Harald Schmidt hatte die Lacher auf seiner Seite. Er brachte
es mit „Fährst du schon – oder rechnest du noch?“ auf
den Punkt: Vor lauter Rechnen kommt niemand mehr zum Bahn fahren.
Das Schienenunternehmen hat im ersten Quartal diesen Jahres mit
sinkenden Fahrgastzahlen ein Rekordminus von 133 Millionen
Euro eingefahren. Deshalb heißt es jetzt: Konsequenzen
ziehen.
Am 20. Mai wurde es öffentlich: Während Bahnchef
Hartmut Mehdorn, glühendster Verteidiger des neuen
Preissystems, eine Verlängerung seines Vertrages
um fünf Jahre erhielt, erlitt die ehemalige Lufthansa-Crew
bestehend aus den Bahnvorständen Hans-Gustav Koch und Christoph
Franz sowie der PEP-Beauftragten Anna Brunotte
eine Bruchlandung. Die Bahn gesteht ein, dass ihr PEP (Preis-
und Erlösmanagement Personenverkehr) noch vor
Jahresfrist nachgebessert werden muss.
Die Arbeit des VCD trägt Früchte. Die Präsentation
des gemeinsam mit dem Magazin Stern initiierten VCD-Bahnpreis-Checks
entfachte eine breite politische Diskussion. Die Studie ergab,
dass am Schalter fast ein Drittel der Bahnkunden nicht die besten
Angebote bekommen. Damit wird ein zentrales Ziel der Preisreform,
nämlich die Tarife zu vereinfachen, verfehlt. Der VCD fordert,
die komplizierten Bedingungen für die Plan&Spar-Tickets
radikal zu vereinfachen und den Kunden ab sofort wieder eine
Bahncard mit 50 Prozent Ermäßigung für die
freie Zugwahl anzubieten. Obwohl er den VCD hart kritisiert,
nimmt Mehdorn dessen Forderungen und Ergebnisse sehr ernst – wie
er in Interviews in Stern und Spiegel bekennt.
Anfang Mai kämpfte der VCD bei einer öffentlichen Anhörung
des Ausschusses für Verbraucherschutz des Bundestages für
die Rechte der Kunden im öffentlichen Verkehr. Neben dem
umstrittenen Preissystem der Bahn lag hier der Fokus auf
dem Verbraucherschutz. „Es kann nicht länger
angehen, dass allein Gnade und Kulanz der Verkehrsunternehmen
darüber entscheiden, ob ein Fahrgast bei Zugausfällen
oder Verspätungen Ersatz bekommt oder nicht“, sagte
der verkehrspolitische Sprecher des VCD, Gerd Lottsiepen. Er
forderte verbindliche gesetzliche Regelungen, die die Rechte
der Kunden gegenüber der Bahn garantieren, genauso wie es
in anderen Dienstleistungsbereichen längst üblich
ist. Der VCD-Bundesvorsitzende Michael Gehrmann und Gerd Lottsiepen
machten auch in Gesprächen mit der Staatssekretärin
im Umweltministerium und DB-Aufsichtsratsmitglied Margareta
Wolf sowie mit der parlamentarischen Staatssekretärin im
Verkehrsministerium, Angelika Mertens, die Positionen des
VCD deutlich.
Nach den öffentlichkeitswirksamen Personalentscheidungen
bei der Bahn muss es jetzt wieder um die Sache gehen. Die Deutsche
Bahn muss wieder dort landen, wo sie hingehört – auf
den Schienen. „Auch wenn Mehdorn die alte Bahncard ein
für alle Mal vom Tisch haben will: Der VCD bleibt bei seiner
Forderung nach der Wiedereinführung einer Bahncard mit 50
prozentiger Ermäßigung, damit auch Spontan- und Vielfahrer
preisgünstig fahren können“, sagt Michael Gehrmann. „Der
VCD ist bereit, seinen Sachverstand konstruktiv einzubringen,
damit nicht noch einmal ein Preissystem in die Welt gesetzt wird,
das die Kunden vertreibt.“
Der VCD setzt sich dafür ein, dass Menschen in Deutschland
ohne stundenlange Preiskalkulationen endlich einfach Bahn fahren
können.
Uta Linnert
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