Service 1/2005

Wartungsarme Fahrradtechnik

Das Rundum-Sorglos-Rad

Die Vielfalt an Fahrrädern nimmt eher zu als ab und die ehemals simple Fahrradtechnik wird unübersichtlicher. Doch sollte man sich davon nicht abschrecken lassen. Im Innern ist die moderne Fahrradtechnik zwar etwas komplizierter geworden, doch lässt sie sich einfacher bedienen und braucht in vielen Fällen sogar weniger Wartung – wenn man das richtige Modell mit den richtigen Komponenten auswählt. Dazu ein paar Tipps und Hinweise auf die besten Produkte.

Foto:www.adfc.de

Ob Alltag oder Urlaub: Mit dem richtigen Rad ist jede Fahrradtour ein Vergnügnen.

Ein leidenschaftlicher Radfahrer muss nicht gleichzeitig auch ein echter Technikfreak sein. Der Wunschtraum jedes Alltagsradlers: Das Fahrrad soll immer bereit sein, gut laufen, nicht holpern und nicht quietschen. Selber schrauben, schmieren oder Schläuche wechseln? Nein danke. Aber auch die Wartung in der professionellen Fahrradwerkstatt braucht Zeit – Zeit die man nicht fahren kann …

So fahren viele lieber immer weiter auf ihrem guten alten Stück, leben mit seinen Defekten und Unzulänglichkeiten, solange es eben rollt. Verzichtet wird dabei auf Sicherheit, aber auch auf Komfort. Denn Komfort bedeutet nicht nur Federung, sondern auch leichtgängiges Fahren fast ohne Wartungsaufwand. Das gibt es tatsächlich, heute viel besser als vor Jahren – wenn man beim Kauf auf die richtige Ausstattung achtet.

Dicke Reifen rollen leichter

Fotos: velopress Barzel

Der dicke Big Apple von Schwalbe kann zweierlei: mit geringem Luftdruck (erlaubt!) federt er feine Stöße ab und mit vollem Luftdruck rollt er schnell wie ein Rennradreifen.

Was das wichtigste beim Rad fahren ist, merkt man erst, wenn es fehlt: die Luft im Reifen. Die entweicht nicht nur beim gefürchteten Plattfuß, sondern auch im Normalzustand kontinuierlich. Deshalb sollte man regelmäßig alle zwei bis vier Wochen nachpumpen. Das verlängert zudem die Lebensdauer des Reifens. Am einfachsten geht das mit einer Standpumpe mit Druckmesser (Manometer), denn moderne Reifen brauchen hohe Druckwerte (genaue Angabe auf der Reifenflanke), die man per Daumendruck nicht mehr erfühlen kann. Wer die regelmäßige Luftdruckkontrolle vernachlässigt, ist mit dicken Reifen besser dran.

Viele Plattfüße entstehen nicht durch Glassplitter oder Nägel, sondern durch zu wenig Luft im Reifen. Da reicht es dann, den Bordstein wie gewohnt mit etwas Schwung hochzufahren oder ein größeres Schlagloch zu erwischen, und der Schlauch wird zwischen Reifen und Felge gequetscht. Ergebnis: zwei gegenüberliegende Löcher im Schlauch, die wie der Biss einer Schlange aussehen, weshalb dieser Schaden auch snake bit genannt wird. Breitere Reifen sind dagegen unempfindlicher und – was viele nicht wissen – sie rollen leichter als schmale, bei gleichem Profil und gleichem Luftdruck. Gegen Glassplitter und dergleichen schützen in Qualitätsreifen moderne Schutzgürtel aus Aramid (daraus sind auch schusssichere Westen) oder Spezialkautschuk. Mit genügend Luft sind diese Reifen im Vergleich zu normalen Modellen nahezu „unplattbar“.

Licht leuchtet wie von selbst

Zweithäufigstes Ärgernis nach dem Platten ist die Lichtanlage. Entgegen anders lautenden Pressemeldungen wird die dynamobetriebene Lichtanlage in Deutschland auch nach der angekündigten Änderung der Straßenverkehrs- und Zulassungsordnung (StVZO) Pflicht bleiben. Das ist aber kein Problem, denn bei City- und Trekkingrädern sind Nabendynamos ab der mittleren Preisklasse (ab 500 Euro) inzwischen fast Standard. Diese modernen Lichtmaschinen laufen leicht, lautlos und bei jedem Wetter. Da spürt man gar nicht mehr, dass man mit Licht fährt, zumal es bei den hochwertigen Sensorscheinwerfern automatisch bei Dämmerung eingeschaltet wird. Das funktioniert auch tagsüber selbst bei einer Bahnunterführung.

