Rostiger Gigant meets interaktiven Popsender

Die Bahn ist im Fernsehen. Und keiner merkt’s. Seit Ende 2001 kooperieren der trendy Musiksender MTV und die verstaubte Deutsche Bahn AG.

Foto: Uta Linnert

Schülerpraktikantin Christina Hennig kommentiert für fairkehr die Kooperation von MTV und der Deutschen Bahn.

 

Das hoch gesteckte Ziel der Bahn ist es, auch junge Leute für sich zu gewinnen. Ihre wenig realistische Hoffnung: Jugendliche ohne Auto lassen sich leichter von den Vorteilen der Bahn überzeugen. Mit den momentanen Angeboten ist das kaum zu machen. Es ist für die Jugendlichen wenig attraktiv abends mit dem Zug zu fahren, wenn nach 23 Uhr keiner mehr fährt.

Das Auto dagegen ist fahrplanunabhängig und fährt bis vor die Haustür. Da wird es die arme alte Bahn schwer haben, denn Jugendliche legen viel Wert auf die durch den Führerschein gewonnene Freiheit. Gerade in Musikvideos auf MTV wird das Auto als Statussymbol für Unabhägigkeit verwendet.

So modern und dynamisch, wie die Bahn sich sieht, ist sie nicht. Die alten klapprigen Züge versetzen einen in die Zeit unserer Großeltern. Unflexible Fahrtzeiten geben einem den Rest. Und da wäre noch das Hauptproblem der Kampagne: Keiner weiß von der neu gewonnenen Coolness der Bahn. Von Seiten des Konzernriesens scheint keiner Werbung für das Projekt nötig zu halten . Nirgendwo in Bahnhöfen oder der Werbung wird auf „ihre“ Sendung „Unter Ulmen“ aufmerksam gemacht. Kein Wunder, dass nahezu keiner von der Kooperation weiß. Ganz zu schweigen von den angekündigten Musikevents.

In der Sendung erinnert nichts an die Kooperation mit der Bahn. Statt auf „Toplocations“ wie Bahnhöfen talkt Christian Ulmen mit seinen Gästen gemütlich auf dem Studiosofa – und das, ohne ein Wort über seinen „modernen“ Partner zu verlieren. Das einzige, was die Kooperation erkennen lässt, ist der Vorspann: Der Slogan „Unter Ulmen kommt auf MTV, alle anderen kommen mit der Bahn“ ist ganz nett, er wird die Zuschauer aber nicht dazu bringen, mehr mir der Bahn zu fahren. Er ist nur einer von 30 Werbespots, die innerhalb der einstündigen Sendung auf den Zuschauer niederprasseln.

Die Bahn ist jetzt im Fernsehen, trotzdem sieht sie keiner.

Sendezeiten:
Montag und Mittwoch um 19 Uhr,
Wiederholung: Dienstag und Donnerstag: 23 Uhr
und Samstag 19 Uhr

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