Reise 1/2005

Winterurlaub

Nach Italien – der Liebe wegen

Wein, Weib, Gesang und dazu Skifahren: Die schönsten Klischees sind die, die stimmen. fairkehr-Redakteurin
Uta Linnert testet die„Skitour dell’amore“ in den Dolomiten.

Fotos: www.dolimitisuperski.com

Gründe nach Italien zu fahren gibt es viele: Die Italiener wohnen in einem wunderschönen Land, sie kochen köstliche Pasta und servieren den besten Espresso der Welt. Aber schon unsere Eltern lockte vor allem ein Klischee nach Bella Italia: Das Versprechen der Liebe.

Die Tourismusmanager der Region Trevalli im Trentino bauen auf den Ruf, der ihrem Land vorauseilt, und präsentieren ganz unbescheiden eine „Skitour dell’amore“. Mit hundert Kilometern Piste führt die Runde über Gipfel, Pässe und durch drei Täler im Südosten der Dolomiten, „der Rest ergibt sich dann ganz von alleine“, verspricht Gerhard Vanzi, der den Skiverbund Dolomiti Superski vertritt, zu dem auch Trevalli gehört.

 

Meine Erwartungen an den Tag der Tour sind natürlich groß. Er beginnt mit einer Gondelfahrt vom Pass San Pellegrino hinauf auf den Col Margarita. Rings um den 2500 Meter hohen Aussichtsberg erheben sich schroff und steil aufragend die Felswände des Trentino in den blauen Himmel: Die Gipfel des Rosengartens, die Zinnen der Latemargruppe und die Südwand der Marmolata, auf der sich sogar eine Schneehaube halten kann.

Auf dem Hochplateau davor liegen die Skipisten verlockend breit wie ausgerollte weiße Teppiche in der Morgensonne. Gleich mehrere Abfahrten führen die Hänge hinunter. Noch unberührt und ohne Buckel, Steine oder sonstige Schikanen fahren die Skier fast von alleine. Heute, am Montag, verlieren sich die wenigen Skifahrer und Snowboarder auf dem weiten Weiß. Es ist Platz genug, mit den neuen Carvingskier in riesigen Bögen ins Tal zu schwingen. Wer stehen bleibt, kann die Stille hören.

In den Metropolen des Skisports von St. Anton bis Zermatt geht es natürlich turbulenter und gestylter zu. Hier in Trevalli kommt auch noch der Skianzug vom Vorjahr zu seinem Recht. Dafür tragen auffallend viele Skifahrer einen Helm. Seit Anfang diesen Jahres ist der Kopfschutz auf Italiens Pisten für Kinder bis zum Alter von 14 Jahren Pflicht. Viele Erwachsene haben sich dem Helmtragen aus Sicherheitsgründen angeschlossen, was sie unter modischen Aspekten durchaus sportlich aussehen lässt.

O sole mio

Im Vierersessellift zurück zum Gipfel zeigt sich, dass Gäste in Italien mit etwa zwanzig Vokabeln bestens zurecht kommen können. Ich lerne Paolo und Bruno aus Rom kennen. Die beiden Mittfünfziger sind geübte Frauenversteher und kommen zügig mit Salven von Komplimenten zur Sache. In Höhe des zweiten Liftpfeilers trinken wir Grappa, den mein Sitznachbar aus seiner Jackentasche hervorgezaubert hat. Liftdirektor Fulvio Costa, der mir an diesem strahlenden Januarmorgen sein Skigebiet zeigt, stellt mich den Römern als deutsche Journalistin vor. Ich werde mit Bewunderung überschüttet und nehme Handküsse der Verehrung entgegen. Als Höhepunkt des Schauspiels fängt Paolo zu singen an. Voller Inbrunst und mit glänzenden Augen gibt er opernreif kein geringeres Stück als „O sole mio“ in der Bergwelt zum besten – mit einem Text, in dem erstaunlich oft mein Name vorkommt. Sein Blick weicht nicht von mir: Können diese Augen lügen?

