Titel 6/2004

Barrierefreie Sportevents

Deutschland ist Gastgeber der FIFA Weltmeisterschaft 2006. Welche Situation erwartet Menschen mit Behinderungen in den Stadien? Eine Diplomarbeit hat die zwölf neu- oder umgebauten Stadien untersucht.

Foto: Christine Lentze            
Beim Stadion in Leipzig fehlen Festhaltemöglichkeiten bei den Abgängen zu den Sitzplätzen und die Treppenstufen sind nicht markiert.

Bei der Fußballeuropameisterschaft im Sommer 2004 haben die Veranstalter in Lissabon sehbehinderten Fußballfans 600 Plätze hinter einer Videoleinwand angeboten, nach dem Motto: Die können ja sowieso nichts sehen. Anstatt Menschen mit Sehbehinderungen mit Audiokommentaren beim Fußballerlebnis zu unterstützen, schirmte diese riesige Wand Sehbehinderte und Blinde von der Geräuschkulisse ab.

Derartige Ausgrenzungen durch bauliche Barrieren soll in Deutschland das Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) aus dem Jahr 2002 verhindern. Christine Lentze hat sich in ihrer Diplomarbeit im Fachgebiet Mobilität & Verkehr der TU Kaiserslautern die Fußballstadien der Weltmeisterschaft 2006 vorgenommen und die WM-Stadien in Köln und Leipzig im Besonderen überprüft. Dazu hat sie einen speziellen Kriterienkatalog zur Erfassung der Barrierefreiheit von Stadien erarbeitet. Dieser berücksichtigt die gesetzlichen Vorgaben, die veranstaltungs- und gebäudetypischen Merkmale der Stadien, aber auch die Forderungen verschiedener Behindertenverbände und die individuellen Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen.

Das Fazit der angehenden Architektin: Die umfassende barrierefreie Zugänglichkeit ist in den besuchten Stadien nicht gewährleistet, gleichzeitig entsprechen die Neu- und Umbauten aber den gesetzlichen Vorgaben. Dieser Widerspruch beruht auf den minimalen gesetzlichen Anforderungen. Sie konzentrieren sich im Wesentlichen auf Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern. Diese Kriterien alleine eignen sich jedoch nicht, eine Barrierefreiheit für alle Menschen herzustellen.

Kurze Wege innerhalb des Stadions, leicht verständliche und kontrastreiche Beschilderung oder mehr Festhaltemöglichkeiten beim Aufsuchen des Sitzplatzes beispielsweise erleichtern allen Menschen den Besuch im Stadion und könnten oftmals durch kleine Maßnahmen umgesetzt werden. Bis zur Einführung umfassender gesetzlicher Vorgaben liegt die Ausrichtung barrierefreier Sportevents allein in der Eigenverantwortlichkeit und dem Anspruch der Planer und Investoren.

kontakt@barrierefreier-sportevent.de
weitere Informationen:
www.barrierefreier-sportevent.de

 

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