Der in Hamburg ansässige Verein
„autofrei leben!“ unterstützt den Beschwerdeführer
Markus Schmidt, der vor dem Bundesverfassungsgericht das Straßenverkehrsrecht
angreift, weil es im Widerspruch zum Grundgesetz stehe. Der Gesetzgeber,
so die Begründung, habe dem Auto eine Sonderstellung zu Lasten
umweltfreundlicher Verkehrsteilnehmer verschafft.
In der durch die Straßenverkehrsordnung (StVO) aufgestellten
Hierarchie sei die natürlichste Form der menschlichen Fortbewegung
– das zu Fuß gehen – an die letzte Stelle gerückt
worden. Um diese Ordnung durchzusetzen, habe der Staat nicht nur
Bußgeldsätze festgelegt, sondern auch sein Gewaltmonopol
an die Kraftfahrer treuhänderisch übertragen.
Diese Begründung dürften Fußgänger und Radfahrer
nachvollziehen können, die ihre Erfahrungen mit „Kraftfahrern“
gemacht haben, die ihr Monopol auf den Straßen gewaltsam
durchzusetzen versuchen. Beschwerdeführer Schmidt sagt es
so: „Die StVO und ihre übliche juristische Auslegung
erfüllt nicht die Anforderungen von Artikel 2 des Grundgesetzes,
also dem Recht auf körperliche Unversehrtheit. Die ständigen
Gewaltdrohungen durch schnell fahrende Autos erklären Polizei
und Justiz zur Bagatelle, obwohl schon im Kindesalter eindringlich
davor gewarnt wird. Und wer per Auto tötet, kann ziemlich
sicher sein, nicht hinter Gittern zu landen, sondern bloß
vorübergehend zum zu Fuß gehen im Autostaat verdammt
zu werden.“
Schmidt beschwert sich eindrücklich über die grobe
Ungleichbehandlung von Fußgängern und Autofahrern.
Fußgänger könnten eigentlich nur um ihren eigenen
Häuserblock kreisen, denn sobald sie die erlaubten „Gehwege“
verließen, seien sie den Maßregelungen der StVO ausgesetzt.
Autos hingegen könnten ungehindert von Hamburg an den Bodensee
durchstarten ohne nur ein einziges Mal die „Fahrbahn“
verlassen zu müssen. Die Verfassungsbeschwerde zielt darauf
ab, Fußgängern, Radfahrern und öffentlichen Verkehrsmitteln
Vorrang vor dem Autoverkehr zu geben.
Namhafte Experten begrüßen die Verfassungsbeschwerde.
Der Verkehrswissenschaftler Dieter Teufel (UPI/Heidelberg) bestätigt:„Schmidts
Argumentation ist kaum zu widerlegen. Ein solcher Schritt ist
verkehrswissenschaftlich und gesellschaftlich längst überfällig.“
Auch Dieter Apel, profilierter Stadtplaner und Mitglied des wissenschaftlichen
Beirates des VCD, hält die Verfassungsbescherde für
eine Möglichkeit, endlich Bewegung in die Reformierung der
StVO zu bringen. „Bereits im November 1995 hat eine Gruppe
von Planern aus der Vereinigung für Stadt-, Regional- und
Landesplanung und dem Fuss e.V. einen Vorstoß unternommen,
die Benachteiligung der Fußgänger und Radfahrer aufzuheben“,
berichtet Apel. Die daraus entstandene Vorlage „Änderungsbedarf
der StVO aus Sicht des Fußverkehrs“ sei aber bis heute
nicht umgesetzt und stünde auch nicht auf der Tagesordnung.
Das Verkehrsministerium plant lediglich eine Überarbeitung
zur „bürgernahen und verständlichen StVO“.
Hierzu hat der VCD Mitte letzten Jahres zwei Stellungnahmen mit
konkreten Vorschlägen eingereicht, die nicht nur auf sprachliche,
sondern auch auf substanzielle Veränderungen zielen.
Informationen zur Verfassungsbeschwerde
und deren Wortlaut: www.autofrei.de
autofrei leben! e.V.,
Volkmannstr. 6, 22083 Hamburg
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