Gut gerüstet

Oft sind es Kleinigkeiten, die das Radfahren auf langen Touren bequemer machen.

Foto: Ortlieb

Es lohnt sich, in Packtaschen ein paar Euro mehr zu investieren. Sie halten länger und sind wasserdicht.

Wenn die Sonne lacht und ein laues Lüftchen weht, kribbelt Radfahrern das Fernweh in den Füßen. Damit die Radreise ein Genuss wird und nicht Vorbereitung für die Reha-Klinik, sollte man sich vorher um ein paar Dinge kümmern.

In der Regel reicht auch für ausgedehntere Touren das eigene Fahrrad. Das sollte jedoch vor dem Start gründlich durchgecheckt werden (siehe folgende Seite). Denn auf einer Radreise legt man in wenigen Tagen so viele Kilometer zurück, wie sonst in mehreren Monaten. Dazu kommt für Rahmen und Reifen die höhere Belastung durch das Gepäck. Und oft lässt sich mit gezieltem Einstellen oder Nachrüsten der Reisekomfort deutlich erhöhen.

Wer sein Fahrrad schon immer mal aufrüsten wollte, sollte die Gelegenheit nutzen: sei es der fehlende Flaschenhalter, der ergonomische Lenker oder endlich ein neuer Sattel. Der Sattel sollte bequem, aber nicht zu weich sein. Die neuen, luftgefüllten „Air Seat Sättel“ beispielsweise sind per Luftpumpe einstellbar. Sättel mit einer Aussparung in der Mitte vermeiden unangenehme Druckstellen. Die neuen „Body Geometry“ Modelle von Specialized sind an die Körperformen angepasst und vermeiden, dass bei längeren Touren Blut- oder Nervenbahnen abgedrückt werden. Ergonomische Lenkergriffe (zum Beispiel „Bio Grip“) entlasten Handgelenke und Schulterbereich. Sogenannte Lenkerhörnchen bieten an geraden Lenkern eine zweite Griffposition, ein ergonomischer Multifunktionslenker (Modolo, Humpert) sogar drei Griffpositionen bei unterschiedlicher Sitzneigung. Ein guter Gepäckträger mit Abstützungen für Packtaschen verbessert das Fahrverhalten (von Pletscher, SL, tubus) und ein stabiler, weit abspreizender Ständer (Hebie, Pletscher) stützt das Rad auch voll bepackt sicher ab.

Auch bei topfittem Fahrrad sollte eine Minimalausrüstung an Werkzeug nicht fehlen. Ein Flickzeug-Set und Reifenheber aus Kunststoff zum Auf- und Abziehen der Reifen müssen unbedingt mit. Ein Ersatzschlauch kann praktisch sein, ein Ersatzreifen (faltbar) ist nur auf weiten Reisen in einsame Gegenden erforderlich. Für kleine Reparaturen reichen Schraubendreher (Kreuzschlitz und Schlitz), Inbusschlüssel (Größen 4, 5, 6) und Schraubenschlüssel (Größen 8, 9, 10 eventuell auch Größen 13, 15, 16, wenn das Fahrrad keine Schnellspannachsen an den Rädern und an der Sattelstütze hat). Miniwerkzeuge bieten sehr kompakt alle Werkzeuge in einem (Topeak, Minoura u.a.). Textilklebeband, ein Lappen und etwas Handwaschpaste in einer leeren Filmdose sind praktisch. Nicht vergessen darf man die Luftpumpe, praktischerweise mit Druckanzeige. Es reicht eine Minipumpe, bequemer sind die nur wenig größeren Ministandpumpen (Sigma Sport, Topeak).

Foto: Peter Barzel

Da wackelt nichts: Ein stabiler Gepäckträger verkraftet auch schwere Lasten und garantiert ein ruhiges Fahrgefühl.
Im Koffer über den Packtaschen werden Sakko und Bluse knitterfrei transportiert.

Bei Wind und Wetter

Regenponchos sind schnell an- und auszuziehen. Bei Fahrten im Dauerregen schützen Regencombis aus Jacke und Hose allerdings besser. Die Regenjacke dient außerdem als Windschutz, etwa wenn man nass geschwitzt eine lange Abfahrt vor sich hat. Bei Sonne schützen Sonnencreme und Fahrradhelm. Der Helm hält den Kopf dank Lüftungsschlitzen kühler als eine Schirmmütze. Eine Radfahrbrille schützt vor Sonne, Wind und Fliegen. Lüftungsschlitze verhindern, dass die Gläser beim Schwitzen beschlagen. Für Brillenträger gibt es spezielle Modelle (Rudy Project).

Auch wenn sie nicht nach jedermanns Geschmack sind und die eigene Figur sich vom Katalogmodel deutlich unterscheidet: Eine Radhose tut jedem Hintern gut, der längere Zeit auf einem Fahrradsattel sitzt. In diese Hosen, die man direkt auf der Haut trägt, ist ein Sitzleder ohne drückende Nähte eingearbeitet. Das Sitzleder ist heute aus Kunstleder und lässt sich gut waschen. Weiterer Vorteil: Die Spezialfaser leitet beim Schwitzen Feuchtigkeit nach außen und ist nach einem Regenguss schnell wieder trocken. So verhindern Radlerhosen das Auskühlen der Muskulatur. Inzwischen gibt es auch weniger figurbetonte Modelle (zum Beispiel von Odlo).