Im Rücklicht hat die nahezu unverwüstliche Leuchtdiode (LED) das Glühbirnchen bereits in der Regel ersetzt, Standlichtfunktion inklusive. Für vorne gibt es jetzt die ersten Scheinwerfer mit Leuchtdiode. Die Qualität ist noch sehr unterschiedlich, doch der Dlumotec topal von Busch und Müller kann mit Halogenscheinwerfern konkurrieren. Er scheint zwar bei hohen Geschwindigkeiten nicht ganz so hell, leuchtet aber den Weg breiter und homogener aus, vor allem bei langsamer Fahrt. Doppeladrige Kabel und Steckerverbindungen an den Lampen vermeiden die altbekannten Leitungsprobleme weitgehend.

Mit zwei Fingern bremsen

Fotos: velopress Barzel

Maguras hydraulische Felgenbremse ist gut für Trekkingräder geeignet

War früher die Rücktrittbremse eine Art Lebensversicherung, weil sie bei jedem Wetter sicher funktionierte, kann sie heute mit den modernen Felgen-, Trommel- und Scheibenbremsen nicht mehr mithalten. Die „V-Brakes“, wie die modernen Felgenbremsen wegen ihrer v-förmig angeordneten Bremsschenkel heißen, verzögern so stark, dass normalerweise zwei Finger am Bremshebel sogar für eine Vollbremsung ausreichen. Damit leichte Fahrerinnen und Fahrer bei Schreckbremsungen nicht über den Lenker gehen, haben die meisten V-Bremsen heute eine Bremskraftbegrenzung. Das erstmalige Bremsen mit den modernen Fahrradbremsen sollte man abseits des Verkehrs vorsichtig ausprobieren.
Auch die Trommelbremsen reichen in ihrer Bremswirkung inzwischen fast an die Felgenbremsen heran. Sie wiegen zwar schwerer, sind dafür aber besonders wartungsarm. Außerdem verschleißen die Felgenflanken nicht durchs Bremsen. Das heißt, es gibt auch nicht den unangenehmen Bremsschmier, der bei jedem Abschließen des Rades dreckige Finger macht. Die großen Kühlscheiben der modernen Trommelbremsen erinnern zwar an Scheibenbremsen, doch richtige Scheibenbremsen bremsen noch deutlich stärker. Sie bieten insgesamt gesehen die größte Bremswirkung. Ein leichtes Schleifgeräusch muss man bei Scheibenbremsen aber gelegentlich in Kauf nehmen.

Die meisten Bremsen werden nach wie vor per Seilzug betätigt. Leichter zu bedienen und am besten zu dosieren sind hydraulische Bremsen. Diese sind besonders wartungsarm, weil kein Bremszug geschmiert werden muss oder im Winter einfriert. Außerdem können die Bremsklötze bei hydraulischen Felgenbremsen ohne Werkzeug und Neujustieren gewechselt werden.

Locker die Berge hoch fahren

Fotos: velopress Barzel

14 Gänge in der Nabe: Die Königin der Nabenschaltungen kommt von Rohloff.

Viele Gänge sind kein Luxus, denn auch der „Motor Mensch“ hat einen optimalen „Drehzahlbereich“, in dem er seine Leistung am besten abgeben kann, das heißt mit dem geringsten Krafteinsatz. Die wartungsarmen Nabenschaltungen gibt es inzwischen mit drei, vier, fünf, sieben, acht und vierzehn Gängen. Standard ist die Sieben- oder die neue Achtgang-Nabe. Damit hat man in der Regel ausreichend viele Übersetzungen zur Verfügung.
In bergigen Gegenden sind allerdings noch leichtere Gänge gefragt. Hier ist Rohloffs 14-Gang-Nabe Speedhub unschlagbar. Sie bietet so viele Übersetzungen wie eine 27-Gang-Kettenschaltung (da haben einige Gänge die gleiche Übersetzung) bei gleich geringem Gewicht. Der hohe Anschaffungspreis (ca. 800 Euro) amortisiert sich über die Jahre, da die Nabe praktisch nicht verschleißt. Etwas preisgünstiger ist die Kombination einer 7- oder 8-Gang-Nabe mit dem geschlossenen Tretlagergetriebe von Schlumpf (ca. 450 Euro). Es verdoppelt die Anzahl der Gänge und ist auch nachrüstbar.

