Das Ende einer Busfahrt

Der Europäische Gerichtshof urteilt demnächst über die in Deutschland übliche Finanzierung des ÖPNV.

 

Foto: Archiv

 

In Deutschland haben Politiker und kommunale Busunternehmen jahrelang gegen die Öffnung des ÖPNV-Marktes gemauert. Jetzt sieht alles danach aus, dass ihre Abwehrfront von außen eingedrückt wird. Am 19. März legte der Generalanwalt Philippe Léger dem Europäischen Gerichtshof (EUGH) seine Empfehlungen vor. Folgen die Richter seinem Plädoyer – was sie in aller Regel tun – würde das viele deutsche ÖPNV-Unternehmen in die Pleite oder zum Notverkauf zwingen.

Offiziell gibt es zwei Methoden bei der Vergabe einer Buskonzession. Ist der Verkehr „eigenwirtschaftlich“ zu betreiben – also ohne staatliche Hilfen – so kann eine Kommune oder ein Landkreis den besten Antrag auswählen. Beim „gemeinwirtschaftlichen“ Verkehr hingegen ist von Anfang an klar, dass er ohne Zuschüsse nicht gehen wird. Hier ist eine öffentliche Ausschreibung zwingend vorgeschrieben.

Tatsächlich aber sind Ausschreibungen in Deutschland nach wie vor die Ausnahme. Der Grund: Die angestammten ÖPNV-Unternehmen verbuchen die zu erwartenden Zuwendungen aus den öffentlichen Kassen als „Erlöse im handelsrechtlichen Sinne“ und stellen den Verkehr als „eigenwirtschaftlich“ dar – mit Wissen und Billigung der Behörden. Bei solch ungleichen Startbedingungen lassen sich Konkurrenten im Normalfall gar nicht erst blicken. In Stendal aber wollte sich die Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH diese Praxis nicht gefallen lassen und klagte. Philippe Léger gibt ihrer Position Recht. Die Zuschüsse verzerrten den Wettbewerb und seien insofern nicht EU-konform. Zwar könne ein Mitgliedsland durchaus Beihilfen gewähren. Doch die müssten zuvor bei der EU-Kommission angemeldet und von ihr genehmigt werden. Schlimmer noch für die ÖPNV-Unternehmen: Alle nicht aus Brüssel abgesegneten Zuschüsse seien zurückzufordern, fordert der Generalanwalt.

Mit dem Urteil ist in einigen Monaten zu rechnen. Es würde sofortige Konsequenzen erfordern – während eine gesetzliche Regelung Übergangsfristen ermöglicht hätte. Der Versuch, die eigenen Unternehmen zu schützen, kann nun zum Bumerang werden.

Annette Jensen



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