Hartmut Mehdorn ist nicht gerade für sein diplomatisches Vorgehen bekannt. Der Chef von Deutschlands größtem Verkehrsunternehmen, das bundesweit immerhin rund 90 Prozent des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) betreibt, dürfte mit seinen jüngsten Drohungen an die Bundesländer nicht gerade neue Freunde gewonnen haben.
In einem Brief an die Landesverkehrsminister kündigt Mehdorn an, dass die DB keine Investitionen mehr in Fahrzeuge oder Werkstätten vornehme, wenn die Länder Strecken des Regionalverkehrs öffentlich ausschreiben und den Verkehr nicht auf mindestens zehn Jahre bei seinem Unternehmen bestellen würden. Arbeitsplätze und Ressourcen würden in diesem Fall konsequent abgebaut, Neueinstellungen – auch von Azubis – werde es nicht mehr geben.
Monopolvertrag rechtswidrig
Auslöser für Mehdorns Horrorszenario sind Vorgänge in Sachsen-Anhalt. Dort hatte im Frühjahr die alte SPD-Regierung mit der verantwortlichen DB-Regio einen viel kritisierten Zehnjahresvertrag zum SPNV geschlossen, den die neue CDU/FDP-Regierung nun wieder aufgehoben hat. Die DB wollte dagegen eigentlich klagen, musste sich jedoch inzwischen geschlagen geben. Die Vergabekammer in Magdeburg hat den Verkehrsvertrag für rechtswidrig erklärt.
Nahverkehrsstrecken müssten im Wettbewerb und im Wege eines transparenten Verfahrens vergeben werden, heißt es in der Entscheidung. Ein ähnliches Urteil wurde in Nordrhein-Westfalen gesprochen. Und auch die Europäische Union fordert beim Bahnverkehr eindeutig Ausschreibungen und fairen Wettbewerb.
Durch die Bahnreform sind die Bundesländer seit 1996 für den Regionalverkehr verantwortlich: Sie bekommen Gelder vom Bund, um Verkehrsunternehmen mit dem SPNV zu beauftragen. Dadurch sollte auch im Bahnbereich Wettbewerb entstehen: Wer das beste Angebot abliefert, der sollte auch den Zuschlag erhalten.
Bundesweit stehen in diesem Jahr rund 6,75 Milliarden Euro zur Bestellung von SPNV-Leistungen zur Verfügung. Nachdem der Bundesfinanzminister diese Mittel einfrieren und von den Ländern sogar Gelder zurückfordern wollte, erreichten die Grünen sogar, dass diese Mittel bis 2007 jährlich um weitere 1,5 Prozent steigen. Es ist also sehr viel Geld im Spiel, dass bisher zu gut 90 Prozent an die Bahntochter DB-Regio floss und das das defizitäre Staatsunternehmen auch bitter nötig hat. Mit der Magdeburger Entscheidung eskaliert nun ein Streit, der schon länger tobt. Die Landesverkehrsminister sind sich nicht einig, ob eine Ausschreibungspflicht besteht oder ob sie SPNV-Leistungen auch „freihändig“ vergeben können.
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