Service 4/2004

Test Toyota Prius

Lautlos gleiten

Verbraucht der Toyota Prius wirklich nur 4,3 Liter? Wie tankt man Erdgas? Wirkt ein Rußpartikelfilter? Jede Auto-Umweltliste löst eine Menge Fragen aus. Die fairkehr testet in loser Folge die ökologisch interessantesten Autos und sucht Antworten.

Fotos: Toyota Deutschland

Papa, das Auto spricht ja“, für meine fünfjährige Tochter ist das schwarze Auto „cool“. Und das ist das höchste Lob, das sie derzeit zu vergeben hat. Die freundliche Navigatorinnenstimme, das Piepen beim Rückwärtsfahren und nicht zuletzt die elektrischen Fensterheber findet sie echt Klasse.

Zwei Motoren unter der Haube: Das Hybridauto Toyota Prius fährt je nach Situation mit Benzin- oder mit Elektroantrieb.

Männer finden beim Prius vor allem eine Stelle interessant: den Motorraum. Dort ist etwas anders als unter normalen Motorhauben. Der Prius hat zwei Motoren. Einen relativ kleinen Benzinmotor und daneben – noch kleiner – einen Elektromotor. Dort steht „Toyota Hybrid systems“ geschrieben, das Codewort der Pkw-Antriebsinnovation. Von deutschen Herstellern lange Zeit als zu aufwändige Technik, zu teuer und dem Diesel nicht gewachsen diffamiert, avanciert „hybrid“ derzeit zum Synonym für umweltfreundliche Autotechnik. Dies umso mehr in Zeiten immerfort steigender Rohölpreise.

4,3 Liter Benzin soll der Prius im standardisierten Messverfahren NEFZ auf 100 Kilometer verbrauchen. Im fairkehr-Test landet der Prius dauerhaft bei fünf Litern. Eine 200 Kilometer-Wochenendfahrt von Bonn in die Eifel mit vier Erwachsenen plus Gepäck schafft der Wagen mit 4,8 Litern Durchschnittsverbrauch.

Einzelne Testfahrer behaupteten, sie hätten acht Liter pro 100 Kilometer verbraucht. Mit Verlaub, das geht nur mit permanentem Bleifuß. Bei zügiger Autobahnfahrt überschreitet der Prius aber schon mal die 6-Liter-Marke.

Wer hingegen viel in der Stadt unterwegs ist, verringert den Durchschnittsverbrauch. Das mag auf den ersten Blick paradox klingen, deutet allerdings auf die Stärken der Toyota-Hybrid-Technologie hin. Der Elektromotor setzt das Auto in Bewegung. Beim Anfahren verfügt dieser über eine deutlich bessere Beschleunigung als der Benzinmotor. Bei niedrigen Geschwindigkeiten, z.B. in Tempo 30-Zonen, oder wenn bei schnellerem Fahren nur Gas zum Halten des Tempos gebraucht wird, reicht der Strom für gut zwei Kilometer.

Die Batterie, die den Elektromotor antreibt, muss aber auch dann nicht an die Steckdose, denn der Strom wird an Bord produziert. Die Batterie wird durch Nutzung des Schwungs nach dem Dynamo-Prinzip aufgeladen. Bremsenergie wird ebenfalls in die Batterie eingespeist. Jeder Bremsvorgang schafft so neue Energie. Ein Bordcomputer überwacht ständig den Ladezustand der Batterie und steuert ohne zu ruckeln den Einsatz beider Motoren.

Der 4,45 Meter lange Mittelklassewagen gleitet im Elektromodus fast geräuschlos dahin. Der Benzinmotor ist ausgeschaltet, die Verbrauchsanzeige im Monitor zeigt 0,0 Liter an. So ist der Toyota immer dann ein Null-Liter-Auto, wenn der herkömmliche Antrieb abgeschaltet bleibt: beim Rollen, beim Stopp an der Ampel oder im Stau. Es ist ein gutes Gefühl an der Ampel zu stehen, ohne Geräusch, ohne Abgas, während um einen rum alle anderen Autos weiterstinken. Man fühlt sich sehr fortschrittlich. Der niedrige CO2-Ausstoß von 104 g/km und der sehr gute Lärmwert von 69 db(A) haben dem Prius den ersten Platz in der diesjährigen VCD-Auto-Umweltliste beschert.

Der Hybrid kann seine Umweltvorteile im Stadtverkehr optimal ausspielen. Ob der Prius ein Familienauto ist, mag jeder selbst entscheiden. Ein Platznachteil des Prius ist jedenfalls in der tropfenförmigen Karrosserie angelegt. Sperrige Gegenstände, wie Kinderwagen finden nur unter Einsatz sanfter Gewalt Platz im Kofferaum. Und die eingangs erwähnten diversen elektrischen Piepgeräusche gehen einem Erwachsenen mit der Zeit auf die Nerven, aller Freude der Kinder zum Trotz.

Michael Adler

 

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