Neues Preissystem der Bahn
Der Fehler liegt im System
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Der
VCD überprüfte in Zusammenarbeit mit dem Magazin stern
das neue Preissystem der Deutschen Bahn AG in einem umfassenden
Praxistest. Das Ergebnis: Jeder Dritte wurde falsch beraten. |
Fotos: Marcus Gloger · Infografiken:
fairkehr/M.A.Venner
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Seit vier Monaten gilt das neue Preissystem der Deutschen Bahn AG und noch immer werden viele Kunden falsch beraten. In 256 deutschlandweiten Tests waren über 30 Prozent der angebotenen Verbindungen zu teuer, dauerten zu lange oder erforderten zu viele Umstiege. Das ermittelte das Qualitätsforschungsinstitut Quotas im Auftrag von VCD und stern. Die Bahn verlangte bis zu 60 Euro zu viel oder empfahl sieben unnötige Umstiege bei Hin und Rückfahrt. Außerdem zeigt der Test, dass das Plan&Spar Konzept – attraktive Frühbucherrabatte mit komplizierter Bedienungsanleitung – an den Bedürfnissen der Bahnkunden vorbeigeht. Die Frühbucherplätze waren bei Nachfrage am Schalter zwar fast immer verfügbar, gleichzeitig gaben aber nur 24 Prozent der befragten Reisenden an, mit Plan&Spar unterwegs zu sein. Das zeigt: Bahnkunden wollen flexibel reisen und sich nicht im Voraus festlegen.
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Immer die beste Verbindung? |
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Jeder dritte Testkäufer wurde am Schalter falsch beraten.
Die Fahrten waren im Schnitt 16,80 Euro zu teuer, 49 Minuten
zu lang oder waren, mit fast zwei unnötigen Umstiegen, zu
unbequem.
Risikofaktor Plan&Spar
Die meisten Kunden planen ihre Reisen nicht so, wie es die Bahn
gerne hätte: Nur 24 Prozent der Referenzkunden fuhren mit
Plan&Spar. Dem gegenüber steht eine 98-prozentige Verfügbarkeit
der Plan&Spar Tickets bei den angefragten Verbindungen. Auf
die hohen Stornogebühren und komplizierten Rückgabefristen
wiesen die Bahnmitarbeiter am Schalter kaum hin.
Waren Plan&Spar Angebote für die erfragten Verbindungen
vorhanden? |
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Wurde auf Stornogebühren hingewiesen? |
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Wurde auf Rückgabefristen
hingewiesen? |
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Testfall: Alles falsch! Ein Vater aus Cottbus möchte mit seinem 15-jährigen
Sohn nach Stendal fahren. Der Vater hat eine Bahncard. Eine
Woche im Voraus bucht er die Hin- und Rückfahrt und
bekommt folgendes angeboten (alle Angaben beziehen sich
auf Hin- u. Rückfahrt):
Preis: 79,50 Euro
Dauer : 6 Stunden und 58 Minuten
Umsteigen: zweimal
Beste mögliche Verbindung:
Preis: 52,00 Euro
Dauer: 6 Stunden und 3 Minuten
Umsteigen: einmal
Die empfohlene Verbindung
dauert 55 Minuten länger,
kostet 27,50 Euro mehr und ist zudem noch mit einmal mehr
Umsteigen verbunden.
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Was die Beratungsqualität beeinflusste
Schwierigkeitsgrad
Der Schwierigkeitsgrad ergab sich aus: Reisezeitpunkt, Zahl der Umsteigemöglichkeiten,
Zahl der Personen, Bahncard vorhanden oder nicht, und der Fahrstrecke (nur Fernverkehr
oder Wechsel zwischen Nah- und Fernverkehr) |
Schwierigkeitsgrad „Niedrig“
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Schwierigkeitsgrad „Mittel“
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Schwierigkeitsgrad „Hoch“
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Reiselänge: Je weiter,
desto schlechter |
Fahrten unter 300 km:
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Fahrten über 300
km:
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Anzahl der Reisenden |
Durch den Mitfahrer-Rabatt soll Bahnfahren in der Gruppe billiger
sein, allerdings nimmt die Beratungsqualität ab, je mehr
Personen auf einer Fahrkarte fahren möchten. |
Alleine oder zu zweit:
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten |
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Drei bis fünf Personen:
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Reisezeitpunkt |
Freitags ist es nicht nur
schwieriger einen Sitzplatz in der Bahn zu ergattern, man bekommt
auch häufiger eine zu teure, zu lange oder zu komplizierte
Verbindung. |
Hauptverkehrszeit (Freitag,
Sonntagnachmittag, Montagmorgen)
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten |
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Nebenverkehrszeit
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Reisestrecke |
Umsteigen ist unumgänglich, wenn Start und Ziel nicht an
einem Fernverkehrsbahnhof liegen. Leider ist die Wahrscheinlichkeit
größer ein teureres Ticket oder eine umständlichere
Zugverbindung zu bekommen, je mehr Umstiege nötig sind.
