiegende Folgen: Mindestens jedes zehnte Kind ist zu dick. Hinzu kommen pyschomotorische Störungen und Defizite im Orientierungssinn. fairkehr stellt Projekte vor, die diesen Trend umkehren möchten.

Fotos: Marcus Gloger

Fibel für Eltern

Viele Eltern halten es für das Beste, ihre Sprösslinge mit dem Auto zu kutschieren, und gefährden damit die Sicherheit der Kinder, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Außerdem nehmen sie den Kleinen die Chance, sich im Alltag ausreichend zu bewegen und sich mit ihrer Umgebung auf eigene Faust vertraut zu machen. Die Mobilitätsfibel des VCD-Kreisverbands Hannover will Abhilfe schaffen. Übersichtlich und gut verständlich beschreibt die Broschüre, wie Kinder zu Fuß, mit Roller oder Rad mobil werden. Eltern bekommen Tipps, wie sie ihren Nachwuchs sicher auf einen eigenen Weg bringen. Am Ende jedes Kapitels gibt es eine Seite für Kinder, zum Beispiel mit Übungsvorschlägen für den Roller oder einem Fahrradquiz. Außerdem bietet die Broschüre Informationen über Beratungs- und Service-Angebote in der Region Hannover. Damit werden nicht nur Kinder mobil.

VCD Kreisverband Region Hannover
Tel.: (0511) 1640328 hannover@vcd.org

Bewegung macht schlau

Unter diesem Motto stand das Bremer Projekt „Bewegte Kindheit – Erziehung durch Bewegung, Sport und Spiel“, das der VCD Landesverband im Herbst 2004 zusammen mit dem Landessportbund Bremen und dem Verein SpielLandschaftStadt e.V. organisierte. In diversen Workshops, die in vier verschiedenen Stadtteilen statt fanden, entwickelten Lehrer, Erzieher und Schüler gemeinsam Bewegungsangebote für Kinder. Sie erarbeiteten beispielsweise, wie sich Schulwege mit Elementen, die zum Klettern und Spielen anregen, spannender gestalten lassen. Ziele des Bremer Projekts: Mobilität zum selbstverständlichen Bestandteil im Alltag der Kinder zu machen und bestehende Spiel- und Sportaktivitäten in den Stadtteilen zu vernetzen. Im Rahmen der Bremer Städtepartnerschaft mit Riga und Danzig wollen die Kooperationspartner „Bewegte Kindheit“ bald auf europäischer Ebene fortführen. „Wir machen weiter“, sagt Rosi Schwarting, Koordinatorin des Projekts beim VCD Bremen. Die Ergebnisse der Bremer Workshops sind in einer Broschüre und auf CD-ROM veröffentlicht worden. Eine Anregung für alle, die Kinder in Bewegung bringen wollen.

VCD Landesverband Bremen e.V.
Rosi Schwarting
Tel.: (0421) 702191
vcdbremen@t-online.de

Mehr Spielraum für Kinder

SpielLandschaftStadt e.V. in Bremen setzt sich seit Oktober 1999 für eine kinder- und familienfreundliche Umwelt ein. Im Rahmen der Gemeinschaftsaktion „SpielRäume schaffen“ mit dem Deutschen Kinderhilfswerk und dem Jugendsenator versucht der Verein, neue Spielflächen in der Stadt zu erschließen. In einem digitalen Spielflächen-Informationssystem sollen alle Aktionsräume und Spielplätze erfasst und abrufbar gemacht werden. Wer neue Flächen für Kinder schaffen möchte, wird vom Verein beraten und finanziell gefördert. SpielLandschaftStadt e.V. gibt jährlich eine Zeitschrift heraus. Die Ausgabe 2004 beschäftigt sich mit dem Thema „Bewegte Kindheit“.

SpielLandschaftStadt e.V.
Tel.: (0421) 24289550 e.brodeck@spiellandschaft-bremen.de
www.spiellandschaft-bremen.de

Der laufende Bus

Auch das Eltern-Taxi zur Grundschule kommt immer mehr in Mode – mit all seinen Nachteilen für Sicherheit und Mobilität der Kinder. Um diesem Trend entgegen zu wirken, kam Andrea Mast aus Hallberg-Moos bei München vor etwa drei Jahren auf den Gedanken, „walking busses“ zu organisieren. Die Idee stammt ursprünglich aus Großbritannien und wird mittlerweile in bis zu 50 Gemeinden in Deutschland umgesetzt: Kinder gehen in Gruppen zur Schule und werden dabei von zwei Erwachsenen begleitet. Wie ein Schulbus hält der „walking bus“ auf dem Weg an vorher festgelegten Haltestellen. Die Grundschüler lernen, viele Wege auch ohne Auto zu bewältigen und sich im Straßenverkehr richtig zu verhalten. Kritik kommt vom Fußgängerschutzverein Fuß e.V.: Die Selbstständigkeit der Kinder werde möglicherweise eingeschränkt, wenn sie in größeren Gruppen gingen. Der „walking bus“ solle deshalb nur als Übergang zu einem eigenständigen Schulweg dienen.

