Tun Sie’s einfach
Chefredakteur Michael Adler Michael Adler

Sie wollen vor Weihnachten an einem Samstag zum Bummeln in die Stadt? Sie fahren Mitte Dezember zu Ikea? Sie haben Nerven! Sie haben noch keinen Menüplan für die Festtage? Sie haben noch nicht ein Geschenk gekauft? Jetzt aber schnell!
An Weihnachten kulminiert oft, was das ganze Jahr über Unbehagen bereitet: die Hetze, im Job noch unbedingt dies und das erledigen, die Kühltruhen füllen, schnell noch etwas Besonderes kaufen und bei alledem besinnlich werden, das Fest der Liebe feiern, Kerzen entzünden, Plätzchen backen und Lieder singen. Danach ist man urlaubsreif.

Eigentlich wollen Sie mit dem Rummel vor Weihnachten nichts zu tun haben? Sie würden sich gerne Zeit nehmen für sich, Ihren Partner, Ihre Kinder? Tun Sie’s doch einfach!

Unsere aktuelle Titelgeschichte sucht nach einer neuen Wohlstands- und Luxusdefinition. Vieles spricht dafür, dass die penetranten „Kauf mich!“-Botschaften der Markenartikler nicht zu Wohlstand und schon gar nicht zum verheißenen Glück verhelfen.

Im Gegenteil! Das „Haben-müssen“ bestimmter Produkte macht viele Konsumbürger zu Hamstern, die ein endloses Rad drehen und eher früher als später erschöpft zusammenbrechen. Wolfgang Sachs, Wohlstandsforscher beim Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie, vergleicht die ständig wachsenden Konsumanforderungen im fairkehr-Interview mit einer Rolltreppe in Gegenrichtung.

Verbunden ist dieser Lebensstil mit einem ebenso kraftraubenden wie scheinbar selbstverständlichen Mobilitätszwang. Den „Drang nach Überallität“ nennt der Kasseler Professor Helmut Holzapfel diesen Zwang zur Präsenz an jedem Ort zu jeder Zeit. Diese Ruhelosigkeit fordert oft ihren Preis: Beispielsweise haben Pendler weniger Kinder und verlieren häufig ihre sozialen Kontakte. Zu diesem Ergebnis kommt auch das Bundesfamilienministerium in einer Studie zum Familien- und Liebesleben von Pendlern. In unserem Zahlenspiel „Verkehr verhindert Verkehr“ sind Details der Studie nachzulesen.
Wenn Ihnen also Ihre Familie und Ihre Freunde wichtig sind, dann sagen Sie hin und wieder mal „Nein“. „Nein“ zu der spannenden Aufgabe in Hamburg, Paris, Tokio, zum Wochenendtermin, zur selbstverständlichen Erreichbarkeit im Urlaub. Tun Sie’s einfach.
Und zu Weihnachten, schenken Sie nicht nur Gekauftes. Schenken Sie Ihren Lieben auch mal Zeit. Machen Sie dieses Jahr wirklich schon eine Woche vor Weihnachten frei. Schalten Sie um, bei Waldspaziergängen, in der Sauna, zu Hause auf dem Sofa, mit Ihren Kindern bei der Küchenschlacht um den Plätzchenteig. Tun Sie’s einfach!
Eine ruhige Vorweihnachtszeit und besinnliche Festtage wünscht Ihnen Ihr

Ihr Michael Adler

 
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