„Die Bahn schenkt ihnen eine Stunde“ – mit diesem Slogan wirbt die Deutsche Bahn AG (DB) bundesweit für die Neubaustrecke Köln–Frankfurt, über die seit 1. August die neuen ICE 3 Züge mit Tempo 300 rauschen.
In der Tat schrumpft die Fahrzeit von Großstadt zu Großstadt um rund eine Stunde von derzeit 2 Stunden 15 Minuten auf künftig 76 bis 88 Minuten. Bundesweit werden sich viele Reisende über dieses „Geschenk“ freuen. Doch wie immer bei solchen Projekten gibt es nicht nur Zeit-Gewinner. Reisende im Rheintal haben es künftig schwerer zum Zuge zu kommen.
Vorerst pendelt der ICE 3 nur im Shuttle-Verkehr. Zum Fahrplanwechsel im Dezember soll dann bis auf eine IC-Linie pro Stunde der gesamte Fernverkehr aus dem Rheintal auf die Neubaustrecke verlagert werden. Wer dann von Bonn nach Frankfurt will, der muss je nach Tageszeit erst zurück nach Köln oder per Tram zum Bahnhof Siegburg an der Neubaustrecke pendeln. Und mit etwas Glück hält dort auch ein ICE.
Fahrtzeitminimierer müssen umsteigen
Die DB hat mehrfach deutlich gemacht, dass ihr die von der Landespolitik aufgezwungen Neubau-Bahnhöfe in Siegburg, Montabaur und Limburg, die Schleife zum Köln/Bonner Flughafen sowie die Stichstrecke nach Wiesbaden, nicht ins Konzept der schnellen Städteverbindung passen. So werden nur einzelne ICE-Züge an einem der neuen Bahnhöfe einen Stopp einlegen.
Dass der 1-Stunden-Vorsprung auf der Neubaustrecke nicht unter 45 Minuten rutscht ist nur zu schaffen, wenn der ICE 3 nicht überall hält: entweder in Köln Hbf oder in Köln-Deutz auf der anderen Rheinseite, dann aber nicht schon wieder am Flughafen; jede zweite Stunde soll ein schneller ICE entweder in Montabaur oder in Limburg Süd halten – Bahnhöfe auf freiem Feld, die im Falle von Limburg beispielsweise aus Gründen der Steckenführung nicht an den regionalen Bahnverkehr angebunden sind, sondern nur per Bus-Shuttle erreicht werden können. Auch Frankfurt mit seinen zwei Bahnhöfen am Flughafen und in der Innenstadt bekommt pro Linie wahrscheinlich nur einen Halt, sonst wäre der schöne Vorsprung, der sechs Milliarden Euro gekostet hat, völlig dahin. Damit verabschiedet sich die Bahn von den dichten Taktfolgen auf der alten Rheinstrecke und zwingt viele Kunden in Umsteigeverbindungen.
Faktisch umgesetzt hat dies bereits die DB Internet-Auskunft: Für die Strecke zwischen Mannheim und Köln wird ab dem 1. August die direkte IC-Verbindung durchs Rheintal nicht mehr angezeigt, wenn eine – deutlich teurere – Verbindung mit dem ICE über die Neubaustrecke mit Umsteigen am Frankfurter Flughafen schneller ist. Aufpreis für die einfache Fahrt ohne Bahncard:20,40 Euro und das Risiko, dass bei Verspätungen das Umsteigen nicht klappt. |