fairkehr: Der Metrorapid wird
als Mittel gegen den Verkehrsinfarkt verkauft. Ist er das?
Monheim: Mit Sicherheit nicht.
Er bedient nur einen schmalen Korridor auf einer Ost-West-Achse,
auf der ohnehin ein gutes Bahnangebot besteht. Die für viele
Staus verantwortlichen Nord-Süd-Verflechtungen im Ruhrgebiet
profitieren nicht vom Metrorapid. Er kannibalisiert
andere Bahnangebote und holt Fahrgäste aus den Zügen,
nicht von der Straße. Er ist ein Kuckucksei und macht sich
breit zu Lasten des übrigen Schienenverkehrs.
fairkehr: Welche Auswirkungen
hat das?
Monheim: Der dringend notwendigen
Modernisierung des sonstigen Schienenverkehrs wird die politische
Aufmerksamkeit fehlen und am Ende auch das Geld. Der Metrorapid
passt einfach nicht in den Verkehrsmarkt und das Verkehrssystem
des Ruhrgebiets. Er ist reine Industrieförderung, also
eine Art teures Spielzeug mit zweifelhaftem Systemnutzen.
fairkehr: Wie könnte
das Land den öffentlichen Verkehr besser fördern?
Monheim: Zunächst einmal
müsste sich der Ministerpräsident so vehement für
den ganzen öffentlichen Verkehr einsetzen, wie er das für
den Metrorapid im Moment tut. Wir brauchen Streckenreaktivierungen,
ein umfassendes Modernisierungs-
programm und etwa fünfzig neue Netzknoten, wo sich heute
S-Bahn, Stadtbahn, Regionalbahn und Fernbahn ohne Systemwirkung
kreuzen.
Heiner Monheim
hat von 1985 bis 1995 im Verkehrsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen
gearbeitet und eine Studie zu einer NRW-Trasse des Transrapid
betreut. Außerdem war er am Gesamtverkehrsplan NRW und
an vielen regionalen ÖPNV-Konzepten beteiligt.
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fairkehr: Wie würden
die aussehen?
Monheim: Man kennt das von vielen
Brücken, wo man oben über eine Schienenstrecke fährt.
Man würde gerne umsteigen, aber da fehlt ein Bahnhof, eben
ein Kreuzungsbahnhof. Das gäbe ein viel besseres Netz mit
wichtigen Abkürzungseffekten. Wir brauchen neue S-Bahnen
in Nord-Süd-Richtung. Und wir brauchen ein eigenes IC-System-Ruhr
nach dem Vorbild des holländischen IC-Systems. Da
ist jede Stadt mit jeder anderen durch schnelle Fernzüge
verbunden und nicht nur durch S- und Regionalbahnen.
fairkehr: Wird der Metrorapid
angenommen werden?
Monheim: Er wird seine Nachfrage
finden. Allein schon aus Neugier will jeder mal damit fahren.
Natürlich finden ein noch dichterer Takt und schöne
neue Fahrzeuge ihren Markt. Nur werden die Straßen davon
nicht leerer. Den anderen Bahnen wird er Publikum abjagen, da
wird die Bahn dann das Angebot ausdünnen.
fairkehr: Wird der Metrorapid
so schnell fertig wie geplant?
Monheim: Das glaube ich kaum,
das wäre reine Hexerei. Solche Projekte brauchen sehr viel
länger in der Realisierung. Zur Fußball-WM 2006 wird
kein Metrorapid fahren, und das ist dann eine Riesenblamage für
den Ministerpräsidenten und die Bahn, die vorher riesige
Erwartungen geschürt haben.
fairkehr: Ist der Metrorapid
noch zu stoppen?
Monheim: Natürlich. Der Ministerpräsident
muss nur einmal Nein sagen. Der Münchener Stadtrat
hat auch mehrheitlich beschlossen, dass er keinen Transrapid in
der Stadt will. Es besteht kein breiter politischer Konsens über
den Metrorapid. Wenn sich also an den Mehrheiten im Landtag etwas
ändert, bevor die Baustelle eröffnet ist, kann eine
neue Mehrheit das Projekt kippen. Und wenn Herrn Eichel das Geld
noch knapper als bisher wird, wird er hoffentlich kalte Füße
kriegen, weil seine Fachleute ohnehin am Sinn und der Durchhaltbarkeit
der Finanzzusage zweifeln.
fairkehr: Wie stehen Fachleute
und Öffentlichkeit zu dem Projekt?
Monheim: Die Mehrheit der deutschen
Verkehrsfachleute zweifelt heftig am verkehrlichen Sinn des Metrorapid.
Ein Bürgerentscheid wäre in einer solchen Situation
die sauberste politische Lösung. In der Schweiz müßte
ein solches Projekt vors Volk. Und würde total abgeschmettert.
Darum haben die ja auch so eine gute Bahn, weil sie das Geld dafür
nicht aus dem Fenster schmeißen, sondern mit Sinn und Verstand
investieren.
Interview: Jens Tellmann
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