Glosse Aus Fehlern gelernt Zehn Jahre Bahnreform in den Sand gesetzt? Schwamm drüber. Jeder verdient eine zweite Chance. Wir schreiben das Jahr 2014. In Berlin lädt Verkehrsministerin Heidi Tischmann zur Pressekonferenz. Das Thema: „20 Jahre Bahnreform – warum es diesmal geklappt hat“.
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„Dass die Bilanz der Bahnreform 2004 so schlecht ausgefallen war, lag nicht zuletzt an der mangelnden Entschiedenheit der Bundesregierung“, stellte die grüne Verkehrsministerin Heidi Tischmann auf der Pressekonferenz selbstkritisch fest. „Daraufhin hat die rot-grüne Bundesregierung jedoch den Handlungsbedarf erkannt und die Ziele der im Jahr 1994 begonnenen Bahnreform umgesetz.“ Tischmann, die lange Jahre als VCD-Verkehrsreferentin für die Positionierung der Bahn kämpfte, fasst die Ziele noch einmal zusammen: Mehr Verkehr sollte von der Straße auf die Schiene verlagert werden; mehr Wettbewerb auf der Schiene sollte für einen besseren und preiswerteren Verkehr sorgen; der Zuschussbedarf an Bundesmitteln sollte deutlich sinken. Um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren, löste die Bundesregierung das Führungsduo Stolpe/Mehdorn ab. Als Stolpe-Nachfolgerin hatte Tischmann den ausdrücklichen Auftrag, der Bahnreform den Weg zu bereiten. Ihre Aufgabe war es, die Rahmenbedingungen schleunigst so zu verändern, dass die ursprünglichen Ziele der Bahnreform doch noch erreicht werden konnten. Ende der DB-Privilegien Direkt nach Amtsantritt machte die neue Ministerin den entscheidensten Schritt und entzog der DB AG gegen deren Widerstand die Verantwortung für die Bahninfrastruktur. Nun kümmerte sich der Staat wieder um Schienennetz und Bahnhöfe, aber auch um bundesweit gültige Tarife und eine einheitliche Auskunft. Auf reinen Nahverkehrsstrecken übergab man die Infrastruktur im Einvernehmen mit den Bundesländern in regionale Verantwortung. Die für Nah-, Fern- und Güterverkehr zuständigen DB-Tochterunternehmen verloren ihre privilegierte Stellung.
Die Konkurrenz hatte endlich eine Chance im fairen Wettbewerb. Davon profitierten die Besteller, die nun fürs gleiche
Geld mehr Verkehrsverbindungen einkaufen und anbieten konnten. Brachliegende Schienenkapazitäten im Kurz- und Mittelstreckenbereich
lohnten sich plötzlich wieder und konnten reaktiviert werden. Das Verkehrsaufkommen auf der Schiene nahm nach vielen
Jahren des Rückgangs endlich wieder zu. Ein weiterer Meilenstein für die Attraktivität von Bussen und Bahnen war die Verbesserung der Fahrgastrechte im Jahr 2005. Nachdem die Fluggesellschaften Anfang 2004 gezeigt hatten, dass verlässliche Rechte für Passagiere das Image eines Transportunternehmens verbessern und das Vertrauen der Kunden stärken, zog die Bundesregierung die nötige Konsequenz. Sie verabschiedete ein Gesetz, das den Fahrgästen des öffentlichen Verkehrs einklagbare Rechte einräumt. Bei Verspätung oder Ausfall einer Verbindung bekommen die Fahrgäste seit Anfang 2005 ihren Fahrpreis teilweise oder sogar ganz zurückerstattet. Im Notfall bezahlt der zuständige Verkehrsbetrieb die Taxifahrt. Verspätungen und Ausfälle bei Busse und Bahnen nahmen durch diese Garantieleistungen deutlich ab. Das Image der öffentlichen Verkehrsmittel profitierte davon, die Fahrgastzahlen stiegen erheblich. Güter auf die Schiene Was die Deutsche Bahn AG mit dem Bau von Hochgeschwindigkeitstrassen und Vorzeigebahnhöfen nicht erreicht hat, ist durch diese Maßnahmen endlich Wirklichkeit geworden: Mehr Menschen lassen ihr Auto stehen und nutzen die Bahn. Der Güterverkehr auf der Schiene ist wieder konkurrenzfähig. Statt Stilllegung und Abbau wird die Bahninfrastruktur ständig verbessert und ausgebaut. Der Wettbewerb auf der Schiene funktioniert: Statt langfristiger Knebelverträge mit der DB AG setzen die Bundesländer auf ein Nebeneinander vieler attraktiver Verkehrsanbieter, deren Qualität sie kontrollieren und konstant verbesseren können. „Ohne den öffentlichen Druck von Lobbyverbänden wie dem VCD würden wir heute sicher deutlich schlechter da stehen“, betonte Ministerin Tischmann. th |
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