Wer viele Gänge braucht und weniger Geld ausgeben will, fährt trotz des etwas höheren Wartungsaufwandes sehr gut mit einer Kombination aus Dreigangnabe und 7-, 8-, oder 9-Gang-Kettenschaltung (Sram Dual Drive, Shimano Intego). Sie lassen sich einfach bedienen und mit einem guten Kettenschutz ausrüsten. Vorteil gegenüber einer reinen Kettenschaltung: Die Dreigangnabe ist auch im Stand zu schalten.

Aber auch die neuen Kettenschaltungen Shimano Nexave C500 und C600 sind kinderleicht per Knopfdruck zu bedienen. So viel Schaltkomfort gab es bei Kettenschaltungen noch nie. Wer gar nicht gerne schaltet, aber trotzdem im Sitzen den Berg hoch fahren will, kann automatische Schaltungen wählen. Die funktionieren inzwischen gut (vgl. Kasten Smover).

Schluss mit Kette schmieren

Fotos: velopress Barzel

Leicht und filigran ist der Kettenvollschutz Country von Utopia. Er passt allerdings nur bei Nabenschaltungen.

Verschmierte Hosenbeine müssen nicht sein, wenn die Kette gut geschützt ist, wie es allerdings nur bei Nabenschaltungen möglich ist. Moderne Kettenkästen à la Hollandrad lassen sich leicht öffnen. Utopias geschlossener Kettenschutz Country ist sehr kompakt, leicht und leise. Er passt aber nur an Fahrräder ohne Rahmenfederung. riese und müller, die Spezialisten für voll gefederte City- und Trekkingräder, bieten mehrere Modelle an, bei denen die Kette geschützt durch den hinteren Rahmen (Hinterradschwinge) geführt wird. Sehr gespannt darf man auf den neuen Chainglider von Hebie sein, der in diesem Frühjahr auf den Markt kommt. Hebie spricht lieber vom Getriebeschutz als vom Kettenschutz, weil er außer der Kette auch die Zahnräder vollständig umkleidet.

Die Alternative zur Kette ist ein Antrieb mit Zahnriemen oder Kardanwelle. Der neu entwickelte Zahnriemenantrieb von Bridgestone in den Rädern von Corratec funktioniert gut. Mit dem neuen taiwanesischen Kardanantrieb in einigen Fahrrädern (Hartje, Raleigh) gibt es bis jetzt kaum Erfahrungen. Nach wie vor wird das bewährte Fendt-Kardan-Fahrrad in kleinen Stückzahlen gebaut (www.fendt-kardan-fahrrad.de, Tel. 02181/5540).

Federung: mehr als Komfort

Federung ist keinesfalls nur etwas für „Weicheier“. Sie entlastet Wirbelsäule, Handgelenke, Schultern und Kopf erheblich. Und sie sorgt für einen besseren Bodenkontakt auf holprigen Strecken, das heißt für mehr Sicherheit. Federung bedeutet aber immer mehr Gewicht und mehr Wartungsaufwand. Einmal im Jahr (alle 3000 bis 5000 km) sollte eine Federgabel nachgefettet werden. Gegebenenfalls müssen auch Dichtungen erneuert werden. Steht das Fahrrad viel ungeschützt draußen, ist von einer Federgabel oder Rahmenfederung eher abzuraten. Hier bieten sich hochwertige Sattelstützenfederungen (zum Beispiel von Airwings) an, die beinahe wartungsfrei sind. Völlig wartungsfrei sind Elastomerfedern („Gummipuffer“), die dafür aber schneller zum Wippen neigen und Ballon-Reifen wie der Big Apple von Schwalbe, der mit niedrigem Luftdruck gefahren werden darf und dabei einen Teil der Stöße glatt bügelt.

Peter Barzel

 

VSF-all-ride

Der renommierte Fachhändlerverband VSF definiert das unbeschwerte Fahrradfahren in einem neuen Konzept: vsf-all-ride. Neu an diesem Konzept ist, dass erstmals als Standard definiert wird, was zu einem wartungsarmen Fahrrad gehört.