Ingenieur der Liebe

Am meisten freut sich mein Skiguide Fulvio Costa, der von seinen Freunden auch liebevoll „ingegnere d’amore“ genannt wird. Er ist stolz, dass ihm die beiden Herren bei der Erfüllung seiner Prospektversprechungen so unerwartet zu Hilfe kommen. „Ciao bella“, heißt es oben am Lift. Mehr italienisch muss man nicht können – so einfach kann das Leben sein!
Gegen Mittag halten wir zum Kaffeestopp auf der Molino-Hütte. Die Bar ist aus dunklem Holz gezimmert und zur Piste hin offen. Hinterm Tresen surrt eine riesige Espressomaschine. Der Wirt serviert im Handumdrehen köstlichen Cappuccino. Auf der sonnigen Terrasse durchkreuzt kein lärmender Anton aus Tirol die Idylle, keine bierselige Fröhlichkeit und keine Pommesschwaden stören das Winterbild. Stattdessen tropft zum Kaffeeduft leise Eros Ramazotti aus dem Lautsprecher. Drinnen in der Hütte sitzen die ersten Gäste an weiß gedeckten Tischen und lassen sich eine Polenta schmecken. Auch hier fehlt der in vielen Skigbieten zur Plage gewordene Alpenchic: Wir sind ganz einfach mitten in Italien. Auf der Speisekarte stehen Wildgerichte, Bergkäse, hausgemachte Obstkuchen und Trentiner Weine zu erstaunlich niedrigen Preisen.

„Pronto“ rufen die Italiener am Nachbartisch zur Begrüßung ihrer Gesprächspartner in die Handys. Deutsch hört man so gut wie gar nicht. In den Skigebieten des Trentino sind die Italiener unter sich, deutschen Urlaubern scheint die Gegend noch weitgehend unbekannt zu sein.

Die südliche Sonne wärmt uns auf. Die Raucher genießen eine Zigarette an der frischen Luft. Drinnnen wäre sie verboten. Italien hat das Rauchen in allen öffentlichen Gebäuden, also auch in Bars und Restaurants unter Strafe gestellt. „Das einzig Negative heute in Bella Italia“, meinen die Raucher. Berlusconi muss Nichtraucher sein.

 

Ins Trentino

Lage Das Skigebiet Trevalli gehört zur italienischen Provinz Trentino und umfasst drei Täler im Südosten der Dolomiten. Hauptort ist Moena.

Anreise Mit der Bahn über München nach Bozen oder Trento, über Nacht mit dem Autozug ab Berlin, Hamburg und Düsseldorf nach Bozen. Zu Fahrten innerhalb des Trentino kann man die Bahnlinien Trento–Malé oder Trento– Venedig benutzen, hinein in die Täler fahren die Linienbusse der Trentino Trasporti.
www.bahn.de, www.autozug.de,
www.trenitalia.com
Mit dem Auto erreicht man das Trentino über die Brennerautobahn A 22.

Skifahren Das Skigebiet Trevalli liegt auf 1200 bis 2500 Meter. Trevalli gehört zum Skiverbund Dolomiti Superski, der zwölf Wintersportregionen an der Süd-Ostseite der Alpen vereint. Mit einem einzigen Chip-Skipass öffnen sich 450 Lifte und 1200 Kilometer Piste.

Skipasspreise für Trevalli (Erwachsene/Kinder): ein Tag 27/19 Euro, sieben Tage 150/105 Euro. Der Dolomiti Skipass kostet: ein Tag 38/32 Euro, sieben Tage 201/141 Euro. Kinder bis zum Alter von acht Jahren fahren in Begleitung der Eltern kostenlos.
www.dolomitisuperski.com

Essen und Trinken In der Provinz Trentino trifft das Hochgebirge auf den Süden. Hier erstreckt sich die nördliche Grenze für Oliven, Zitronen und Wein. Im Norden überwiegt die Almwirtschaft. Diese Vielfalt spiegelt das breit gefächerte Angebot an landwirtschaftlichen Produkten und die abwechslungsreiche Küche wider. Aus den Alpen stammen vorzügliche Alm- und Bergkäse, aus den Tälern Äpfel und Beeren, von den Südhängen die Weiß- und Rotweine, Spumanti und Grappas. Bei keiner Mahlzeit fehlt die Polenta, deren Mais seit Jahrhunderten im Trentino angebaut wird. Viele ursprüngliche Produkte wie einige traditionelle Bergkäse, alte Wurstsorten oder der Dessertwein Vino Santo sind als Trentiner Produkte durch Gütesiegel Slow Food geschützt. Man kann sie in den Dörfern kaufen oder auch in den Trentiner Gasthäusern, Osterien und Berghütten direkt genießen.
www.trentino.to, www.slow-food.com

Restauranttipp Die Fuciade-Hütte liegt in einer Mulde vor grossartigen Kalksteinmassiven einsam und abseits aller Straßen. Abendessen nach Vorbestellung. Eine Stunde Fußmarsch vom Passo San Pellegrino oder die Kellner holen die Gäste dort mit dem Motorschlitten oder der Schneekatze ab. Tel. (0039) (0)462 574281

 

 

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