Titel 1/2005

Verkehrsfinanzierung

Das Geschäft mit der Mobilität

Viele Schüler dürfen demnächst länger schlafen. Da Ländern und Kreisen das Geld für den Schülerverkehr ausgeht, werden die Schulen dazu angehalten, den Unterrichtsbeginn zu staffeln und den Einsatz der Schulbusse so zu minimieren. Schön, wenn Ausschlafen dabei hilft, den kommunalen Schuldenberg abzubauen.

Schülerticket

Foto: www.marcusgloger.de

Pech für junge Leute: Der Schülerverkehr gehört nicht zu den prestigeträchtigen Projekten, mit denen sich Politiker gerne schmücken.

Ärgerlich allerdings, wenn diese Einsparungen dazu dienen, die gleichen Schüler vom lokalen Regionalflughafen aus am Wochenende günstig nach Rom, London oder Barcelona fliegen zu lassen.

Das hat nichts miteinander zu tun? Hat es wohl! Denn viele Länder finanzieren mit ihren knappen Mitteln tatsächlich lieber den Flug- als den Schülerverkehr.

Fliegen ist billig. Das weiß, dank öffentlich finanzierter Marketingkampagnen für die Billigflugairlines, inzwischen jedes Kind (siehe Seite 18). Öffentlicher Verkehr dagegen ist nicht zu bezahlen. Das ist zumindest der Eindruck, den Diskussionen wie die um den Schülerverkehr bei Bürgern und Kunden hinterlassen.

Richtig ist: Egal, ob Bus, Bahn, Auto oder Flugzeug – Mobilität ist umsonst nicht zu haben. Nicht einmal der günstige Radverkehr ist ohne öffentliche Zuschüsse zu finanzieren. In Zeiten knapper Kassen ist es daher besonders wichtig zu kalkulieren, welcher Euro in welches Verkehrsmittel investiert für möglichst viele Bürger die gewünschte Mobilität bringt. Seltsamerweise weiß kaum eine Kommune darüber bescheid, was sie insgesamt in Mobilität investiert (siehe Seite gegenüber).

Ein zweites Problem: Die Vorstellungen darüber, was nötig oder wünschenswert ist, liegen weit auseinander. Statt Gesamtlösungen zu suchen, kämpfen die verschiedenen Verkehrslobbyisten um die knappen Ressourcen. Da hat ein prestigeträchtiges Groß-projekt immer bessere Chancen als die für die Alltagsmobilität wichtige Investition in einen Ortsbus. Beispiel Brandenburg: Das Land könnte sich den neuen Großflughafen Schönefeld sparen. Nur 30 Kilometer von Berlin entfernt liegt der ehemals russische Mitlitärflughafen Sperenberg. Würde dieser saniert, könnte das Land Brandenburg seiner Bevölkerung viele Jahre eine akzeptable Mobilität bieten, ohne auf Qualität beim Flugverkehr verzichten zu müssen (mehr dazu siehe Seite 21). Statt dessen stirbt der öffentliche Nahverkehr im ländlichen Raum und internationale Flugplätze haben in Deutschland Hochkonjunktur.

Fortsetzung folgt: Mehr zum Thema Verkerhsfinanzierung gibt es in der fairkehr-Ausgabe 2/2005. Sie wird sich mit der Frage beschäftigen, was die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den öffentlichen Verkehr vorschreiben, woher die Gelder kommen und wie ÖPNV profitabel zu betreiben ist.

 

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