Ein verbindlicher Kriterienkatalog beschreibt die technischen Anforderungen an ein wartungsarmes, hochwertiges alltagstaugliches Fahrrad. Nur ein Fahrrad, das diesen Anforderungen genügt, erhält das vsf-all-ride-Signet.

Außerdem bieten die VSF-Läden für vsf-all-ride-Fahrräder ein besonderes Servicepaket an, das bereits im Kaufpreis enthalten ist. Dieses Servicepaket, eine Art Sorglos-Paket, umfasst außer der individuellen Anpassung des Fahrrades, auf die man hiermit einen Anspruch erwirbt, auch

  • die kostenlose Erstinspektion,
  • zwei Jahre Voll-Service, d.h. kostenloser Austausch defekter Teile,
  • drei kostenlose Jahresinspektionen,
  • zehn Jahre Garantie auf Rahmen- und Gabelbruch,
  • 24-Stunden-Reparaturservice nach Terminabsprache,
  • Mobilitätsgarantie, das heißt bei längeren Reparaturen kostenloses Ersatzrad,
  • VSF-Servicenetz: die Leistungen stehen in allen VSF-Läden bundesweit kostenlos zur Verfügung. Ins Ausland werden Ersatzteile nachgeschickt.

Vier Fahrräder tragen zur Zeit das vsf-Siegel „all-ride“: je ein Rad der Firmen Velo de Ville, Utopia, Fahrradmanufaktur und Patria. Alle Räder zeichnen sich durch wartungsarme Komponenten und besondere Alltagstauglichkeit aus. Soviel Qualität hat ihren Preis. Der liegt zwischen 949 und 2999 Euro.

www.vsf-all-ride.de
www.vsf.de

 

Internetadressen

 

Smover

„Smart way of moving“ nennt Shimano das neue Fahrradkonzept mit automatischer Schaltung und intelligenter Federung. Shimano will damit zurück zu den Wurzeln des Radfahrens, ohne auf moderne Fahrradtechnik zu verzichten. Im Gegenteil, man sattelt noch an Technik oben drauf. Die bleibt jedoch unsichtbar, das Smover-Fahrrad wirkt klar und aufgeräumt.

Die Technik dahinter: Abhängig von der Geschwindigkeit schaltet die Acht-Gang-Nabe oder die 24-Gang-Kettenschaltung vollautomatisch. Ein (abschaltbarer) Piepton meldet den Gangwechsel, den man sonst kaum wahrnimmt. Wie im Auto kann man zwischen drei Schaltmodi wählen: D als Standard, DS für sportlicheres und L für Bergauf Fahren. Dazu kann man an einem separaten Drehschalter individuell einstellen, wann die Gangwechsel erfolgen: bei höheren Geschwindigkeiten für leichteres Treten oder schon bei niedrigeren Geschwindigkeiten für schnelleres Fahren.

Der Nabendynamo liefert nicht nur den Strom für die Beleuchtung, sondern auch für die Micro-Schaltmotoren. Batterien gibt es nicht. Abhängig von der Geschwindigkeit wird auch die Luftfederung geregelt: Bei langsamer Fahrt wie bergauf ist die Federung hart, bei flotter Fahrt über Stock und Stein soft eingestellt. Federung und Schaltung lassen sich auch ohne Automatik manuell per Knopfdruck betätigen.

www.smover.com

 

VSF-Wintercheck – jetzt oder nie!

Nicht jeder hat das Glück, ein vsf-all-ride-Rad sein eigen zu nennen. Wer auch auf seinem alten Drahtesel mit gutem Gefühl das Frühjahr begrüßen möchte, hat jetzt noch bis zum 28. Februar die Möglichkeit, das Rad zum VSF-Wintercheck zu bringen. Bis Ende Februar bieten alle VSF-Fahrradläden diese Grundüberholung für wartungsbedürftige Räder an.

Zum günstigen Festpreis wird das Rad fachgerecht kontrolliert, geschmiert, gefettet und justiert. Stellt der Techniker größere Mängel fest, werden diese nach Rücksprache mit dem Kunden ebenfalls behoben. Vorteil: Der Service ist preiswert, es gibt keine langen Wartezeiten, und das Rad läuft hinterher wieder wie neu.

Den VSF-Wintercheck gibt es noch bis 28.2. Er kostet 39 Euro, VCD-Mitglieder erhalten 5 Euro Ermäßigung. Vorher Termin vereinbaren!

 

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