Magazin 1/2005

Saubere Luft wird Bürgerrecht

Der VCD hält die Einhaltung der EU-Luftreinhalterichtlinie nur für möglich, wenn der gesamte Verkehr umweltfreundlicher gestaltet wird.

Foto: Archiv

fairkehr: Seit dem 1. Januar 2005 gilt die EU-Luftreinhalterichtlinie. Hat das schon jemand bemerkt?
Lottsiepen: Saubere Luft wird endlich zum Bürgerrecht.
Es dämmert nun langsam einigen Städten, dass sie handeln müssen. Wie so oft kommt die Erkenntnis viel zu spät. Was jetzt diskutiert wird, hätte vor fünf Jahren schon passieren müssen.
fairkehr: Was steckt konkret in der Richtlinie?
Lottsiepen: Grenzwerte sind für Partikel und für Stickoxide festgelegt. Der Wert für Partikel von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft darf beispielsweise nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden.
fairkehr: Was können Kommunen tun, damit dieser Wert nicht zu oft überschritten wird?
Lottsiepen: Rom hat schon Fahrverbote verhängt. Dies sollte eigentlich das letzte Mittel sein. Es geht vielmehr darum, durch eine veränderte kommunale Verkehrspolitik, die Grenzwerte erst gar nicht zu erreichen. Rad fahren und zu Fuß gehen muss gefördert werden, die Busse des ÖPNV dürfen nur noch mit moderner Filtertechnologie betrieben werden. Einige Städte werden dreckige Lkw aussperren müssen.
fairkehr: Die Kommunen müssen handeln, aber der Bund muss Strafe zahlen, falls die Richtlinie nicht umgesetzt wird. Da werden sich doch Kommunalpolitiker entspannt zurücklehnen!
Lottsiepen: Ich bin sicher, dass der Bund sehr genau überlegen wird, wie er die Strafen weitergibt. Etwa durch Kürzungen bei der Finanzierung kommunaler Verkehrsprojekte. Außerdem sind Städte schlecht beraten, die die Hände in den Schoß legen. Wer erst einmal ein dreckiges Image hat, wird dieses schwer wieder los. Auch Lokalpolitiker wollen wiedergewählt werden.
fairkehr: Die Ausstattung von Diesel-Pkw mit Partikelfilter schleppt sich nun auch schon seit Jahren dahin. Ist Reinigung der Dieselabgase jetzt nicht erst recht wichtig?
Lottsiepen: Hier liegt die Verantwortung eindeutig bei der Bundesregierung. Der Partikelfilter muss endlich steuerlich gefördert werden. VW mit seinen traditionell guten Beziehungen zur Politik blockiert hier die dringend notwendige Entscheidung. Und das nur, weil die VW-Manager über Jahre geschlafen haben und nun die Konkurrenz deutlich weiter ist. Der VCD fordert für die Euro5-Norm einen Wert von 2,5 Milligramm/km für Partikel und von 0,08 Milligramm/km für Stickoxide. Damit wäre der Diesel dem Benziner umwelttechnisch ebenbürtig.
fairkehr: Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland unterstützt Klagen mit dem Ziel Straßen zu sperren. Was fordert der VCD?
Lottsiepen: Einzelne hochbelastete Straßen zu sperren, reicht nicht aus, wird aber kaum zu verhindern sein. Besser als generelle Sperrungen sind Zufahrtsbeschränkungen für Dreckschleudern. Es geht aber darum endlich zu begreifen, dass dauerhaft saubere Luft nur durch die Förderung von Fußgänger- und Radverkehr in Verbindung mit einem modernen Öffentlichen Nahverkehr zu erreichen ist.

Interview: Michael Adler

 

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