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Michael Adler
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Werbebotschaften sind kurz, verständlich
und meist so allgemein positiv gehalten, dass man
spontan zustimmen will. Alle drei Kriterien erfüllt
die Werbung für die Deutsche Bahn AG derzeit
nicht.
Vergleichen wir einmal den Auftritt der Bahn mit
dem der automobilen Konkurrenz: BMW verheißt „Freude
am Fahren“, Ford prophezeit seinen Käufern „Besser
ankommen“, Toyota verspricht „Nichts
ist unmöglich“. Die Bahn hingegen bietet „Leipzig–Berlin
31 Euro, Frankfurt–Berlin 78 Euro“ an.
So weit, so gut. Aber jetzt kommt das Kleingedruckte: „Preise
für Hin- und Rückfahrt, für eine
Person, aufgerundet, im ICE, 2. Klasse, mit Plan& Spar
40 und BahnCard“. Spätestens wenn der
Kunde erfährt, dass er Plan& Spar 40 nur
erhält, wenn zwischen Hin- und Rückfahrt
ein Wochenende liegt, dass er sich mindestens sieben
Tage im voraus exakt auf einen festen Zug bei Hin-
und Rückfahrt festlegen muss, steigt er gleich
zweimal aus. Aus dem Glauben an die Werbebotschaft,
die Bahn sei preiswert und unkompliziert, und aus
der Bahn selbst.
Auch wenn der Vergleich hinkt, man stelle sich
einmal vor, die Autobauer würden die Freude
am Fahren derart einschränken: Gilt nur bei
Abfahrt donnerstags und Rückfahrt nicht vor
Sonntagnacht und nur,
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wenn Sie die Reisetermine
eine Woche im Voraus auf die Minute genau festlegen.
Absurd. Aber genau das ist es doch, was den freien
Bürger am neuen Bahnpreissystem
auf die Palme bringt: Er soll
erzogen werden und er merkt
es. Da zieht der Konsument
souverän weiter und fährt
Auto, wann er will und wie
lange er will.
Da der Kunde in den ersten drei Monaten diesen Jahres deutlich seltener in die
Bahn eingestiegen ist, als noch im Vorjahr, sollten eigentlich bei der Bahn die
Alarmglocken schrillen. Jeder verlorene Kunde ist unendlich mühsam wiederzugewinnen.
Die Bahn hat keine Zeit zu verlieren.
Dabei ist die Lösung ganz einfach. Die Bahn bietet die BahnCard 50 weiter
an mit der einfachen Botschaft: Halber Preis fürs ganze Volk. Da die
Grundpreise im Durchschnitt um zwölf Prozent gesenkt wurden, darf diese
BahnCard gerne etwas mehr kosten als die jetzige. Die neuen Plan&Spar-Preise
bleiben ebenso erhalten, wie die neue BahnCard 25. Für Seltenfahrer oder
Bahnerstbenutzer mag dies in der Tat die günstigere Lösung sein. Aber
die Wochenendbindung bei Plan&Spar 40 muss weg und die Straf-Stornogebühr
muss für den Kunden verhältnismäßig gestaltet werden.
Hilfreich für die Bahn als umweltfreundliches Verkehrsmittel wäre es,
wenn all diese Angebote im Nah- und Fernverkehr gelten würden. Der Kunde
unterscheidet diese Unternehmenszweige nämlich nicht. Und, wenn wir schon
beim Träumen sind, der lokale öffentliche Verkehr müsste in dieses
System integriert werden. Eine Karte für alles und halber Preis fürs
ganze Volk. Das ist kurz, verständlich und man denkt spontan: Die will ich
haben.
Freude am Bahnfahren ohne Kleingedrucktes wünscht Ihnen Ihr
Michael Adler
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