Am 22. September entscheiden Wählerinnen und Wähler darüber, wie es weitergehen soll mit Deutschland. Der Wähler interessiert sich aber nicht nur dafür, welcher Kandidat die überzeugendsten Konzepte hat, um die Arbeitslosigkeit zu verringern oder die Wirtschaft anzukurbeln. Zur Wahl stehen in erster Linie Werte, Gefühle und Lebensanschauungen: Sollen die Besten am meisten erreichen oder sollen alle gemeinsam möglichst weit kommen? Ist Umweltschutz ein Luxus, den man sich leisten kann, wenn die Kasse voll ist, oder ist er eine Voraussetzung zum Überleben – genauso wie Frieden oder wirtschaftlicher Erfolg? Sollen bestimmte Kulturen und Lebensformen eine Gesellschaft dominieren oder sind Toleranz und Vielfalt Werte, die es zu verteidigen gilt?
Es geht also nicht nur darum, die Parteiprogramme der einzelnen Parteien auf möglichst konkrete Aussagen hin zu durchforsten und zu beurteilen, sondern um die Menschenbilder und Gesellschaftsmodelle, die sich hinter einzelnen Maßnahmen verstecken.
Wenn die FDP Mobilität als Freiheit definiert, verschweigt sie den Wählern, dass es nur sehr wenige sind, die von dieser Freiheit profitieren können: alle, die genug Geld für ein schnelles Auto haben und nicht in den stark verkehrsbelasteten Ballungsräumen leben müssen. Dass die SPD mit dem Transrapid Industrieförderung betreiben möchte, statt umweltschonende Mobilitätskonzepte zu entwickeln, zeigt, dass die Umwelt im Zweifel dem kurzfristigen wirtschaftlichen Aufschwung geopfert wird. Ähnlich ist es, wenn CDU/CSU und FDP den Flugverkehr ausbauen wollen, um auf Kosten von Natur und Lebensqualität billigeren und schnelleren Transport zu erreichen.
Die Zeit, in der Umwelt und Sozialgefüge viele Fehler verzeihen konnten, ist vorbei. Die Bundestagswahl 2002 ist eine Entscheidung, die nicht mehr rückgängig zu machen ist. |