fairkehr: In drei Jahren wird die Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland angepfiffen. Was haben Sie bis dahin alles vor?
Maatz: Mein Bereich nennt sich Transport und Verkehr. Transport heißt unter anderem, dass ich dafür sorgen muss, dass während der WM alle Teams, Ehrengäste, Zuschauer etc. sicher und rechtzeitig in die Stadien kommen. Der Bereich Verkehr befasst sich mit der verkehrlichen Infrastruktur im Umfeld der Stadien und in den Austragungsorten und mit den Fahrten zwischen den Städten. Uns ist wichtig, dass alles reibungslos funktioniert – auf der Straße genauso wie auf der Schiene. Da gibt es noch viele Maßnahmen zur Verkehrsinfrastruktur, die umgesetzt werden müssen.
fairkehr: Wer entscheidet darüber, welche Infrastruktur wie ausgebaut wird?
Maatz: Die Städte haben sich ja als Standorte für die Fußball-WM mit ihren Stadien beworben. In den Bewerbungsunterlagen, die letztendlich zur Auswahl dieser Städte geführt haben, finden sich die Angaben darüber, welche Infrastruktur vorhanden ist und was bis 2006 noch geplant ist.
fairkehr: Das heißt, die Entscheidungen sind weitgehend getroffen. Sie koordinieren jetzt die Umsetzung?
Maatz: Wir setzen jetzt alles daran, dass das, was zugesagt ist, auch umgesetzt wird. Das sind hauptsächlich Maßnahmen, die nicht nur für die vier Wochen der Fußball-WM gebraucht werden. In den ausgewählten Stadien findet alle zwei Wochen ein Bundesligaspiel statt. Viele sind auch Veranstaltungsort für andere Großveranstaltungen, die über Fußball hinaus gehen – Konzerte zum Beispiel. Da muss die Erreichbarkeit genauso gewährleistet sein.
fairkehr: Was sind das für Projekte?
Maatz: In Stuttgart, Hannover, Dortmund, Nürnberg und Frankfurt wird beispielsweise die Schienenanbindung bei der S-Bahn oder im Fernverkehr verbessert: Haltestellen werden vergrößert oder behindertengerecht ausgebaut. Zusätzliche Gleise entlasten den Regelverkehr auf diesen Strecken, so dass mehrere Züge zum Abholen der Zuschauer bereitgestellt werden können. Das Gelsenkirchener Stadion soll bis 2006 eine verbesserte Stadtbahnanbindung bekommen, indem dort Doppelzüge eingesetzt werden können. Wir brauchen genügend Pkw- und Busstellplätze rund um die Stadien und vor allem Verkehrsleitsysteme, damit auch die Zuschauer, die sich in der Region nicht auskennen oder kein Deutsch sprechen, zum Stadion finden. Das sind meistens Maßnahmen, die sowieso kommen würden. Durch den zeitlichen Druck aufgrund der FIFA WM 2006 bekommen sie eine andere Dringlichkeit.
fairkehr: Oder die WM dient, wie beim Metrorapid dazu, etwas lange Geplantes endlich unterzubringen.
Maatz: Der Metrorapid ist für uns kein Muss. Wir würden die Leute auch ohne zu den Stadien bringen. Außerdem wird es bis 2006 sicherlich schwierig, ihn fertig zu bekommen. Aber das wissen die Kollegen in NRW sicher besser einzuschätzen.
fairkehr: Diese Fußball-WM ist die erste, die sich auch Umweltzielen verpflichtet hat. Wo betrifft das Ihren Arbeitsbereich?
Maatz: Wir haben beim Verkehr vor allem zwei Ziele: Den Anteil des ÖPNV für Fahrten zu den WM-Stadien auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen und den CO2-Ausstoß beim An- und Abreiseverkehr der Fußball-WM um 20 Prozent gegenüber der heutigen Situation zu reduzieren.
fairkehr: Welche konkreten Maßnahmen planen Sie?
Maatz: Ich stehe regelmäßig in Kontakt mit dem Öko-Institut, das uns in allen Umweltfragen begleitet. Wir erarbeiten gemeinsam Maßnahmen, mit denen wir die genannten Ziele erreichen können. Am wichtigsten ist sicher, die Gäste frühzeitig dazu zu bringen, überhaupt nicht mit dem Auto anzureisen.
fairkehr: Wie schafft man das?