Das gleiche gilt für Trikots und Unterwäsche: Kunstfaser leitet den Schweiß besser nach außen ab als Baumwollkleidung. Ein nass geschwitztes Hemd auf der Haut tut selten gut. In manche Trikots ist deshalb auf der Vorderseite eine Windschutzmembran eingearbeitet. Wer es nicht grell bunt und eng anliegend mag, findet auch dezentere und weiter geschnittene Shirts und Shorts aus Mischgewebe – ebenfalls mit Sitzledereinsatz. Außerdem gibt es Unterhosen mit Sitzeinlage. Für Frauen bieten manche Hersteller spezielle Schnitte sowie Radhosen mit speziellen oder herausnehmbaren Sitzeinlagen an, die sich auch für andere Sportarten eignen (Riffraff).

Mit Hand und Fuß

Radfahrschuhe sparen Kraft, denn die Kraft der Beine kommt direkter aufs Pedal, weil die Füße durch die steifere Sohle nicht mehr „durchbiegen“. Trotzdem kann man mit ihnen noch gut laufen. Es gibt sie inzwischen im Turnschuh-Look oder als Sandalen. Die meisten sind vorgerüstet für SPD-Pedale (Shimano Pedaling System). Mit diesen „Klickpedalen“ lässt sich noch gleichmäßiger und runder strampeln, man sollte aber vor der großen Tour ein paar Mal das an sich kinderleichte Ausklinken üben. Es passiert jedem zwar nur einmal, dafür aber ganz bestimmt: an der ersten roten Ampel vergisst man einen Fuß zu lösen… Auch Fahrradhandschuhe sind kein Szenetick, sondern dämpfen Fahrbahnstöße am Lenker und verhindern Abrutschen bei schwitzigen Händen. Sind sie im Bereich des äußeren Handballen gepolstert, entlasten sie die darunter verlaufenden Nerven und verhindern Taubheit im kleinen Finger.

Foto: Peter Barzel

Handliches Werkzeug: An den kleinen Reparatursets ist alles dran, was der Radler bei einem Platten braucht.
Der dem Körper angepasste Sattel soll Druckpunkte vermeiden.

Mit Sack und Pack

Es lohnt sich, in Packtaschen ein paar Euro mehr zu investieren. Sie halten länger, sind wasserdicht und lassen sich mit selbst verriegelnden Haken viel einfacher an- und abhängen (Ortlieb, VauDe, Rixen&Kaul u.a.). Einzelne Taschen sind einfacher anzubringen als Doppel- oder Dreifachtaschen. Und sie sind vielseitiger zu nutzen beispielsweise zum Einkaufen im Alltag. Wertsachen, Kompaktkamera und der ganze Kleinkram für unterwegs passen am besten in eine Lenkertasche, die schnell am Lenkerhalter „an-“ oder „abgeklickt“ werden kann. So hat man bei Besichtigungen und Kaffeepausen immer alles bei sich.

Wer für abends gerne den Sakko oder das kleine Schwarze mitnehmen möchte, ist mit einem Fahrradkoffer gut beraten (Ortlieb/Rixen&Kaul), der auch quer über den Packtaschen Platz findet. Übers Jahr dient er als kleiner Koffer für Geschäftsreise oder Wochenendtrip. Zerbrechliche Souvenirs kommen in den Alu-Boxen von Velocase unversehrt zu Hause an. Die Boxen fallen beim Abstellen nicht um und eignen sich unterwegs als Sitzhocker.

Reicht der Platz am hinteren Gepäckträger nicht, hilft ein zweites, kleineres Paar Taschen, das an einem sogenannten „Low-rider“ am Vorderrad befestigt wird. Das Verteilen des Gepäcks zwischen Vorder- und Hinterrad verbessert außerdem die Straßenlage. Wer sein Rad gerne frei von Gepäck halten möchte, nimmt einen der leichten Reiseanhänger (Bob Yak, Vitelli Camping, Radical Cyclone) und genießt das unbeschwerte Radreisegefühl.

Peter Barzel

Auf Radreisen wird das Fahrrad deutlich höher belastet als im Alltag und es wartet nicht an jeder Ecke eine Fahrradwerkstatt. Deshalb bedarf es beim Reisecheck besonderer Sorgfalt. Wenn sie es selbst nicht beurteilen können, bringen Sie das Fahrrad zur Inspektion beim Fachhändler.

Allgemein:
• Sind Rahmen und Gabel ohne Schaden?
• Sind alle Schrauben fest?
• Funktioniert die Lichtanlage?
• Stimmt die Sattelhöhe?
• Ist der Lenker richtig eingestellt?
• Ist der Gepäckträger intakt und stabil genug?

Sind bei der Fahrt Klappergeräusche zu hören?
• Ist das Lenklager ohne Spiel?

Antrieb:
• Ist die Kette ausreichend geschmiert?
• Rutscht die Kette nicht durch?
• Läuft die Kette in allen Gängen ohne Rasseln?
• Lassen sich alle Gänge schalten?
• Schleift der Kettenschutz nicht?
• Ist das Tretlager ohne Spiel?
• Drehen sich die Pedale leicht und ohne Knacken?

Laufräder:
• Haben die Reifen noch genügend Profil?
• Sind die Reifen jünger als 6 Jahre?
• Ist kein Achter im Rad?
• Sind Speichen lose?
• Haben die Lager kein Spiel?

Bremsen:
• Haben die Bremsbeläge genug Profil?
• Schleift die Bremse nicht?
• Stößt der Bremsgriff beim Bremsen an den Lenker?
• Lassen sich die Bremsen leicht ziehen?
• Ist der Bremszug irgendwo beschädigt?
• Ist die Felge bald „durchgebremst“?


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