Schon an der Art wie sie morgens
zum Lift kommen, kann er sie erkennen, wie sie ihre Skier und
Stöcke tragen, wie sie in den starren Schuhen über die
vereiste Rampe laufen, wie sie in die Bindung steigen. Wir
sehen sofort, ob da ein guter Skifahrer kommt oder nicht,
erklärt der Profi bei der Anmeldung zum Skiunterricht die
Einteilung der Klassen. Wie also treffe ich am ersten Morgen meinen
Skilehrer ohne mich gleich zu enttarnen? Eigentlich egal
die ersten Schwünge auf der frisch präparierten Piste
bringen es ohnehin an den Tag: So gut wie Bertl werde ich nie.
Bertl Gasser ist seit zehn Jahren staatlich geprüfter Skilehrer
in seinem Heimatdorf und auf den Pisten von St. Jakob aufgewachsen.
Die 3000-Einwohner-Gemeinde hat sich mit den Nachbardörfern
St. Veit und Hopfgarten zur Urlaubsregion Defereggental zusammengeschlossen.
Abseits der großen und bekannten Skigebiete wirbt das Osttiroler
Tal mit intakter Natur, urigen Bergdörfern, erschwinglichen
Preisen und 34 Kilometern familienfreundllichen Abfahrten
vor allem aber mit absoluter Schneesicherheit von
Anfang Dezember bis Ende April.
Kanten und Carven
Die schönsten Pisten können die Wintersportler jedoch
nicht locken, wenn die weiße Pracht ausbleibt. Also hat
man sich in St. Jakob dieser Sorge entledigt. Selbst wenn es,
wie in diesem Winter, so gut wie gar nicht schneit, ist im Deferggental
Skifahren garantiert. St. Jakob besitzt die modernste Beschneiungsanlage,
die sich derzeit auf dem Markt befindet. Sechs bis zehn computergesteuerte
Schneekanonen sind dabei im Einsatz. Ein schönes Winterangebot
geht auch ohne Schnee von oben, verkündet Gerald Hauser,
Vorsitzender des Touristenverbandes stolz, wir haben jetzt
ordentlich beschneit und alle Pisten sind in tadellosem Zustand.
Stimmt. Großzügig breit und plattgewalzt, wie es
der wenig trainierte Städter am liebsten hat, glitzern die
Pisten in der Sonne. Beste Vorraussetzungen, sich von Bertl die
richtige Belastung des Talskis, das Kanten und Carven zeigen zu
lassen oder einfach in der Spur des dynamischen Fahrers
talwärts zu schwingen. Nur wenige Skifahrer sind jetzt im
Januar unterwegs, Wartezeiten an den Liften gibt es keine.
Seit Mai hatten wir praktisch keinen Niederschlag mehr,
beklagt der Skilehrer das schöne Wetter, das die Einheimischen
langsam nicht mehr sehen können. Den Skifahrern gefällts:
Strahlend blauer Himmel, während es in Deutschland den ganzen
Winter grau in grau ist. Die Nordwesthänge und das schattige
Dorf unten im Tal haben die zehn Zentimeter Naturschnee als Winterdekoration
halten können, auf den Südhängen leuchten Zirbelwälder
und Matten golden wie im Oktober. Unter uns röhren die Schneekanonen
während wir uns angenehm im Sessellift nach oben schaukeln
lassen.
Der Preis, den die Gemeinde für diesen Skispaß aus
der Kanone zahlt, ist hoch. Mit 40000 Euro monatlich schlägt
allein die Stromrechnung für die Beschneiung der Pisten in
St. Jakob zu Buche. Kommen noch die Kosten für das Personal
hinzu, das den Maschinenpark bedient. Wasser haben wir zum
Glück genug, das liefert uns der Bach, redet sich Tourismusvorstand
Hauser die Misere schön. Dieser Bach muss sich einiges gefallen
lassen: Erst speist er im Tal das E-Werk, dann wird sein aufgewärmtes
Wasser auf Null Grad runtergekühlt, keimfrei gereinigt, auf
den Berg gepumpt und unter hohem Druck durch die Kanonen gejagt,
um sich dabei schließlich in pudrige Schneeflocken zu verwandeln.
|