Maatz: Die Gäste brauchen verlässliche Angebote. Wir müssen sie – unsere ausländischen Gäste vor allem per Internet – über alle Angebote informieren und Vertrauen schaffen, dass der öffentliche Verkehr in Deutschland zuverlässig funktioniert.
fairkehr: Tut er das denn?
Maatz: Wir verhandeln zur Zeit über ein Kombiticket, das nicht nur für einen Verkehrsverbund, sondern – am Geltungstag – in allen Austragungsorten gelten soll. Außerdem möchten wir die Geltungsdauer verlängern. Bei Bundesliga-Spielen oder zu Länderspielen gilt ein Kombiticket etwa drei Stunden vor der Veranstaltung bis zum Betriebsende als ÖPNV-Fahrkarte. Bei der WM haben wir aber viele Gäste, die morgens anreisen und den ganzen Tag in der Stadt verbringen wollen, bevor sie sich das Spiel ansehen. Oder sie steigen morgens in Hamburg ein, um nachmittags in Stuttgart ein Spiel anzuschauen. Das Ticket muss daher mindestens einen Tag gelten.
fairkehr: Können Sie sich auch Angebote für andere Zielgruppen vorstellen?
Maatz: Ein Beispiel: Wir erwarten rund 15000 Pressevertreter aus aller Welt, die zur WM 2006 zum großen Teil während der gesamten vier Wochen in Deutschland sein werden. Für die ist die Bahn das beste Verkehrsmittel: Sie kommen schnell überall hin und können unterwegs arbeiten. Wenn die DB ein entsprechendes Angebot macht – zum Beispiel mit Internetarbeitsplätzen – sind die Presseleute sicher dafür ansprechbar.
fairkehr: Zeigen sich die Deutsche Bahn und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen interessiert an einer Zusammenarbeit?
Maatz: Wir stehen in ständigem Kontakt mit der DB und dem VDV. In unseren Arbeitsgruppen im Verkehrsministerium und in den Regionen sind DB-Vertreter, mit denen wir alles besprechen können. Darüber hinaus hätten wir die DB natürlich gerne als nationalen Förderer. Das würde vieles einfacher machen. Da fehlt jedoch bisher noch die abschließende Entscheidung der DB AG.
fairkehr: Was wäre denn anders, wenn die DB offiziell als WM-Sponsor auftreten würde?
Maatz: Wir werden neben den 15 offiziellen FIFA-Sponsoren bis zu sechs Nationale Förderer haben. Die Förderschaft bedingt Exklusivität. Wer Geld gibt, erwartet eine Gegenleistung, und die besteht in dem Recht, sich exklusiv im Umfeld der WM darzustellen und seine Leistungen einzubringen. Wenn die DB nationaler Förderer der Fußball-WM wäre, könnten wir beispielsweise auf unseren Internetseiten ihre Leistungen direkt als „WM-Angebot“ bewerben – zum Beispiel eine WM-Monatskarte für ausländische Gäste. Inhaltlich sind wir uns mit der DB in den meisten Fragen einig. Es fehlt aber wie gesagt die abschließende Entscheidung über die Form der Zusammenarbeit.
fairkehr:: Die meisten der gewonnenen Sponsoren haben sich bisher keinen Namen mit Umweltthemen gemacht: Emirates Airlines, Continental, McDonald’s… Behindert Sie das bei der Arbeit?
Maatz: Da sehe ich überhaupt keinen Zusammenhang. Die Sponsoren mischen sich nicht unmittelbar in unsere Arbeit ein; gleichwohl ist es nicht ausgeschlossen, dass wir den einen oder anderen Partner für unsere ökologischen Ziele gewinnen können.
fairkehr: Welche Visionen über das reine Funktionieren hinaus haben Sie für diese WM? Was würden Sie der Welt im Bereich Mobilität gerne als bleibende Qualität mitgeben?
Maatz: Das Motto der Fußball-WM 2006 ist: „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Ich wünsche mir, dass wir uns auch gastfreundlich präsentieren. Dass wir nicht immer so typisch deutsch sind, sondern auch mal Fünfe gerade sein lassen können oder unkonventionelle Lösungen suchen. Dass unsere Gäste überall ein freundliches Wort bekommen, auch wenn sie mit dem falschen Ticket im falschen Waggon sitzen. Mit einen Satz: Die An- und Abreise der Gäste sollte so „nahtlos“ und angenehm sein, dass die Gäste sich auf das Wesentliche konzentrieren können: den Fußball. Interview: Regine Gwinner
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