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Ohne Umsteigen
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten |
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Umsteigen im Fernverkehr
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten
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Umsteigen vom Fern- in den Nahverkehr:
Bestmögliche Verbindung wurde angeboten |
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Testfall:
Viel zu teuer!
Eine Familie mit zwei
Kindern (über 15 J.) möchten zur Oma fahren.
Sie brauchen ein Ticket von Düsseldorf-Flingern
nach Günzburg. Bahncards haben sie nicht, sie buchen
aber fünf Tage im Voraus.
Angebot (alle Angaben beziehen sich auf Hin- u. Rückfahrt):
Preis: 309 Euro
Dauer: 11 Stunden und 10 Minuten
Umsteigen: viermal
Beste mögliche Verbindung:
Preis: 249 Euro
Dauer: 11 Stunden und 19 Minuten
Umsteigen: fünfmal
Die empfohlene Verbindung ist 60 Euro
teurer aber nur neun Minuten schneller.
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Im Reisezentrum |
Wer kennt das nicht: Nach
der Arbeit möchte man noch eben schnell im DB Reisezentrum
eine Fahrkarte für den Ausflug am Wochenende lösen und
vor den Schaltern stehen lange Warteschlangen und viele Schalter
sind gar nicht besetzt. Die durchschnittlichen Wartezeiten von
drei Minuten und 24 Sekunden hören sich harmlos an. Aber dahinter
verbergen sich maximale Wartezeiten von über 30 Minuten. |
Warteschlangen
In
kleinen Reisezentren mit bis zu fünf Schaltern - Durchschnittliche Wartezeit 2:55 Minuten
- Durchschnittliche Beratungsdauer 5:22 Minuten
In großen Reisezentren mit mehr als fünf Schaltern
- Durchschnittliche Wartezeit 4:26 Minuten
- Durchschnittliche Beratungsdauer 6:30 Minuten
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Servicemitarbeiter
(Durchschnittliche Benotung)
- Engagement 2,32
- Sicherheit und Kompetenz 2,25
- Freundlichkeit 2,39
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Testfall: 7-mal
zu oft!
Ein Student aus Rostock möchte
seine Freundin in Leipzig besuchen. Er besitzt eine
Bahncard, bucht eine Woche im Voraus und bekommt folgende
Empfehlung (alle Angaben beziehen sich auf Hin- u. Rückfahrt):
Preis: 46,50 Euro
Dauer: 11 Stunden und 3 Minuten
Umsteigen: achtmal
Beste mögliche Verbindung:
Preis: 47,85 Euro
Dauer: 10 Stunden und 10 Minuten
Umsteigen: einmal
Bei der empfohlenen Verbindung hätte
der Student siebenmal häufiger umsteigen
müssen, die Fahrt hätte 53 Minuten länger
gedauert. Für die gesparten 1,35 Euro hätte
er nicht einmal ein Heißgetränk im Bistro bekommen.
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Wie wurde
gestestet
Gesucht wurde die optimale Verbindung, das heißt
zusätzlicher Aufwand während der Fahrt musste
sich finanziell lohnen. Jeder zusätzliche Umstieg
musste vier Euro Ersparnis bringen, jede Stunde längere
Fahrtdauer mindestens 12 Euro. Eine Abweichung von zwei
Euro gegenüber dem optimalen Ergebnis wurde noch
als richtig gewertet. Zusätzlich zu den Testanfragen
wurden 249 Kunden direkt nach Kauf einer Fahrkarte befragt.
Diese Umfrage diente als Referenz und wurde zur Gewichtung
der Testfälle benutzt.
Aus
den Testanfragen in mehr als 140 Verkaufsstellen an Bahnhöfen
in ganz Deutschland ergab sich eine Stichprobengröße
von 249 Tests. Quotas, das beauftragte Hamburger Qualitätsforschungsinstitut
misst unter anderem auch die Brieflaufzeiten für
die Post.
Der Test ist eine zuverlässige Stichprobe, er ist
nicht repräsentativ für alle Ticket Käufe
in Deutschland.
Mehr Informationen zum Test unter:
www.vcd.org und www.quotas.de
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