Titel 5/2004

DB Kundencharta

Neue Fahrgastrechte

Ab 1. Oktober haben Kunden der Deutschen Bahn einen rechtsverbindlichen Anspruch auf Entschädigung bei Verspätungen – leider nur im Fernverkehr. Für Streitfälle soll es eine Schlichtungsstelle Mobilität geben.

Foto: www.marcusgloger.de

In verspäteten Fernverkehrszügen müssen die Kunden nicht mehr auf die Kulanz des Schaffners hoffen: Ab sofort zahlt ihnen die Bahn ein Fünftel des Ticketpreises zurück. Allerdings muss der Fernverkehrszug mehr als 60 Minuten Verspätung haben oder ersatzlos ausgefallen sein. Verpasst der Reisende auf Grund eines verspäteten Fernverkehrszuges seinen fahrplanmäßigen Anschluss und kann innerhalb der nächsten Stunde nicht weiterfahren, zahlt die Deutsche Bahn ebenfalls. VCD-Referentin Heidi Tischmann hält diese Regelung für völlig unzureichend. „Die Entschädigungssumme ist zu niedrig und die Abwicklung zu kompliziert“, sagt die Bahnexpertin. Tatsächlich erhält der Kunde im Zug eine Gutscheinkarte, die innerhalb eines Monats zusammen mit der Fahrkarte im DB Reisezentrum oder bei einer Bahnagentur vorgelegt werden muss. Dort wird sie beim Kauf eines neuen Tickets verrechnet oder in einen ein Jahr gültigen Gutschein umgewandelt.

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Achtung: Verspätungsgutscheine müssen am Schalter eingelöst werden.

Ein BahnCard50-Kunde auf der Fahrt von Köln nach Stuttgart beispielsweise bekommt als Entschädigung 7,70 Euro – das reicht nicht mal für eine beschleunigende Taxifahrt am Zielort. Statt der prozentualen Entschädigungsregelung plädiert der VCD deshalb für eine pauschale Entschädigung, schließlich hat der Kunde den Schaden – unabhängig vom Preis der Fahrkarte.

Die VCD-Forderung nach Kundenrechten für den Nahverkehr hat die Bahn ebenfalls nicht aufgenommen. Auch bei höherer Gewalt, etwa bei Schnee oder Sturm, gelten die Entschädigungsregelungen nicht. Dafür verspricht die Bahn insgesamt mehr Pünktlichkeit. Sie hat vor, ihre Kunden besser über Verspätungen zu informieren, will die Sauberkeit auf ihren Bahnhöfen verbessern und das Klima in den Zügen in den Griff bekommen. Sollte in Zukunft die Heizung im Zug ausfallen, erhalten die Passagiere heißen Tee oder Kaffee, streikt die Klimaanlage dürfen sie sich auf kalte Cola oder Eistee freuen.

Schlichtungsstelle Mobilität

Auf dem Weg zu mehr Fahrgastrechten haben die Deutsche Bahn und die Bundesregierung als Bestandteil der DB-Kundencharta eine neutrale, verkehrsträgerübergreifende „Schlichtungsstelle Mobilität“ ins Leben gerufen. Sie soll ihre Arbeit voraussichtlich im November aufnehmen. Für die Dauer von drei Jahren finanziert das Bundesministerium für Verbraucherschutz das Pilotprojekt. Später sollen die betroffenen Verkehrsunternehmen (DB AG, Lufthansa usw.) die Schlichtungsstelle finanzieren. An sie können sich Fahrgäste wenden, die mit ihrer Beschwerde bei dem Unternehmen selbst keinen Erfolg hatten oder die mit der Reaktion darauf nicht einverstanden sind. Die Schlichter sollen zwischen Kunden und Verkehrsunternehmen vermitteln und Vorschläge erarbeiten, die allerdings von beiden Seiten abgelehnt werden können.

Mit der Schlichtungsstelle Mobilität sollen sich Attraktivität und Kundenfreundlichkeit des öffentlichen Fernverkehrs insgesamt verbessern. Die Schlichter werden die Beschwerden bündeln und die Bahn oder Airlines auf mögliche strukturelle Defizite hinweisen. Nicht zuletzt wird der Erfolg der Schlichtungsstelle davon abhängen, wie kooperationsbereit die Verkehrsunternehmen sind.

Uta Linnert

 

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