Politik 3/04

Flugverkehr

Künstliche Wolken

Die Klimaschäden durch den Flugverkehr nehmen zu – stärker als bisher angenommen.

Foto: Marc Venner · Grafik: Henning Heinzig

Der Flugverkehr schädigt das Klima doppelt so stark wie bislang angenommen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission, deren Ergebnisse dem VCD vorliegen. Die Experten stellen fest, dass die durch Flugzeugabgase verursachte Wolkenbildung viel kritischer ist als bisher vermutet. Klimawirksam sind danach nicht nur Kondensstreifen, sondern auch Schleierwolken in der Flugreisehöhe von acht Kilometern. Grund für die künstliche Wolkenbildung sind Schwefel- und Rußpartikel aus den Flugzeugtriebwerken an denen die Feuchtigkeit der Luft kondensiert. Die so entstandenen Wolken wirken wie Treibhausglas: Zwar kommen die Sonnenstrahlen durch, doch die Abstrahlung der Erdwärme ins Weltall wird gebremst. Wolken in dieser Höhe spielen beim Treibhauseffekt eine fünfmal so große Rolle wie das Kohlendioxid, heißt es in der noch unveröffentlichten Studie. Hinzu komme die aufheizende Wirkung von Stick-oxiden und Wasserdampf aus den Triebwerken.

Die Umweltverbände fordern eine Kennzeichnungspflicht für Flugtickets. Deutliche Warnhinweise sollen Reisende auf die Klimaschädlichkeit des Fliegens aufmerksam machen.

Die Ergebnisse der Studie lassen annehmen, dass der Flugverkehr bereits im Jahr 2000 den klimaschädigenden Effekt erreichte, den Experten erst für das Jahr 2020 vorausgesagt hatten. Statt prognostizierter 3,5 Prozent mache der Flugverkehr neun Prozent der derzeitigen Erderwärmung aus. Dies entspricht unge-fähr dem weltweiten Anteil des Autoverkehrs am Klimawandel. Da für den Luftverkehr für die kommenden beiden Jahrzehnte ein vier- bis fünfprozentiger jährlicher Zuwachs vorausgesagt wird, ent-wickelt sich der Luftverkehr zum Klimakiller Nummer 1 unter den Verkehrsträgern.

Neues VCD-Projekt

Aufgrund dieser Erkenntnisse wandten sich die Mitglieder des Arbeitskreises Flugverkehr der Umweltverbände, dem neben dem VCD auch BUND, die Bundesvereinigung gegen Fluglärm, Germanwatch, Forum Umwelt und Entwicklung und Robin Wood angehören, anlässlich der Internationalen Tourismusbörse in Berlin am 12. März an die Öffentlichkeit. Sie verteilten Postkarten im Design der Warnhinweise auf Zigarettenschachteln mit dem Aufdruck „Fliegen verursacht tödliche Klimaschäden“. Dietrich Brockhagen, Klimaexperte bei Germanwatch kommentierte: „Den Schaden, den ein durchschnittlicher Autofahrer in fünf Jahren verursacht, schafft ein Flugzeugpassagier auf der Reise von Frankfurt nach Los Angeles und zurück.“ Die Umweltverbände fordern deshalb eine Kennzeichnungspflicht für Flugtickets. Deutliche Warnhinweise sollen Reisende auf die Klimaschädlichkeit des Fliegens aufmerksam machen.

Der VCD wird sich in den nächsten beiden Jahren verstärkt um dieses Thema kümmern. Im April startete das durch Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt geförderte Projekt „Reduzierung der Umweltfolgen des Flugverkehrs“. Der VCD wird wichtige Gesetzesvorhaben wie das Fluglärmgesetz oder die Umsetzung der europäischen Richtlinien zum Umgebungslärm und zur Betriebsbeschränkung von Flughäfen aus Lärmschutzgründen mitbegleiten, Fachtagungen durchführen und die Öffentlichkeit über das umweltrelevante Thema Flugverkehr aufklären.

Das VCD-Projekt will außerdem die Vernetzung von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen auf deutscher und europäischer Ebene verbessern. Denn Wettbewerbsverzerrungen bei den Verkehrsträgern zugunsten des Flugverkehrs lassen sich nicht von einem Staat im Alleingang beseitigen. Die Umweltverbände treten auf europäischer Ebe-ne für die Einführung einer Kerosinsteuer bzw. eine streckenbezogene Emissionsabgabe, ein europaweites Nachtflugverbot, lärmabhängige Landegebühren und die Einbeziehung des Flugverkehrs in den C02-Emissionshandel ein. Mit der Wahl zum Europäischen Parlament am 13. Juni, der Neubesetzung der Europäischen Kommission und der voraussichtlichen Verabschiedung der Europäischen Verfassung ergeben sich gute Chancen, bei den Themen Kostengerechtigkeit und Berücksichtigung der Umweltkosten beim Flugverkehr voranzukommen – umweltfreundliche Mehrheitsverhältnisse vorausgesetzt.

Helmar Pless

Das Internet-Angebot des VCD zum Thema Flugverkehr wird ausgeweitet. Ein monatlich erscheinender elektronischer Newsletter „Flugverkehr & Umwelt“ kann kostenlos per E-mail bestellt werden bei: helmar.pless@vcd.org

 

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