Andrea Mast
Tel.: (0811) 94066
info@mast-eurokralle.de

Fit-Sein macht Schule

Mit der Initiative „Gesunde Schule“ unterstützt die Techniker Krankenkasse (TK) Schulen finanziell, die sich mit langfristigen Projekten in der Gesundheitsförderung engagieren. Einbezogen werden sollen dabei neben Schülern und Lehrern auch nicht-unterrichtendes Personal und Eltern. Über 70 Schulen nehmen das Angebot der TK bereits in Anspruch. Interessierte Schulen können noch mitmachen!

Antragsunterlagen: Tel.: (01805) 858547, Maike.Schmidt@tk-online.de www.gesundeschule.tk

Kids im Quartier

Welche Ansprüche haben Kinder und Jugendliche an ihre Stadt- und Wohngebiete? Wie mobil sind sie und wie mobil wollen sie sein? Diesen Fragen ist der Forschungsverband EVALO in seinem Projekt „Kids im Quartier – Altersbedingte Ansprüche von Kindern und Jugendlichen“ nachgegangen. Im Auftrag des Bundesforschungsministeriums untersuchte EVALO seit 2001 drei Jahre lang Wohngebiete in den Städten Kassel, Herten und Velbert und befragte insgesamt über 1000 Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern. Die Studie wurde vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW) veröffentlicht. „Kids im Quartier“ gibt unter anderem Auskunft darüber, wie oft und zu welchen Gelegenheiten sich junge Menschen in ihrem Viertel aufhalten und wie sie sich dort fortbewegen. Mit Fotos, Karten und Grafiken beschreibt die Broschüre, wie Wohngebiete aussehen, die sich den Bedürfnissen junger Menschen anpassen – und nicht andersherum.

ILS NRW
Ulrike Reutter, Tel.: (0231) 9051275
fb-mobilitaet@ils.de

Zusammen mehr erreichen

Dieser Gedanke steht hinter dem bundesweiten VCD-Arbeitskreis (AK) „Kinder und Jugendliche im Verkehr“. Mittlerweile haben sich dem AK etwa zehn Landes- und Kreisverbände angeschlossen, die sich zwei- bis dreimal im Jahr an verschiedenen Orten in der Bundesrepublik treffen. „Der Erfahrungsaustausch hat gezeigt, dass an vielen Orten ähnliche oder gleiche Probleme gelöst werden müssen“, so Bärbel Jochum-Mann, Sprecherin des Arbeitskreises. „Es ist sinnvoll, Ideen zusammen zu tragen.“ Ziel ist es, gute regionale Projekte möglichst schnell so aufzubereiten, dass sie von anderen VCD-Verbänden übernommen werden können – wie zum Beispiel die „Mobilitätsfibel“ des Kreisverbands Region Hannover. Außerdem müsse die Mobilitätserziehung fest in den Lehrplänen aller Schulformen verankert werden, betont Jochum-Mann. Sie komme besonders in den höheren Jahrgangsstufen zu kurz. Alle VCD-Landes- und Kreisverbände sind herzlich dazu aufgerufen, im Arbeitskreis „Kinder und Jugendliche im Verkehr“ aktiv zu werden. Das nächste Treffen ist am 13. August in Berlin.

Bärbel Jochum-Mann
baerbel.jochum@vcd-berlin.de

Noch mehr Tipps und Anregungen bietet diese kommentierte Linkliste.

Kirsten Lange

Neue Bücher

Weg von der klassischen Verkehrserziehung hin zur Bildung für eine nachhaltige Mobilität: Diesem Wandel folgend stellt Philipp Spitta in seinem „Praxisbuch Mobilitätserziehung“ die Möglichkeiten einer umfassenden Mobilitätserziehung in der Schule heraus. Neben didaktischen Überlegungen gibt Spitta konkrete Tipps, weiterführende Literatur und Kopiervorlagen von Arbeitsblättern zu verschiedenen Unterrichtseinheiten. Das Buch richtet sich in erster Linie an Lehrer und Lehrinnen der Grundschule.

Spitta, Philipp: Praxisbuch Mobilitätserziehung, Schneider Verlag Hohengehren 2005, ca. 20 Euro.

 

Der Beratungsleitfaden „Nachhaltige Mobilität“ möchte zu einer aktiven Verbesserung der Verkehrssituation an Schulen beitragen und das Interesse für umweltschonende Verkehrsmittel wecken. So wird beispielsweise in sechs einfachen Schritten erläutert, wie man ein Mobilitätsprojekt (z.B. Walking Bus) vor Ort an einer Schule umsetzen kann. Die beiliegende CD-Rom gibt Lehrern konkrete Vorschläge, wie sie das Thema Mobilität von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II in den Unterricht einbinden können. Projektbeispiele von bereits durchgeführten Aktionen an Schulen und Vorlagen für Elternbriefe ergänzen die fächerübergreifenden Unterrichtsvorschläge.

IFEU/VCD/UBA: Nachhaltige Mobilität in der Schule, Beratungsleitfaden plus CD-Rom

 

Die Publikationen sind ab Juli beim VCD erhältlich: VCD-Versandservice, Heinrich-Sommer-Str. 13, 59939 Olsberg, Tel. (02962) 800152, bestellung@vcd.org

 

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